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Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Viertes Vierteljahr.

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Weltspiegel

der leicht (nur nicht von der deutschen bürgerlichen Presse!) vorauszusehenden
katastrophalen Niederlage Wrang, is wieder dahin, und die Franzosen können
nun bei der Erörterung polnischer Angelegenheiten den Engländern nicht mehr
bei jeder Gelegenheit vorwerfen, sie unterstützten die Polen nicht genug, schon
Wird die Wiederaufnahme englisch-russischer Handelsbeziehungen wieder lebhafter
erörtert Schon versuchen die durch den Ausfall der griechischen Wahlen aufs
höchste bestürzten Franzosen an den ursprünglich als Deutschfreunde hingestellten
anawlischen Nationalisten Freunde gegen England zu gewinnen, das in
Konstantinopel als unumschränkter Herricher auftritt. Schon fühlt man sich in
Tunis, wo seit sieben Jahren ununterbrochen Belagerungszustand herrscht, in
Algier, wo Mißernte und übertriebener Getreideerport den Boden für Rebellion
und bolschewistische Umtriebe geschaffen haben, bedroht, und auch die Reise des
spanischen Königs nach London, die in erster Linie wohl der Gewinnung Tangers
für Spanien gilt, kann man nur mit Mißbehagen ansehen. Und wenn man' sich
auch (auf dem Papier!) mit England und Italien über die Einflußzonen in Klein¬
asien geeinigt hat, so bleibt trotz der militänschen Erfolge des Generals Gouraud
die Lage in Syrien noch immer beunruhigend, zumal jetzt auf englischen Antrieb
der Palästmastaat Ansprüche auf den oberen Jordan und Teile des südlichen
Syriens erhebt und die Gründung des chnstlichen Großlibanonstaates Syrier
und Mohammedaner verstimmt hat. All diese Gegensätze würden bei einem Bruch
mit England sofort akut werden. Deehalb hat man es, besonde-s da auch
England alle Schroffheiten vorsichtig veimied, vorgezogen, sich hinsichtlich der
Wiedergutmachungsfragen noch einmal zu einigen, d. h. die Entscheidung hinaus-
zu chieben. Denn mehr als eine Hinausichebung bedeutet die Festsetzung der
vier Konferenzen (1. alliierte und deutsche Sachverständige in Brüssel, 2. Konferenz
allierter Münster im Februar mit konsultativer Teilnahme deutscher Reg erungs-
vertreter, 3. Wiedergutmcichungsausschuß, 4. Oberster Rat) nicht. Sowie es an
die dritte und vierte Konferenz geht, werden die Gegensätze zwischen dem englischen
und dem französischen Standpunkt wieder hervorireten und der Kommentar des
"Echo de Pari?", daß Frankreich zwar sein Ziel, die Akkordmethnde zu beseitigen
und dem Wicdcrguimach.ing"ausschuß alle im Friedensverträge vorgesehenen
Befugnisse zurückzugeben (was auch Poincare- fordert) nicht erreicht habe, daß
dies aber auch leicht zu verschmerzen sei, da der Wiedergutmachungsausschuß so
wenig wie der Völkerbund imstande sei, die Rolle einer über den Staaten
stehenden Regierung zu spielen, läßt deutlich erkennen, daß man in Frank,eich
darauf zahlt und hinarbeitet (womöglich mit diplomatischer Unterstützung Amerikas),
seine Aktionsfreiheit auf gütlichem Wege zurückzuerlangen. Argumentieit doch
auch Tardieu schon allen Ernstes: da der amerikanisch-engliich-französische Allianz-
Vertrag nicht raiifiziert worden sei, habe Frankreich ohne weite,es das Recht,
das Rheinland so lange besetzt zu halten, bis Deutschland alle seine Verpflichtungen
erfüllt habe. Es wäre für Deutjchland selbst immerhin von Interesse, in Erfahrung
