Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Pressestimmen

[Beginn Spaltensatz]

Buchstaben auf umhergetragenen Tafeln lesen.
Und diese verkündeten, daß wir ein Polen
mit eigener Küste und mit Danzig wollen,
wo aus allen Polnischen Ländern Polen, ein
unteilbares und unabhängiges Polen entstehen
soll, wie es war und wie es sein muß, wenn
ein dauerhafter Frieden im Osten Europas
anbrechen soll.

"Stadt Danzig einst unser, wird unser
sein!" Ohne dies würde Polen wie ein
Haus ohne Riegel sein. Und vielmehr wie
ein Haus, das eine fremde Hand hält. Und
dazu eine feindliche Hand.

Danzig ist unser. Nicht allein deswegen,
daß es geographisch zu Polen gehört und
darauf angewiesen ist, nicht allein deswegen,
daß es für Polen durchaus und unabweisbar
notwendig ist, sondern vor allem deswegen,
daß wir ein Recht darauf haben, das kein
gewaltsamer Raub, kein Beschluß ändern und
vernichten kann.

Die Stadt entstand nach Polnischer Über¬
lieferung in der Frühzeit unserer Geschichte.
Erst im Jahre 1309 stahlen sie uns die
Kreuzritter und behielten sie anderthalb Jahr¬
hunderte, in schrecklicher Weise die dortige
Bevölkerung bedrückend. Sie ergab sich frei¬
willig, gutwillig und freudig dem Polnischen
Könige, und von da ab blieb Danzig drei
Jahrhunderte bei Polen. Und obgleich
Deutsche sie in beträchtlichem sehr vielmehr
Überwiegendem Maße bewohnten, wehrten sie
sich mit bewaffneter Hand gegen den König
°on Preußen, der bei der zweiten Teilung
unseres Vaterlandes in ihren unrechtmäßigen
besitz kam.

Es gehört sich daher, daß jetzt, wo nach
dem fürchterlichen Kriege ein Gerechtigkeits¬
friede kommen soll, der Friede wieder gut¬
machen muß auch die in der Vergangenheit
durch gekrönte Straßenräuber, die sich weder
^or Geld, noch vor den Menschen, noch vor
°u Flüchen ganzer Geschlechter fürchteten,
^geführten Schuftigkeiten, es gehört sich,
°aß den Urenkeln der damaligen Wortbrecher
"ud Diebe die unrechtmäßige Beute abge¬
nommen und dem rechtmäßigen Besitzer zu¬
rückgegeben wird. Wenn es anders kommen
Ki ^ uns aber nicht einen Augen-
nck ernsthaft in den Kopf will -- wäre das
'ches anderes als die Legalisierung der Ge¬

[Spaltenumbruch]

walt und Räuberei, als der Anreiz zu ähn¬
lichen Taten in der Zukunft. ES wäre das
eine absolut und rücksichtslos unmoralische Tat
und durchaus gefährlich für diezukünftige fried¬
liche Entwickelung Europas. Denn kein Pole
könnte jemals auf Danzig verzichten, im
Gegenteil müßte Polen mit allen Kräften,
standhaft und andauernd, danach streben,
ein so wichtiges Eigentum wieder zu ge¬
winnen. Und es ist zu sehen, welches die
Früchte eines derartigen Strebens sind. Be¬
trachten wir sie eingehend. Dieser Krieg
entstand eigentlich als Folge der Vergewalti¬
gung der lebendigsten und ernstesten Rechte
einzelner Völker. Und selbst seine unmittel¬
bare Ursache steht vor solch einer Verge¬
waltigung. Wir wissen, daß er in Serbien
begann, dem beständig der Zugang zum
Meer verwehrt wurde, und das, wenn es
leben sollte, den Zugang erhalten mußte.
Kann es in der Welt irgend einen ver¬
ständigen Menschen geben, der glauben sollte,
daß Polen, das soviel größer ist, soviel vor¬
geschrittener und soviel mächtiger ist als
Serbien, sich vom Meer abschneiden lassen
würde? Daß es sich mit einem elenden
Weichselweg, mit einer internationalisierten
Eisenbahn und einem garantierten Vertrage,
den der hochmütige Deutsche früher oder
später für einen Fetzen Papier, den Schilling
nicht wert, erklärt, zufrieden geben wird?
Nein. Polen gibt sich damit nicht zufrieden
und kann sich damit nicht zufrieden geben.
Polen muß und wird einen freien und
sicheren Zugang zum Meer haben. Und
solchen gesicherten Zugang kann ihm nur eine
eigene Küste geben.

