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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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Kleine Nachrichten

[Beginn Spaltensatz]

die jetzige friedliche Bevölkerung DcmzigS mit
Ausnahme einiger eingewanderter Chauvi¬
nisten nur von dem Anschluß an das tolerante
Polen eine glückliche Zukunft für die Stadt
erhoffen kann. Berücksichtigt man ferner die
Lage Danzigs in einer ethnographisch unbe¬
streitbar polnischen Gegend, dann muß als
ausgeschlossen gellen, daß der Anschluß
Danzigs an Polen eine deutsche Jrredenta
zur Folge haben könnte. (DaS herzige Ver¬
trauen auf die Gutmütigkeit des deutschen
Michels steht in scherzhaftem Gegensatz zu
der sonst von den Polen stets behaupteten
Boshaftigkeit und Hinterhältigkeit der Deut¬
schen. (Anm. d. Red.) Wie Polen sich
nicht in der wünschenswerten Weise entwickeln
kann, wenn ihm Danzig vorenthalten bleibt,
so ist auch für die Entwicklung Danzigs, das
an der Mündung der polnischen Weichsel liegt,
eine enge Verbindung mit Polen Voraus¬
setzung. Für Preußen, das an der Ostsee

[Spaltenumbruch]

und an der Nordsee mehrere Höfen besitzt,
ist die Beibehaltung Danzigs keine Lebens¬
frage, Polen aber niüßte, wenn ihm jetzt der
einzige natürliche Zugang zum Meere vor¬
enthalten wird, immer danach streben, daß
dieses ihm angetcme Unrecht wieder gut¬
gemacht werde. Unsere berechtigten Ansprüche
auf einen Zugang zum Meer können durch eine
halbe Lösung dieser Frage nicht zum
Schweigen gebracht werden. Darum -- und
weil Polen unbedingt eine unmittelbare von
jeder fremden Macht unabhängige Verbindung
mit den Demokratien des Westens haben
muß -- haben wir das feste Vertrauen, daß
Sie, Herr Präsident, dem berechtigten Ver¬
langen Polens nach dem Besitz einer eigenen
Küste mit Danzig Ihre Anerkennung nicht
versagen werden."

Ein Telegramm mit gleichem Inhalt
wurde von dem Polnischen Volksrat auch an
Lloyd George gesandt.

[Ende Spaltensatz]


Verlag: Verlag der Grenzboten G, in, b, H" Berlin SW I I, Tempe lhoser Ufer 35a.
Druck: "Der Reichsbote", Berlin SW11.>
Kleine Nachrichten

[Beginn Spaltensatz]

die jetzige friedliche Bevölkerung DcmzigS mit
Ausnahme einiger eingewanderter Chauvi¬
nisten nur von dem Anschluß an das tolerante
Polen eine glückliche Zukunft für die Stadt
erhoffen kann. Berücksichtigt man ferner die
Lage Danzigs in einer ethnographisch unbe¬
streitbar polnischen Gegend, dann muß als
ausgeschlossen gellen, daß der Anschluß
Danzigs an Polen eine deutsche Jrredenta
zur Folge haben könnte. (DaS herzige Ver¬
trauen auf die Gutmütigkeit des deutschen
Michels steht in scherzhaftem Gegensatz zu
der sonst von den Polen stets behaupteten
Boshaftigkeit und Hinterhältigkeit der Deut¬
schen. (Anm. d. Red.) Wie Polen sich
nicht in der wünschenswerten Weise entwickeln
kann, wenn ihm Danzig vorenthalten bleibt,
so ist auch für die Entwicklung Danzigs, das
an der Mündung der polnischen Weichsel liegt,
eine enge Verbindung mit Polen Voraus¬
setzung. Für Preußen, das an der Ostsee

[Spaltenumbruch]

und an der Nordsee mehrere Höfen besitzt,
ist die Beibehaltung Danzigs keine Lebens¬
frage, Polen aber niüßte, wenn ihm jetzt der
einzige natürliche Zugang zum Meere vor¬
enthalten wird, immer danach streben, daß
dieses ihm angetcme Unrecht wieder gut¬
gemacht werde. Unsere berechtigten Ansprüche
auf einen Zugang zum Meer können durch eine
halbe Lösung dieser Frage nicht zum
Schweigen gebracht werden. Darum — und
weil Polen unbedingt eine unmittelbare von
jeder fremden Macht unabhängige Verbindung
mit den Demokratien des Westens haben
muß — haben wir das feste Vertrauen, daß
Sie, Herr Präsident, dem berechtigten Ver¬
langen Polens nach dem Besitz einer eigenen
Küste mit Danzig Ihre Anerkennung nicht
versagen werden."

Ein Telegramm mit gleichem Inhalt
wurde von dem Polnischen Volksrat auch an
Lloyd George gesandt.

[Ende Spaltensatz]


Verlag: Verlag der Grenzboten G, in, b, H„ Berlin SW I I, Tempe lhoser Ufer 35a.
Druck: „Der Reichsbote", Berlin SW11.>
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[0448] Kleine Nachrichten die jetzige friedliche Bevölkerung DcmzigS mit Ausnahme einiger eingewanderter Chauvi¬ nisten nur von dem Anschluß an das tolerante Polen eine glückliche Zukunft für die Stadt erhoffen kann. Berücksichtigt man ferner die Lage Danzigs in einer ethnographisch unbe¬ streitbar polnischen Gegend, dann muß als ausgeschlossen gellen, daß der Anschluß Danzigs an Polen eine deutsche Jrredenta zur Folge haben könnte. (DaS herzige Ver¬ trauen auf die Gutmütigkeit des deutschen Michels steht in scherzhaftem Gegensatz zu der sonst von den Polen stets behaupteten Boshaftigkeit und Hinterhältigkeit der Deut¬ schen. (Anm. d. Red.) Wie Polen sich nicht in der wünschenswerten Weise entwickeln kann, wenn ihm Danzig vorenthalten bleibt, so ist auch für die Entwicklung Danzigs, das an der Mündung der polnischen Weichsel liegt, eine enge Verbindung mit Polen Voraus¬ setzung. Für Preußen, das an der Ostsee und an der Nordsee mehrere Höfen besitzt, ist die Beibehaltung Danzigs keine Lebens¬ frage, Polen aber niüßte, wenn ihm jetzt der einzige natürliche Zugang zum Meere vor¬ enthalten wird, immer danach streben, daß dieses ihm angetcme Unrecht wieder gut¬ gemacht werde. Unsere berechtigten Ansprüche auf einen Zugang zum Meer können durch eine halbe Lösung dieser Frage nicht zum Schweigen gebracht werden. Darum — und weil Polen unbedingt eine unmittelbare von jeder fremden Macht unabhängige Verbindung mit den Demokratien des Westens haben muß — haben wir das feste Vertrauen, daß Sie, Herr Präsident, dem berechtigten Ver¬ langen Polens nach dem Besitz einer eigenen Küste mit Danzig Ihre Anerkennung nicht versagen werden." Ein Telegramm mit gleichem Inhalt wurde von dem Polnischen Volksrat auch an Lloyd George gesandt. Verlag: Verlag der Grenzboten G, in, b, H„ Berlin SW I I, Tempe lhoser Ufer 35a. Druck: „Der Reichsbote", Berlin SW11.>

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/448>, abgerufen am 15.05.2024.