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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Zweites Vierteljahr.

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Aus neuen Büchern

Wesen. Um so mehr müssen wir es begrüßen, wenn uns. neuerdings einzelne
Arbeiten geschenkt werden, aus denen W.ir gründliche, sachliche und dabei leicht
zugängliche Belehrung schöpfen können. Dabei ist zu bemerken, daß dem Deut¬
schen die gegenwärtige politische und kulturelle Lage Indiens nicht weniger
wichtig sein muß, als" der Rückblick auf die großen vergangenen Kulturleistungen
des indischen Geistes.

Mit der ersteren beschäftigen sich zwei Bücher, die der Verlag K. F. Koester
zugänglich gemacht hat. In' einer trefflichen Übersetzung von Legationsrat
Dr. W. O. von Heutig ist das Werk des englischen Sozialisten H. M. Hynd-
en a n, "Der Aufstieg des Morgenlandes" sNie /vveKeninZ ok ^sia) in diesem
Jahre erschienen. Allerdings greift die Darstellung weit über die indischen Ver¬
hältnisse hinaus und beleuchtet das asiatische Problem im allgemeinen. Sie ist
das Zeugnis jenes historisch geschulten und dabei auf gegenwärtige politische Not¬
wendigkeiten scharf eingestellten nationalen Selbstbewußtseins, um das wir die
Engländer beneiden können. Der 'Verfasser ist überzeugter Sozialist, seine Aus¬
führungen werden also auch von Anhängern des demokratischen Gedankens in
Deutschland vertrauensvoll gehört werden. Andererseits aber steht ihm die Gro߬
macht Englands über alle innerpolitischen Wünsche hinaus als unverrückbares
Ziel vor Angen. Das hindert ihn nicht an einer sachlichen, ungemein scharfen
Kritik der europäischen Politik und Kulturpropaganda in Indien und Ostasien.
Insbesondere wird die englische Kolonialpolitik in Indien' seit ihren Anfängen
bis auf die Gegenwart eingehend und ohne Beschönigungen beurteilt. Zu Eingang
seines Buches faßt der Verfasser die Geschichte der älteren Beziehungen zwischen
Asien und Europa kurz zusammen, von Interesse sind hier die Darstellungen
des Eindringens der.Portugiesen in Indien und der älteren christlichen Mission
in China und Japan', in deren Verfehlungen mit Recht einer der Hauptgründe
für die Entfremdung zwischen Ostasien und Europa aufgezeigt wird. Daran
schließen sich in mehreren Kapiteln eindringende Analysen der modernen chine¬
sischen und japanischen Entwicklung. Es gibt Wohl kaum ein deutsches Buch, das
diese Fragen so sachlich und gedrängt bis in die neueste Zeit hinein behandelte.
Die rückhaltlose Offenheit, mit der der Verfasser über die englische Opiumpolitik
in China und über die Misere der britisch-indischen Finanzen berichtet, gibt
seinen Darstellungen einen besonderen Wert. Auch in ihnen tritt die große Be¬
gabung des Engländers.zutage, scharfe Kritik an seiner ReZierung mit unbedingter
Loyalität zu verbinden. Die Schlüsse, die der Verfasser zieht, sind die folgenden:
die moderne Entwicklung in Asien wird dazu führen -- und die europäischen
Mächte, in erster Linie England, werden sich darauf einzustellen haben --, daß
die Doktrin "Asien den Asiaten" in den drei großen Reichen mehr und mehr an¬
erkannt wird. Die Zeiten der Dominionpolitik, der gewaltsamen Aufdrängung
europäischer Wirtschaft, der Entrechtung der Asiaten in den von Europäern be¬
herrschten Gebieten gehen zu Ende. Im übrigen hütet sich der Verfasser, die weitere
Entwicklung vorauszusagen. Auch wir Deutschen haben alle Veranlassung, nicht
zu früh ans unbestimmten Anzeichen auf den beginnenden Zerfall des britischen
Kolonialreiches zu schließen. Die'Solidität dieses Reiches wird im Gegenteil neu
gesichert sein, wenn eine Verständigung zwischen England und den Verewigten
Staaten in wirtschaftlichen und militärtechiüschen Fragen durchgeführt sein wird.
Daß der Vvlkerbundgedanke, falls überhaupt noch jemand an ihn glaubt, für
Asien keinen Belang hat, steht außer Frage. In Anbetracht dessen, daß diese
Fragen gegenwärtig unter den weltpolitischen Problemen an erster Stelle stehen,
kann die eingehende Beschäftigung mit Hyndmans nüchternen und soliden Aus¬
führungen jedem deutschen Leser warm empfohlen werden.