GeWitz. Danzig ist heute leider zu neun
zehnteln eine deutsche Stadt. Das Polnische
Element ist dort nur schwach vertreten. Das
bewirkte die schändliche deutsche Ausrottungs-
Politik. Aber erinnern wir uns, daß die
nächste Umgegend DcmzigS polnisch ist. Er¬
innern wir uns, daß die Deutschheit Dcmzigs
im staatsrechtlichen Sinne des Wortes künst¬
lich und unnatürlich ist.

Dafür, daß Danzig bei Deutschland
bleibt -- und wie dies ohne Vergewaltigung
der Rechte der es umgebende" polnischen
Bevölkerung geschehen kann, sagen die Deut¬
schen nicht -- erklären sich nur die Hakatisten.

[Ende Spaltensatz]
Pressestimmen

[Beginn Spaltensatz]

Buchstaben auf umhergetragenen Tafeln lesen.
Und diese verkündeten, daß wir ein Polen
mit eigener Küste und mit Danzig wollen,
wo aus allen Polnischen Ländern Polen, ein
unteilbares und unabhängiges Polen entstehen
soll, wie es war und wie es sein muß, wenn
ein dauerhafter Frieden im Osten Europas
anbrechen soll.

„Stadt Danzig einst unser, wird unser
sein!" Ohne dies würde Polen wie ein
Haus ohne Riegel sein. Und vielmehr wie
ein Haus, das eine fremde Hand hält. Und
dazu eine feindliche Hand.

Danzig ist unser. Nicht allein deswegen,
daß es geographisch zu Polen gehört und
darauf angewiesen ist, nicht allein deswegen,
daß es für Polen durchaus und unabweisbar
notwendig ist, sondern vor allem deswegen,
daß wir ein Recht darauf haben, das kein
gewaltsamer Raub, kein Beschluß ändern und
vernichten kann.

Die Stadt entstand nach Polnischer Über¬
lieferung in der Frühzeit unserer Geschichte.
Erst im Jahre 1309 stahlen sie uns die
Kreuzritter und behielten sie anderthalb Jahr¬
hunderte, in schrecklicher Weise die dortige
Bevölkerung bedrückend. Sie ergab sich frei¬
willig, gutwillig und freudig dem Polnischen
Könige, und von da ab blieb Danzig drei
Jahrhunderte bei Polen. Und obgleich
Deutsche sie in beträchtlichem sehr vielmehr
Überwiegendem Maße bewohnten, wehrten sie
sich mit bewaffneter Hand gegen den König
°on Preußen, der bei der zweiten Teilung
unseres Vaterlandes in ihren unrechtmäßigen
besitz kam.

Es gehört sich daher, daß jetzt, wo nach
dem fürchterlichen Kriege ein Gerechtigkeits¬
friede kommen soll, der Friede wieder gut¬
machen muß auch die in der Vergangenheit
durch gekrönte Straßenräuber, die sich weder
^or Geld, noch vor den Menschen, noch vor
°u Flüchen ganzer Geschlechter fürchteten,
^geführten Schuftigkeiten, es gehört sich,
°aß den Urenkeln der damaligen Wortbrecher
"ud Diebe die unrechtmäßige Beute abge¬
nommen und dem rechtmäßigen Besitzer zu¬
rückgegeben wird. Wenn es anders kommen
Ki ^ uns aber nicht einen Augen-
nck ernsthaft in den Kopf will — wäre das
'ches anderes als die Legalisierung der Ge¬

[Spaltenumbruch]

walt und Räuberei, als der Anreiz zu ähn¬
lichen Taten in der Zukunft. ES wäre das
eine absolut und rücksichtslos unmoralische Tat
und durchaus gefährlich für diezukünftige fried¬
liche Entwickelung Europas. Denn kein Pole
könnte jemals auf Danzig verzichten, im
Gegenteil müßte Polen mit allen Kräften,
standhaft und andauernd, danach streben,
ein so wichtiges Eigentum wieder zu ge¬
winnen. Und es ist zu sehen, welches die
Früchte eines derartigen Strebens sind. Be¬
trachten wir sie eingehend. Dieser Krieg
entstand eigentlich als Folge der Vergewalti¬
gung der lebendigsten und ernstesten Rechte
einzelner Völker. Und selbst seine unmittel¬
bare Ursache steht vor solch einer Verge¬
waltigung. Wir wissen, daß er in Serbien
begann, dem beständig der Zugang zum
Meer verwehrt wurde, und das, wenn es
leben sollte, den Zugang erhalten mußte.
Kann es in der Welt irgend einen ver¬
ständigen Menschen geben, der glauben sollte,
daß Polen, das soviel größer ist, soviel vor¬
geschrittener und soviel mächtiger ist als
Serbien, sich vom Meer abschneiden lassen
würde? Daß es sich mit einem elenden
Weichselweg, mit einer internationalisierten
Eisenbahn und einem garantierten Vertrage,
den der hochmütige Deutsche früher oder
später für einen Fetzen Papier, den Schilling
nicht wert, erklärt, zufrieden geben wird?
Nein. Polen gibt sich damit nicht zufrieden
und kann sich damit nicht zufrieden geben.
Polen muß und wird einen freien und
sicheren Zugang zum Meer haben. Und
solchen gesicherten Zugang kann ihm nur eine
eigene Küste geben.

