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Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr.

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Geschäfte der Freistadt Danzig durch die
Polnische Negierung, um zu sehen, daß
Danzig nur der Form nach Freistadt, tat¬
sächlich eine von der Polnischen Politik und
Wirtschaft abhängige Stadt sein soll, deren
Gebiet zudem, wie die durch die Kreise
Bülow und Lauenburg gezogene Grenze
beweist, vom polnischen Staat selbst ganz
fest militärisch und strategisch umklammert
werde" soll. Aber auch hier ist die Möglich¬
keit geschaffen, durch eine Volksabstimmung
verhüllt noch mehr Gebiet zu annektieren:
den Nest der Kreise Stuhm, Rosenberg,
Marienburg, Marienwerder und den Regie¬
rungsbezirk Altenstein. Auch hier sind die
Formen der Volksabstimmung -- Zurück¬
ziehung der deutschen Truppen und Behörden
usw. -- so, das; die Entscheidung von vorn¬
herein feststehen muh. Gewiß, die Deutschen
sollen in ihren nationalen Rechten geschützt
werden, aber die Art, wie das geschieht,
bestimmen unsere Gegner in einem Vertrag
mit Polen, Deutschland hat dabei weder
etwas zu wünschen noch zu sagen, noch zu
kontrollieren; von einer Kontrolle des Schutzes
der Minderheiten ist überhaupt nirgends die
Rede. Rechnen wir diese Abstimmungs¬
gebiete noch hinzu, so soll Deutschland im
Osten verlieren 75 000 Quadratkilometer,
t>V" Millionen Menschen. Ein Viertel unserer
Kohlenproduktion verlören wir mit Ober--
Schlesien und in Posen und Westpreußen
Kornkammern, die mit ihrem Überschuß an
Lebensmitteln, hauptsächlich Getreide, Kar¬
toffeln und Zucker außer der eigenen Be¬
völkerung nach dem Friedensverbrauch 6 Mil¬
lionen, im Kriege 7 bis 8 Millionen Menschen
ernährten. Und die Weichsel samt ihrer
Mündung wäre vollständig dem Herrschafts¬
bereich Deutschlands entzogen.

"Frankfurter Zeitung" v. 14. Mai Ur. 36 t.

Unsere Einkreisung im Osten. Wenn
die Friedensbedingungen, die uns die Entente
und ihre Verbündeten auferlegen wollen, im
Westen den Zweck haben, Deutschland so
zurückzudrängen und von wichtigen Nvhstofs-
gebieten abzuschließen, daß Frankreich glauben
kann, sein Uebergewicht auf eine ferne Zu¬
kunft gesichert zu haben und sich vor einer
wieder anwachsenden Zahl des deutschen

[Spaltenumbruch]