zu bringen, wie sich Amerika und England zu dieser Ansicht stellen. W e wenig
man in französischen Nationalistenkrei>en gesonnen ist, auf England Rücksicht zu
nehmen, beweist nicht nur die immerhin höflich gehaltene Antwort Poincar6s auf
den Angriff der "Daily News", in der die Frage aufgeworfen wird, warum
nicht das englische Blatt, wenn es den Deutschen durchaus helfen wolle, von
Lloyd George verlange, daß er Deutschland die Handelsflotte und den englisch
gewordenen Teil Kameruns wiedergäbe, sondern auch Artikel wie die des "Eclair"
vom 2. und 5. November, in denen spaltenlange Listen der Beschwerden Frank¬
reichs gegen England aufgezählt und allen Ernstes erwogen wird, welche Stellung
Frankreich in einem bevorstehenden amerikanisch-englischen Konflikt einzunehmen
hätte und daß seine Küste eine ausgezeichnete U-Booibasis gegen England abgeben
würde. Und ob Erklärungen, wie die, welche unlängst Lord Northclifse d in
,/Journal des D6half" abgab, in denen versichert wurde, daß Deutschland durchaus
bezahlen könne und Frankreich beschworen wurde, nur ja bei den Wiedergmmachungs-
verhandlungen festzubinden, zur Ausgleichung der bestehenden Gegensätze beitragen


Weltspiegel

der leicht (nur nicht von der deutschen bürgerlichen Presse!) vorauszusehenden
katastrophalen Niederlage Wrang, is wieder dahin, und die Franzosen können
nun bei der Erörterung polnischer Angelegenheiten den Engländern nicht mehr
bei jeder Gelegenheit vorwerfen, sie unterstützten die Polen nicht genug, schon
Wird die Wiederaufnahme englisch-russischer Handelsbeziehungen wieder lebhafter
erörtert Schon versuchen die durch den Ausfall der griechischen Wahlen aufs
höchste bestürzten Franzosen an den ursprünglich als Deutschfreunde hingestellten
anawlischen Nationalisten Freunde gegen England zu gewinnen, das in
Konstantinopel als unumschränkter Herricher auftritt. Schon fühlt man sich in
Tunis, wo seit sieben Jahren ununterbrochen Belagerungszustand herrscht, in
Algier, wo Mißernte und übertriebener Getreideerport den Boden für Rebellion
und bolschewistische Umtriebe geschaffen haben, bedroht, und auch die Reise des
spanischen Königs nach London, die in erster Linie wohl der Gewinnung Tangers
für Spanien gilt, kann man nur mit Mißbehagen ansehen. Und wenn man' sich
auch (auf dem Papier!) mit England und Italien über die Einflußzonen in Klein¬
asien geeinigt hat, so bleibt trotz der militänschen Erfolge des Generals Gouraud
die Lage in Syrien noch immer beunruhigend, zumal jetzt auf englischen Antrieb
der Palästmastaat Ansprüche auf den oberen Jordan und Teile des südlichen
Syriens erhebt und die Gründung des chnstlichen Großlibanonstaates Syrier
und Mohammedaner verstimmt hat. All diese Gegensätze würden bei einem Bruch
mit England sofort akut werden. Deehalb hat man es, besonde-s da auch
England alle Schroffheiten vorsichtig veimied, vorgezogen, sich hinsichtlich der
Wiedergutmachungsfragen noch einmal zu einigen, d. h. die Entscheidung hinaus-
zu chieben. Denn mehr als eine Hinausichebung bedeutet die Festsetzung der
vier Konferenzen (1. alliierte und deutsche Sachverständige in Brüssel, 2. Konferenz
allierter Münster im Februar mit konsultativer Teilnahme deutscher Reg erungs-
vertreter, 3. Wiedergutmcichungsausschuß, 4. Oberster Rat) nicht. Sowie es an
die dritte und vierte Konferenz geht, werden die Gegensätze zwischen dem englischen