GeWitz. Danzig ist heute leider zu neun
zehnteln eine deutsche Stadt. Das Polnische
Element ist dort nur schwach vertreten. Das
bewirkte die schändliche deutsche Ausrottungs-
Politik. Aber erinnern wir uns, daß die
nächste Umgegend DcmzigS polnisch ist. Er¬
innern wir uns, daß die Deutschheit Dcmzigs
im staatsrechtlichen Sinne des Wortes künst¬
lich und unnatürlich ist.

Dafür, daß Danzig bei Deutschland
bleibt — und wie dies ohne Vergewaltigung
der Rechte der es umgebende« polnischen
Bevölkerung geschehen kann, sagen die Deut¬
schen nicht — erklären sich nur die Hakatisten.

[Ende Spaltensatz] 
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0443" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/335855"/>
              <fw type="header" place="top"> Pressestimmen</fw><lb/>
              <cb type="start"/>
              <p xml:id="ID_2265" prev="#ID_2264"> Buchstaben auf umhergetragenen Tafeln lesen.<lb/>
Und diese verkündeten, daß wir ein Polen<lb/>
mit eigener Küste und mit Danzig wollen,<lb/>
wo aus allen Polnischen Ländern Polen, ein<lb/>
unteilbares und unabhängiges Polen entstehen<lb/>
soll, wie es war und wie es sein muß, wenn<lb/>
ein dauerhafter Frieden im Osten Europas<lb/>
anbrechen soll.</p>
              <p xml:id="ID_2266"> &#x201E;Stadt Danzig einst unser, wird unser<lb/>
sein!" Ohne dies würde Polen wie ein<lb/>
Haus ohne Riegel sein. Und vielmehr wie<lb/>
ein Haus, das eine fremde Hand hält. Und<lb/>
dazu eine feindliche Hand.</p>
              <p xml:id="ID_2267"> Danzig ist unser. Nicht allein deswegen,<lb/>
daß es geographisch zu Polen gehört und<lb/>
darauf angewiesen ist, nicht allein deswegen,<lb/>
daß es für Polen durchaus und unabweisbar<lb/>
notwendig ist, sondern vor allem deswegen,<lb/>
daß wir ein Recht darauf haben, das kein<lb/>
gewaltsamer Raub, kein Beschluß ändern und<lb/>
vernichten kann.</p>
              <p xml:id="ID_2268"> Die Stadt entstand nach Polnischer Über¬<lb/>
lieferung in der Frühzeit unserer Geschichte.<lb/>
Erst im Jahre 1309 stahlen sie uns die<lb/>
Kreuzritter und behielten sie anderthalb Jahr¬<lb/>
hunderte, in schrecklicher Weise die dortige<lb/>
Bevölkerung bedrückend. Sie ergab sich frei¬<lb/>
willig, gutwillig und freudig dem Polnischen<lb/>
Könige, und von da ab blieb Danzig drei<lb/>
Jahrhunderte bei Polen. Und obgleich<lb/>
Deutsche sie in beträchtlichem sehr vielmehr<lb/>
Überwiegendem Maße bewohnten, wehrten sie<lb/>
sich mit bewaffneter Hand gegen den König<lb/>
°on Preußen, der bei der zweiten Teilung<lb/>
unseres Vaterlandes in ihren unrechtmäßigen<lb/>
besitz kam.</p>
              <p xml:id="ID_2269" next="#ID_2270"> Es gehört sich daher, daß jetzt, wo nach<lb/>
dem fürchterlichen Kriege ein Gerechtigkeits¬<lb/>
friede kommen soll, der Friede wieder gut¬<lb/>
machen muß auch die in der Vergangenheit<lb/>
durch gekrönte Straßenräuber, die sich weder<lb/>
^or Geld, noch vor den Menschen, noch vor<lb/>
°u Flüchen ganzer Geschlechter fürchteten,<lb/>
^geführten Schuftigkeiten, es gehört sich,<lb/>
°aß den Urenkeln der damaligen Wortbrecher<lb/>
"ud Diebe die unrechtmäßige Beute abge¬<lb/>
nommen und dem rechtmäßigen Besitzer zu¬<lb/>
rückgegeben wird.  Wenn es anders kommen<lb/>
Ki  ^    uns aber nicht einen Augen-<lb/>
nck ernsthaft in den Kopf will &#x2014; wäre das<lb/>
'ches anderes als die Legalisierung der Ge¬</p>
              <cb/><lb/>
              <p xml:id="ID_2270" prev="#ID_2269"> walt und Räuberei, als der Anreiz zu ähn¬<lb/>