Volkes nicht mehr fürchten zu müssen, so
bilden die Bestimmungen, die wir sür den
Osten annehmen sollen, und die auf eine
völlige Einkreisung und Verstümmelung ab¬
zielen, die sinngemäße Vervollständigung.
Vor dem Kriege war das zarische Rußland
an unserer Ostgrenze die furchtbare Gefahr,
die beständig über uns hereinzubrechen drohte.
Durch den Verlauf des Krieges und die
unter seiner Wirkung entstandene russische
Revolution ist diese Gefahr beseitigt. Deutsche
Waffen haben das vom Zarismus nieder¬
gedrückte Polen befreit und einen polnischen
Staat aufgerichtet. Jetzt hat sich dieser neue
Staat gegen uns gewandt und Frankreich
und seinen Alliierten ist es gelungen, ihn,
dessen Gedeihen nur durch ein gutes Ein¬
vernehmen mit seinen Nachbarn verbürgt
werden kann, zu unserem grimmigen und
von wilder Machtgier verblendeten Feinde
zu machen. Wie ein Keil wird sich das neue
Polen zwischen deutsches Land hindurch bis
zur Ostsee vorschieben. Da der sogenannte
Freistaat Danzig, der unter der Bürgschaft
des Völkerbundes stehen wird, doch nur ein
Anhängsel Polens sein soll -- seine Be¬
ziehungen zum Auslande und die Vortretung
seiner Bürger sollen von der Warschauer Ne¬
gierung mit besorgt werden -- und Polen
in Danzig überhaupt viel freier und weniger
behindert wird schalten können, als in den
dreihundert Jahren der früheren Zugehörigkeit
Dcmzigs zu Polen die alte Polnische Republik
es durfte, so wird Polen über eine Küsten¬
strecke von rund 150 Kilometern verfügen.
Das ist sür einen freien Ausgang seines
Handels zum Meere genug, aber für einen
solchen brauchte Polen nicht den Besitz einer
ganz deutscheu Stadt mit deutscher Vergangen¬
heit. Ein verbürgter Weg auf der Weichsel,
dem auch eine freie und gesicherte Eisenbahn¬
verbindung zur Seite stehen könnte, würde
diesem Zweck vollkommen genügen. Aber
Polens Ehrgeiz wird, das ist bestimmt zu
vermuten, weitergehen. Es wird unter der
Gönnerschaft und mit Hilfe der Entente sich
eine wenn auch zunächst kleine Flotte zu
schaffen suchen, welche die Flagge mit dem
Weißen Adler fernen Küsten wird zeigen
sollen und deren Bestimmung es sein wird,
in der Ostsee ebenso sich in Deutschlands

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Geschäfte der Freistadt Danzig durch die
Polnische Negierung, um zu sehen, daß
Danzig nur der Form nach Freistadt, tat¬
sächlich eine von der Polnischen Politik und
Wirtschaft abhängige Stadt sein soll, deren
Gebiet zudem, wie die durch die Kreise
Bülow und Lauenburg gezogene Grenze
beweist, vom polnischen Staat selbst ganz
fest militärisch und strategisch umklammert
werde» soll. Aber auch hier ist die Möglich¬
keit geschaffen, durch eine Volksabstimmung
verhüllt noch mehr Gebiet zu annektieren:
den Nest der Kreise Stuhm, Rosenberg,
Marienburg, Marienwerder und den Regie¬
rungsbezirk Altenstein. Auch hier sind die
Formen der Volksabstimmung — Zurück¬
ziehung der deutschen Truppen und Behörden
usw. — so, das; die Entscheidung von vorn¬
herein feststehen muh. Gewiß, die Deutschen
sollen in ihren nationalen Rechten geschützt
werden, aber die Art, wie das geschieht,
bestimmen unsere Gegner in einem Vertrag
mit Polen, Deutschland hat dabei weder
etwas zu wünschen noch zu sagen, noch zu
kontrollieren; von einer Kontrolle des Schutzes
der Minderheiten ist überhaupt nirgends die
Rede. Rechnen wir diese Abstimmungs¬
gebiete noch hinzu, so soll Deutschland im
Osten verlieren 75 000 Quadratkilometer,
t>V« Millionen Menschen. Ein Viertel unserer
Kohlenproduktion verlören wir mit Ober--
Schlesien und in Posen und Westpreußen
Kornkammern, die mit ihrem Überschuß an
Lebensmitteln, hauptsächlich Getreide, Kar¬
toffeln und Zucker außer der eigenen Be¬
völkerung nach dem Friedensverbrauch 6 Mil¬
lionen, im Kriege 7 bis 8 Millionen Menschen
ernährten. Und die Weichsel samt ihrer
Mündung wäre vollständig dem Herrschafts¬
bereich Deutschlands entzogen.

„Frankfurter Zeitung" v. 14. Mai Ur. 36 t.