und dem französischen Standpunkt wieder hervorireten und der Kommentar des
„Echo de Pari?", daß Frankreich zwar sein Ziel, die Akkordmethnde zu beseitigen
und dem Wicdcrguimach.ing«ausschuß alle im Friedensverträge vorgesehenen
Befugnisse zurückzugeben (was auch Poincare- fordert) nicht erreicht habe, daß
dies aber auch leicht zu verschmerzen sei, da der Wiedergutmachungsausschuß so
wenig wie der Völkerbund imstande sei, die Rolle einer über den Staaten
stehenden Regierung zu spielen, läßt deutlich erkennen, daß man in Frank,eich
darauf zahlt und hinarbeitet (womöglich mit diplomatischer Unterstützung Amerikas),
seine Aktionsfreiheit auf gütlichem Wege zurückzuerlangen. Argumentieit doch
auch Tardieu schon allen Ernstes: da der amerikanisch-engliich-französische Allianz-
Vertrag nicht raiifiziert worden sei, habe Frankreich ohne weite,es das Recht,
das Rheinland so lange besetzt zu halten, bis Deutschland alle seine Verpflichtungen
erfüllt habe. Es wäre für Deutjchland selbst immerhin von Interesse, in Erfahrung
zu bringen, wie sich Amerika und England zu dieser Ansicht stellen. W e wenig
man in französischen Nationalistenkrei>en gesonnen ist, auf England Rücksicht zu
nehmen, beweist nicht nur die immerhin höflich gehaltene Antwort Poincar6s auf
den Angriff der „Daily News", in der die Frage aufgeworfen wird, warum
nicht das englische Blatt, wenn es den Deutschen durchaus helfen wolle, von
Lloyd George verlange, daß er Deutschland die Handelsflotte und den englisch
gewordenen Teil Kameruns wiedergäbe, sondern auch Artikel wie die des „Eclair"
vom 2. und 5. November, in denen spaltenlange Listen der Beschwerden Frank¬
reichs gegen England aufgezählt und allen Ernstes erwogen wird, welche Stellung
Frankreich in einem bevorstehenden amerikanisch-englischen Konflikt einzunehmen
hätte und daß seine Küste eine ausgezeichnete U-Booibasis gegen England abgeben
würde. Und ob Erklärungen, wie die, welche unlängst Lord Northclifse d in
,/Journal des D6half" abgab, in denen versichert wurde, daß Deutschland durchaus
bezahlen könne und Frankreich beschworen wurde, nur ja bei den Wiedergmmachungs-
verhandlungen festzubinden, zur Ausgleichung der bestehenden Gegensätze beitragen


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[0229] Weltspiegel der leicht (nur nicht von der deutschen bürgerlichen Presse!) vorauszusehenden katastrophalen Niederlage Wrang, is wieder dahin, und die Franzosen können nun bei der Erörterung polnischer Angelegenheiten den Engländern nicht mehr bei jeder Gelegenheit vorwerfen, sie unterstützten die Polen nicht genug, schon Wird die Wiederaufnahme englisch-russischer Handelsbeziehungen wieder lebhafter erörtert Schon versuchen die durch den Ausfall der griechischen Wahlen aufs höchste bestürzten Franzosen an den ursprünglich als Deutschfreunde hingestellten anawlischen Nationalisten Freunde gegen England zu gewinnen, das in Konstantinopel als unumschränkter Herricher auftritt. Schon fühlt man sich in Tunis, wo seit sieben Jahren ununterbrochen Belagerungszustand herrscht, in Algier, wo Mißernte und übertriebener Getreideerport den Boden für Rebellion und bolschewistische Umtriebe geschaffen haben, bedroht, und auch die Reise des spanischen Königs nach London, die in erster Linie wohl der Gewinnung Tangers für Spanien gilt, kann man nur mit Mißbehagen ansehen. Und wenn man' sich auch (auf dem Papier!) mit England und Italien über die Einflußzonen