lichen Taten in der Zukunft. ES wäre das<lb/>
eine absolut und rücksichtslos unmoralische Tat<lb/>
und durchaus gefährlich für diezukünftige fried¬<lb/>
liche Entwickelung Europas. Denn kein Pole<lb/>
könnte jemals auf Danzig verzichten, im<lb/>
Gegenteil müßte Polen mit allen Kräften,<lb/>
standhaft und andauernd, danach streben,<lb/>
ein so wichtiges Eigentum wieder zu ge¬<lb/>
winnen. Und es ist zu sehen, welches die<lb/>
Früchte eines derartigen Strebens sind. Be¬<lb/>
trachten wir sie eingehend. Dieser Krieg<lb/>
entstand eigentlich als Folge der Vergewalti¬<lb/>
gung der lebendigsten und ernstesten Rechte<lb/>
einzelner Völker. Und selbst seine unmittel¬<lb/>
bare Ursache steht vor solch einer Verge¬<lb/>
waltigung. Wir wissen, daß er in Serbien<lb/>
begann, dem beständig der Zugang zum<lb/>
Meer verwehrt wurde, und das, wenn es<lb/>
leben sollte, den Zugang erhalten mußte.<lb/>
Kann es in der Welt irgend einen ver¬<lb/>
ständigen Menschen geben, der glauben sollte,<lb/>
daß Polen, das soviel größer ist, soviel vor¬<lb/>
geschrittener und soviel mächtiger ist als<lb/>
Serbien, sich vom Meer abschneiden lassen<lb/>
würde? Daß es sich mit einem elenden<lb/>
Weichselweg, mit einer internationalisierten<lb/>
Eisenbahn und einem garantierten Vertrage,<lb/>
den der hochmütige Deutsche früher oder<lb/>
später für einen Fetzen Papier, den Schilling<lb/>
nicht wert, erklärt, zufrieden geben wird?<lb/>
Nein. Polen gibt sich damit nicht zufrieden<lb/>
und kann sich damit nicht zufrieden geben.<lb/>
Polen muß und wird einen freien und<lb/>
sicheren Zugang zum Meer haben. Und<lb/>
solchen gesicherten Zugang kann ihm nur eine<lb/>
eigene Küste geben.</p>
              <p xml:id="ID_2271"> GeWitz. Danzig ist heute leider zu neun<lb/>
zehnteln eine deutsche Stadt. Das Polnische<lb/>
Element ist dort nur schwach vertreten. Das<lb/>
bewirkte die schändliche deutsche Ausrottungs-<lb/>
Politik. Aber erinnern wir uns, daß die<lb/>
nächste Umgegend DcmzigS polnisch ist. Er¬<lb/>
innern wir uns, daß die Deutschheit Dcmzigs<lb/>
im staatsrechtlichen Sinne des Wortes künst¬<lb/>
lich und unnatürlich ist.</p>
              <p xml:id="ID_2272" next="#ID_2273"> Dafür, daß Danzig bei Deutschland<lb/>
bleibt &#x2014; und wie dies ohne Vergewaltigung<lb/>
der Rechte der es umgebende« polnischen<lb/>
Bevölkerung geschehen kann, sagen die Deut¬<lb/>
schen nicht &#x2014; erklären sich nur die Hakatisten.</p>
              <cb type="end"/><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0443] Pressestimmen Buchstaben auf umhergetragenen Tafeln lesen. Und diese verkündeten, daß wir ein Polen mit eigener Küste und mit Danzig wollen, wo aus allen Polnischen Ländern Polen, ein unteilbares und unabhängiges Polen entstehen soll, wie es war und wie es sein muß, wenn ein dauerhafter Frieden im Osten Europas anbrechen soll. „Stadt Danzig einst unser, wird unser sein!" Ohne dies würde Polen wie ein Haus ohne Riegel sein. Und vielmehr wie ein Haus, das eine fremde Hand hält. Und dazu eine feindliche Hand. Danzig ist unser. Nicht allein deswegen, daß es geographisch zu Polen gehört und darauf angewiesen ist, nicht allein deswegen, daß es für Polen durchaus und unabweisbar notwendig ist, sondern vor allem deswegen, daß wir ein Recht darauf haben, das kein gewaltsamer Raub, kein Beschluß ändern und vernichten kann. Die Stadt entstand nach Polnischer Über¬ lieferung in der