Unsere Einkreisung im Osten. Wenn
die Friedensbedingungen, die uns die Entente
und ihre Verbündeten auferlegen wollen, im
Westen den Zweck haben, Deutschland so
zurückzudrängen und von wichtigen Nvhstofs-
gebieten abzuschließen, daß Frankreich glauben
kann, sein Uebergewicht auf eine ferne Zu¬
kunft gesichert zu haben und sich vor einer
wieder anwachsenden Zahl des deutschen

[Spaltenumbruch]

Volkes nicht mehr fürchten zu müssen, so
bilden die Bestimmungen, die wir sür den
Osten annehmen sollen, und die auf eine
völlige Einkreisung und Verstümmelung ab¬
zielen, die sinngemäße Vervollständigung.
Vor dem Kriege war das zarische Rußland
an unserer Ostgrenze die furchtbare Gefahr,
die beständig über uns hereinzubrechen drohte.
Durch den Verlauf des Krieges und die
unter seiner Wirkung entstandene russische
Revolution ist diese Gefahr beseitigt. Deutsche
Waffen haben das vom Zarismus nieder¬
gedrückte Polen befreit und einen polnischen
Staat aufgerichtet. Jetzt hat sich dieser neue
Staat gegen uns gewandt und Frankreich
und seinen Alliierten ist es gelungen, ihn,
dessen Gedeihen nur durch ein gutes Ein¬
vernehmen mit seinen Nachbarn verbürgt
werden kann, zu unserem grimmigen und
von wilder Machtgier verblendeten Feinde
zu machen. Wie ein Keil wird sich das neue
Polen zwischen deutsches Land hindurch bis
zur Ostsee vorschieben. Da der sogenannte
Freistaat Danzig, der unter der Bürgschaft
des Völkerbundes stehen wird, doch nur ein
Anhängsel Polens sein soll — seine Be¬
ziehungen zum Auslande und die Vortretung
seiner Bürger sollen von der Warschauer Ne¬
gierung mit besorgt werden — und Polen
in Danzig überhaupt viel freier und weniger
behindert wird schalten können, als in den
dreihundert Jahren der früheren Zugehörigkeit
Dcmzigs zu Polen die alte Polnische Republik
es durfte, so wird Polen über eine Küsten¬
strecke von rund 150 Kilometern verfügen.
Das ist sür einen freien Ausgang seines
Handels zum Meere genug, aber für einen
solchen brauchte Polen nicht den Besitz einer
ganz deutscheu Stadt mit deutscher Vergangen¬
heit. Ein verbürgter Weg auf der Weichsel,
dem auch eine freie und gesicherte Eisenbahn¬
verbindung zur Seite stehen könnte, würde
diesem Zweck vollkommen genügen. Aber
Polens Ehrgeiz wird, das ist bestimmt zu
vermuten, weitergehen. Es wird unter der
Gönnerschaft und mit Hilfe der Entente sich
eine wenn auch zunächst kleine Flotte zu
schaffen suchen, welche die Flagge mit dem
Weißen Adler fernen Küsten wird zeigen
sollen und deren Bestimmung es sein wird,
in der Ostsee ebenso sich in Deutschlands