in Klein¬ asien geeinigt hat, so bleibt trotz der militänschen Erfolge des Generals Gouraud die Lage in Syrien noch immer beunruhigend, zumal jetzt auf englischen Antrieb der Palästmastaat Ansprüche auf den oberen Jordan und Teile des südlichen Syriens erhebt und die Gründung des chnstlichen Großlibanonstaates Syrier und Mohammedaner verstimmt hat. All diese Gegensätze würden bei einem Bruch mit England sofort akut werden. Deehalb hat man es, besonde-s da auch England alle Schroffheiten vorsichtig veimied, vorgezogen, sich hinsichtlich der Wiedergutmachungsfragen noch einmal zu einigen, d. h. die Entscheidung hinaus- zu chieben. Denn mehr als eine Hinausichebung bedeutet die Festsetzung der vier Konferenzen (1. alliierte und deutsche Sachverständige in Brüssel, 2. Konferenz allierter Münster im Februar mit konsultativer Teilnahme deutscher Reg erungs- vertreter, 3. Wiedergutmcichungsausschuß, 4. Oberster Rat) nicht. Sowie es an die dritte und vierte Konferenz geht, werden die Gegensätze zwischen dem englischen und dem französischen Standpunkt wieder hervorireten und der Kommentar des „Echo de Pari?", daß Frankreich zwar sein Ziel, die Akkordmethnde zu beseitigen und dem Wicdcrguimach.ing«ausschuß alle im Friedensverträge vorgesehenen Befugnisse zurückzugeben (was auch Poincare- fordert) nicht erreicht habe, daß dies aber auch leicht zu verschmerzen sei, da der Wiedergutmachungsausschuß so wenig wie der Völkerbund imstande sei, die Rolle einer über den Staaten stehenden Regierung zu spielen, läßt deutlich erkennen, daß man in Frank,eich darauf zahlt und hinarbeitet (womöglich mit diplomatischer Unterstützung Amerikas), seine Aktionsfreiheit auf gütlichem Wege zurückzuerlangen. Argumentieit doch auch Tardieu schon allen Ernstes: da der amerikanisch-engliich-französische Allianz- Vertrag nicht raiifiziert worden sei, habe Frankreich ohne weite,es das Recht, das Rheinland so lange besetzt zu halten, bis Deutschland alle seine Verpflichtungen erfüllt habe. Es wäre für Deutjchland selbst immerhin von Interesse, in Erfahrung zu bringen, wie sich Amerika und England zu dieser Ansicht stellen. W e wenig man in französischen Nationalistenkrei>en gesonnen ist, auf England Rücksicht zu nehmen, beweist nicht nur die immerhin höflich gehaltene Antwort Poincar6s auf den Angriff der „Daily News", in der die Frage aufgeworfen wird, warum nicht das englische Blatt, wenn es den Deutschen durchaus helfen wolle, von Lloyd George verlange, daß er Deutschland die Handelsflotte und den englisch gewordenen Teil Kameruns wiedergäbe, sondern auch Artikel wie die des „Eclair" vom 2. und 5. November, in denen spaltenlange Listen der Beschwerden Frank¬ reichs gegen England aufgezählt und allen Ernstes erwogen wird, welche Stellung Frankreich in einem bevorstehenden amerikanisch-englischen Konflikt einzunehmen hätte und daß seine Küste eine ausgezeichnete U-Booibasis gegen England abgeben würde. Und ob Erklärungen, wie die, welche unlängst Lord Northclifse d in ,/Journal des D6half" abgab, in denen versichert wurde, daß Deutschland durchaus bezahlen könne und Frankreich beschworen wurde, nur ja bei den Wiedergmmachungs- verhandlungen festzubinden, zur Ausgleichung der bestehenden Gegensätze beitragen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 79, 1920, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341911_338022/229>, abgerufen am 15.05.2024.