Es ist interessant, das Buch des Engländers mit dem des Deutschen I. A.
Samier "Mein Indien. Erinnerungen aus 15 glücklichen Jahren" (im gleichen
Verlag) zu vergleichen. Sander zeigt in einer Reihe von reizvollen Einzelschilde¬
rungen Indien von innen her, er ist rein menschlich von der Einfachheit und
Farbigkeit des modernen indischen Lebens erfüllt, ohne politische Einstellung und


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Wesen. Um so mehr müssen wir es begrüßen, wenn uns. neuerdings einzelne
Arbeiten geschenkt werden, aus denen W.ir gründliche, sachliche und dabei leicht
zugängliche Belehrung schöpfen können. Dabei ist zu bemerken, daß dem Deut¬
schen die gegenwärtige politische und kulturelle Lage Indiens nicht weniger
wichtig sein muß, als" der Rückblick auf die großen vergangenen Kulturleistungen
des indischen Geistes.

Mit der ersteren beschäftigen sich zwei Bücher, die der Verlag K. F. Koester
zugänglich gemacht hat. In' einer trefflichen Übersetzung von Legationsrat
Dr. W. O. von Heutig ist das Werk des englischen Sozialisten H. M. Hynd-
en a n, „Der Aufstieg des Morgenlandes" sNie /vveKeninZ ok ^sia) in diesem
Jahre erschienen. Allerdings greift die Darstellung weit über die indischen Ver¬
hältnisse hinaus und beleuchtet das asiatische Problem im allgemeinen. Sie ist
das Zeugnis jenes historisch geschulten und dabei auf gegenwärtige politische Not¬
wendigkeiten scharf eingestellten nationalen Selbstbewußtseins, um das wir die
Engländer beneiden können. Der 'Verfasser ist überzeugter Sozialist, seine Aus¬
führungen werden also auch von Anhängern des demokratischen Gedankens in
Deutschland vertrauensvoll gehört werden. Andererseits aber steht ihm die Gro߬
macht Englands über alle innerpolitischen Wünsche hinaus als unverrückbares
Ziel vor Angen. Das hindert ihn nicht an einer sachlichen, ungemein scharfen
Kritik der europäischen Politik und Kulturpropaganda in Indien und Ostasien.
Insbesondere wird die englische Kolonialpolitik in Indien' seit ihren Anfängen
bis auf die Gegenwart eingehend und ohne Beschönigungen beurteilt. Zu Eingang
seines Buches faßt der Verfasser die Geschichte der älteren Beziehungen zwischen
Asien und Europa kurz zusammen, von Interesse sind hier die Darstellungen
des Eindringens der.Portugiesen in Indien und der älteren christlichen Mission
in China und Japan', in deren Verfehlungen mit Recht einer der Hauptgründe
für die Entfremdung zwischen Ostasien und Europa aufgezeigt wird. Daran
schließen sich in mehreren Kapiteln eindringende Analysen der modernen chine¬
sischen und japanischen Entwicklung. Es gibt Wohl kaum ein deutsches Buch, das
diese Fragen so sachlich und gedrängt bis in die neueste Zeit hinein behandelte.
Die rückhaltlose Offenheit, mit der der Verfasser über die englische Opiumpolitik
in China und über die Misere der britisch-indischen Finanzen berichtet, gibt
seinen Darstellungen einen besonderen Wert. Auch in ihnen tritt die große Be¬
gabung des Engländers.zutage, scharfe Kritik an seiner ReZierung mit unbedingter
Loyalität zu verbinden. Die Schlüsse, die der Verfasser zieht, sind die folgenden:
die moderne Entwicklung in Asien wird dazu führen — und die europäischen
Mächte, in erster Linie England, werden sich darauf einzustellen haben —, daß
die Doktrin „Asien den Asiaten" in den drei großen Reichen mehr und mehr an¬
erkannt wird. Die Zeiten der Dominionpolitik, der gewaltsamen Aufdrängung
europäischer Wirtschaft, der Entrechtung der Asiaten in den von Europäern be¬
herrschten Gebieten gehen zu Ende. Im übrigen hütet sich der Verfasser, die weitere
Entwicklung vorauszusagen. Auch wir Deutschen haben alle Veranlassung, nicht
zu früh ans unbestimmten Anzeichen auf den beginnenden Zerfall des britischen
Kolonialreiches zu schließen. Die'Solidität dieses Reiches wird im Gegenteil neu
gesichert sein, wenn eine Verständigung zwischen England und den Verewigten
Staaten in wirtschaftlichen und militärtechiüschen Fragen durchgeführt sein wird.
Daß der Vvlkerbundgedanke, falls überhaupt noch jemand an ihn glaubt, für
Asien keinen Belang hat, steht außer Frage. In Anbetracht dessen, daß diese
Fragen gegenwärtig unter den weltpolitischen Problemen an erster Stelle stehen,
kann die eingehende Beschäftigung mit Hyndmans nüchternen und soliden Aus¬
führungen jedem deutschen Leser warm empfohlen werden.