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[0507] Pressestimmen Geschäfte der Freistadt Danzig durch die Polnische Negierung, um zu sehen, daß Danzig nur der Form nach Freistadt, tat¬ sächlich eine von der Polnischen Politik und Wirtschaft abhängige Stadt sein soll, deren Gebiet zudem, wie die durch die Kreise Bülow und Lauenburg gezogene Grenze beweist, vom polnischen Staat selbst ganz fest militärisch und strategisch umklammert werde» soll. Aber auch hier ist die Möglich¬ keit geschaffen, durch eine Volksabstimmung verhüllt noch mehr Gebiet zu annektieren: den Nest der Kreise Stuhm, Rosenberg, Marienburg, Marienwerder und den Regie¬ rungsbezirk Altenstein. Auch hier sind die Formen der Volksabstimmung — Zurück¬ ziehung der deutschen Truppen und Behörden usw. — so, das; die Entscheidung von vorn¬ herein feststehen muh. Gewiß, die Deutschen sollen in ihren nationalen Rechten geschützt werden, aber die Art, wie das geschieht, bestimmen unsere Gegner in einem Vertrag mit Polen, Deutschland hat dabei weder etwas zu wünschen noch zu sagen, noch zu kontrollieren; von einer Kontrolle des Schutzes der Minderheiten ist überhaupt nirgends die Rede. Rechnen wir diese Abstimmungs¬ gebiete noch hinzu, so soll Deutschland im Osten verlieren 75 000 Quadratkilometer, t>V« Millionen Menschen. Ein Viertel unserer Kohlenproduktion verlören wir mit Ober-- Schlesien und in Posen und Westpreußen Kornkammern, die mit ihrem Überschuß an Lebensmitteln, hauptsächlich Getreide, Kar¬ toffeln und Zucker außer der eigenen Be¬ völkerung nach dem Friedensverbrauch 6 Mil¬ lionen, im Kriege 7 bis 8 Millionen Menschen ernährten. Und die Weichsel samt ihrer Mündung wäre vollständig dem Herrschafts¬ bereich Deutschlands entzogen. „Frankfurter Zeitung" v. 14. Mai Ur. 36 t. Unsere Einkreisung im Osten. Wenn die Friedensbedingungen, die uns die Entente und ihre Verbündeten auferlegen wollen, im Westen den Zweck haben, Deutschland so zurückzudrängen und von wichtigen Nvhstofs- gebieten abzuschließen, daß Frankreich glauben kann, sein Uebergewicht auf eine ferne Zu¬ kunft gesichert zu haben und sich vor einer wieder anwachsenden Zahl des deutschen Volkes nicht mehr fürchten zu müssen, so bilden die Bestimmungen, die wir sür den Osten annehmen sollen, und die auf eine völlige Einkreisung und Verstümmelung ab¬ zielen, die sinngemäße Vervollständigung. Vor dem Kriege war das zarische Rußland an unserer Ostgrenze die furchtbare Gefahr, die beständig über uns hereinzubrechen drohte. Durch den Verlauf des Krieges und die unter seiner Wirkung entstandene russische Revolution ist diese Gefahr beseitigt. Deutsche Waffen haben das vom Zarismus nieder¬ gedrückte Polen befreit und einen polnischen Staat aufgerichtet. Jetzt hat sich dieser neue Staat gegen uns gewandt und Frankreich und seinen Alliierten ist es gelungen, ihn, dessen Gedeihen nur durch ein gutes Ein¬ vernehmen mit seinen Nachbarn verbürgt werden kann, zu unserem grimmigen und von wilder Machtgier verblendeten Feinde zu machen. Wie ein Keil wird sich das neue Polen zwischen deutsches Land hindurch bis zur Ostsee vorschieben. Da der sogenannte Freistaat Danzig, der unter der Bürgschaft des Völkerbundes stehen wird, doch nur ein Anhängsel Polens sein soll — seine Be¬ ziehungen zum Auslande und die Vortretung seiner Bürger sollen von der Warschauer Ne¬ gierung mit besorgt werden — und Polen in Danzig überhaupt viel freier und weniger behindert wird schalten können, als in den dreihundert Jahren der früheren Zugehörigkeit Dcmzigs zu Polen die alte Polnische Republik es durfte, so wird Polen über eine Küsten¬ strecke von rund 150 Kilometern verfügen. Das ist sür einen freien Ausgang seines Handels zum Meere genug, aber für einen solchen brauchte Polen nicht den Besitz einer ganz deutscheu Stadt mit deutscher Vergangen¬ heit. Ein verbürgter Weg auf der Weichsel, dem auch eine freie und gesicherte Eisenbahn¬ verbindung zur Seite stehen könnte, würde diesem Zweck vollkommen genügen. Aber Polens Ehrgeiz wird, das ist bestimmt zu vermuten, weitergehen. Es wird unter der Gönnerschaft und mit Hilfe der Entente sich eine wenn auch zunächst kleine Flotte zu schaffen suchen, welche die Flagge mit dem Weißen Adler fernen Küsten wird zeigen sollen und deren Bestimmung es sein wird, in der Ostsee ebenso sich in Deutschlands

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 78, 1919, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341909_335407/507>, abgerufen am 16.05.2024.