Frühzeit unserer Geschichte. Erst im Jahre 1309 stahlen sie uns die Kreuzritter und behielten sie anderthalb Jahr¬ hunderte, in schrecklicher Weise die dortige Bevölkerung bedrückend. Sie ergab sich frei¬ willig, gutwillig und freudig dem Polnischen Könige, und von da ab blieb Danzig drei Jahrhunderte bei Polen. Und obgleich Deutsche sie in beträchtlichem sehr vielmehr Überwiegendem Maße bewohnten, wehrten sie sich mit bewaffneter Hand gegen den König °on Preußen, der bei der zweiten Teilung unseres Vaterlandes in ihren unrechtmäßigen besitz kam. Es gehört sich daher, daß jetzt, wo nach dem fürchterlichen Kriege ein Gerechtigkeits¬ friede kommen soll, der Friede wieder gut¬ machen muß auch die in der Vergangenheit durch gekrönte Straßenräuber, die sich weder ^or Geld, noch vor den Menschen, noch vor °u Flüchen ganzer Geschlechter fürchteten, ^geführten Schuftigkeiten, es gehört sich, °aß den Urenkeln der damaligen Wortbrecher "ud Diebe die unrechtmäßige Beute abge¬ nommen und dem rechtmäßigen Besitzer zu¬ rückgegeben wird. Wenn es anders kommen Ki ^ uns aber nicht einen Augen- nck ernsthaft in den Kopf will — wäre das 'ches anderes als die Legalisierung der Ge¬ walt und Räuberei, als der Anreiz zu ähn¬ lichen Taten in der Zukunft. ES wäre das eine absolut und rücksichtslos unmoralische Tat und durchaus gefährlich für diezukünftige fried¬ liche Entwickelung Europas. Denn kein Pole könnte jemals auf Danzig verzichten, im Gegenteil müßte Polen mit allen Kräften, standhaft und andauernd, danach streben, ein so wichtiges Eigentum wieder zu ge¬ winnen. Und es ist zu sehen, welches die Früchte eines derartigen Strebens sind. Be¬ trachten wir sie eingehend. Dieser Krieg entstand eigentlich als Folge der Vergewalti¬ gung der lebendigsten und ernstesten Rechte einzelner Völker. Und selbst seine unmittel¬ bare Ursache steht vor solch einer Verge¬ waltigung. Wir wissen, daß er in Serbien begann, dem beständig der Zugang zum Meer verwehrt wurde, und das, wenn es leben sollte, den Zugang erhalten mußte. Kann es in der Welt irgend einen ver¬ ständigen Menschen geben, der glauben sollte, daß Polen, das soviel größer ist, soviel vor¬ geschrittener und soviel mächtiger ist als Serbien, sich vom Meer abschneiden lassen würde? Daß es sich mit einem elenden Weichselweg, mit einer internationalisierten Eisenbahn und einem garantierten Vertrage, den der hochmütige Deutsche früher oder später für einen Fetzen Papier, den Schilling nicht wert, erklärt, zufrieden geben wird? Nein. Polen gibt sich damit nicht zufrieden und kann sich damit nicht zufrieden geben. Polen muß und wird einen freien und sicheren Zugang zum Meer haben. Und solchen gesicherten Zugang kann ihm nur eine eigene Küste geben. GeWitz. Danzig ist heute leider zu neun zehnteln eine deutsche Stadt. Das Polnische Element ist dort nur schwach vertreten. Das bewirkte die schändliche deutsche Ausrottungs- Politik. Aber erinnern wir uns, daß die nächste Umgegend DcmzigS polnisch ist. Er¬ innern wir uns, daß die Deutschheit Dcmzigs im staatsrechtlichen Sinne des Wortes künst¬ lich und unnatürlich ist. Dafür, daß Danzig bei Deutschland bleibt — und wie dies ohne Vergewaltigung der Rechte der es umgebende« polnischen Bevölkerung geschehen kann, sagen die Deut¬ schen nicht — erklären sich nur die Hakatisten.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/443
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/443>, abgerufen am 15.05.2024.