Es ist interessant, das Buch des Engländers mit dem des Deutschen I. A.
Samier „Mein Indien. Erinnerungen aus 15 glücklichen Jahren" (im gleichen
Verlag) zu vergleichen. Sander zeigt in einer Reihe von reizvollen Einzelschilde¬
rungen Indien von innen her, er ist rein menschlich von der Einfachheit und
Farbigkeit des modernen indischen Lebens erfüllt, ohne politische Einstellung und


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[0331] Aus neuen Büchern Wesen. Um so mehr müssen wir es begrüßen, wenn uns. neuerdings einzelne Arbeiten geschenkt werden, aus denen W.ir gründliche, sachliche und dabei leicht zugängliche Belehrung schöpfen können. Dabei ist zu bemerken, daß dem Deut¬ schen die gegenwärtige politische und kulturelle Lage Indiens nicht weniger wichtig sein muß, als" der Rückblick auf die großen vergangenen Kulturleistungen des indischen Geistes. Mit der ersteren beschäftigen sich zwei Bücher, die der Verlag K. F. Koester zugänglich gemacht hat. In' einer trefflichen Übersetzung von Legationsrat Dr. W. O. von Heutig ist das Werk des englischen Sozialisten H. M. Hynd- en a n, „Der Aufstieg des Morgenlandes" sNie /vveKeninZ ok ^sia) in diesem Jahre erschienen. Allerdings greift die Darstellung weit über die indischen Ver¬ hältnisse hinaus und beleuchtet das asiatische Problem im allgemeinen. Sie ist das Zeugnis jenes historisch geschulten und dabei auf gegenwärtige politische Not¬ wendigkeiten scharf eingestellten nationalen Selbstbewußtseins, um das wir die Engländer beneiden können. Der 'Verfasser ist überzeugter Sozialist, seine Aus¬ führungen werden also auch von Anhängern des demokratischen Gedankens in Deutschland vertrauensvoll gehört werden. Andererseits aber steht ihm die Gro߬ macht Englands über alle innerpolitischen Wünsche hinaus als unverrückbares Ziel vor Angen. Das hindert ihn nicht an einer sachlichen, ungemein scharfen Kritik der europäischen Politik und Kulturpropaganda in Indien und Ostasien. Insbesondere wird die englische Kolonialpolitik in Indien' seit ihren Anfängen bis auf die Gegenwart eingehend und ohne Beschönigungen beurteilt. Zu Eingang seines Buches faßt der Verfasser die Geschichte der älteren Beziehungen zwischen Asien und Europa kurz zusammen, von Interesse sind hier die Darstellungen des Eindringens der.Portugiesen in Indien und der älteren christlichen Mission in China und Japan', in deren Verfehlungen mit Recht einer der Hauptgründe für die Entfremdung zwischen Ostasien und Europa aufgezeigt wird. Daran schließen sich in mehreren Kapiteln eindringende Analysen der modernen chine¬ sischen und japanischen Entwicklung. Es gibt Wohl kaum ein deutsches Buch, das diese Fragen so sachlich und gedrängt bis in die neueste Zeit hinein behandelte. Die rückhaltlose Offenheit, mit der der Verfasser über die englische Opiumpolitik in China und über die Misere der britisch-indischen Finanzen berichtet, gibt seinen Darstellungen einen besonderen Wert. Auch in ihnen tritt die große Be¬ gabung des Engländers.zutage, scharfe Kritik an seiner ReZierung mit unbedingter Loyalität zu verbinden. Die Schlüsse, die der Verfasser zieht, sind die folgenden: die moderne Entwicklung in Asien wird dazu führen — und die europäischen Mächte, in erster Linie England, werden sich darauf einzustellen haben —, daß die Doktrin „Asien den Asiaten" in den drei großen Reichen mehr und mehr an¬ erkannt wird. Die Zeiten der Dominionpolitik, der gewaltsamen Aufdrängung europäischer Wirtschaft, der Entrechtung der Asiaten in den von Europäern be¬ herrschten Gebieten gehen zu Ende. Im übrigen hütet sich der Verfasser, die weitere Entwicklung vorauszusagen. Auch wir Deutschen haben alle Veranlassung, nicht zu früh ans unbestimmten Anzeichen auf den beginnenden Zerfall des britischen Kolonialreiches zu schließen. Die'Solidität dieses Reiches wird im Gegenteil neu gesichert sein, wenn eine Verständigung zwischen England und den Verewigten Staaten in wirtschaftlichen und militärtechiüschen Fragen durchgeführt sein wird. Daß der Vvlkerbundgedanke, falls überhaupt noch jemand an ihn glaubt, für Asien keinen Belang hat, steht außer Frage. In Anbetracht dessen, daß diese Fragen gegenwärtig unter den weltpolitischen Problemen an erster Stelle stehen, kann die eingehende Beschäftigung mit Hyndmans nüchternen und soliden Aus¬ führungen jedem deutschen Leser warm empfohlen werden. Es ist interessant, das Buch des Engländers mit dem des Deutschen I. A. Samier „Mein Indien. Erinnerungen aus 15 glücklichen Jahren" (im gleichen Verlag) zu vergleichen. Sander zeigt in einer Reihe von reizvollen Einzelschilde¬ rungen Indien von innen her, er ist rein menschlich von der Einfachheit und Farbigkeit des modernen indischen Lebens erfüllt, ohne politische Einstellung und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_338800/331>, abgerufen am 13.05.2024.