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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr.

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Auos Antwort

legen Erzberger- und Wirthnaturen freiwillig ihren Hals. Den Widerstrebenderen
aber wird die Schlinge zugedreht. Wirth reißt uns jetzt als eifriger, souveräner
Büttel, selbstbewußt und von der Frankfurter Zeitung als "mutiger Mann"
begrüßt, die Fetzen von unserer Haut herunter. Reichen im nächsten Mai die
blutigen Fetzen trotz alledem nicht aus, um daraus den versprochenen Riemen für
Frankreich zu drehen, muß also dann der Nachfolger des unrühmlich an seinem
Selbstmord verstorben sein werdenden Kabinetts Wirth ehrlich die Unerfüllbarkeit
erklären, dann ist ja der Boche überführt. Dann hat eben die heimliche Regierung
Ludendorff-Stinnes gesiegt, dann wird der Rheinstaat durch die Ruhrprovinz
abgerundet, und dann lohnt wirklich der Rest von Hamburg bis Kufstein weiterer
Beachtung nicht. Er verkommt dann von allein, denn statt gefährlichen Scharnhorsts
wohnen darin und regieren wichtige Parlamentarier, die froh mit jeder weiland
Escherischen Patronenhülse gackernd vor den Reichstag und andere Kontroll¬
kommissionen der Entente laufen.


3. Der Abbau der deutschen Dämlichkeit.

Oh deutsche Jugend.....ja! ... Ich fühle dein Leben, wie es Schritt
für Schritt sich vorwagt in die Nacht des Grauens, einem Licht der Selbst¬
erkenntnis zu:

Deutsche Jugend, ja du! Nichts sonst in der Welt, kein Wunder, keine
fremde Macht, keine Waffe, kein Erbarmen, nur du selbst. Und während das
lebende Geschlecht dahinsieche und schwindet an seiner Erbärmlichkeit, seh ich große
Augen leuchten aus der Zukunft, höre deutsch sprechen und Schöneres, als wir
heute singen, murmeln in den Wellen des "keltischen" Rheins,

und die Stimmen der Zukunft lachen ob der schweren Last und Arbeit, die der
Unverstand der Eignen, die Bosheit des Erbfeindes einem jungen Geschlecht auf¬
bürdete, das stark wurde von dieser Last.




Auos Antwort
Du Richterin der Welt, es fleht zu Dir
Germania, blutend aus Vieltausend Wunden:
Um Hilf' und Heilung nicht -- wie kann gesunden
Ein Leichnam? Nur den Namen rette mir!
Zerreiß das Lügennetz, drin Feindesgier
Und eigner Söhne Treubruch Mich gebunden!
Deck auf den Trug! Zum Raube nicht den Hunden
Laß tausendjähriger Ehre stolze Zier!-- "Hätt'se Du gesiegt: die Deinem Feind verbündet,
Die Lüge, fiel; Du brauchtest meiner nicht.
Von selbst erlosch die Wut, die sie entzündet.
Als Sieger hält nun selber sie Gericht:
Nun steht Dein Schandmal wie auf Fels gegründet
Kein Gott mehr bringt die Wahrheit jetzt an's Licht."

F. Sausen
4
Auos Antwort

legen Erzberger- und Wirthnaturen freiwillig ihren Hals. Den Widerstrebenderen
aber wird die Schlinge zugedreht. Wirth reißt uns jetzt als eifriger, souveräner
Büttel, selbstbewußt und von der Frankfurter Zeitung als „mutiger Mann"
begrüßt, die Fetzen von unserer Haut herunter. Reichen im nächsten Mai die
blutigen Fetzen trotz alledem nicht aus, um daraus den versprochenen Riemen für
Frankreich zu drehen, muß also dann der Nachfolger des unrühmlich an seinem
Selbstmord verstorben sein werdenden Kabinetts Wirth ehrlich die Unerfüllbarkeit
erklären, dann ist ja der Boche überführt. Dann hat eben die heimliche Regierung
Ludendorff-Stinnes gesiegt, dann wird der Rheinstaat durch die Ruhrprovinz
abgerundet, und dann lohnt wirklich der Rest von Hamburg bis Kufstein weiterer
Beachtung nicht. Er verkommt dann von allein, denn statt gefährlichen Scharnhorsts
wohnen darin und regieren wichtige Parlamentarier, die froh mit jeder weiland
Escherischen Patronenhülse gackernd vor den Reichstag und andere Kontroll¬
kommissionen der Entente laufen.


3. Der Abbau der deutschen Dämlichkeit.

Oh deutsche Jugend.....ja! ... Ich fühle dein Leben, wie es Schritt
für Schritt sich vorwagt in die Nacht des Grauens, einem Licht der Selbst¬
erkenntnis zu:

Deutsche Jugend, ja du! Nichts sonst in der Welt, kein Wunder, keine
fremde Macht, keine Waffe, kein Erbarmen, nur du selbst. Und während das
lebende Geschlecht dahinsieche und schwindet an seiner Erbärmlichkeit, seh ich große
Augen leuchten aus der Zukunft, höre deutsch sprechen und Schöneres, als wir
heute singen, murmeln in den Wellen des „keltischen" Rheins,

und die Stimmen der Zukunft lachen ob der schweren Last und Arbeit, die der
Unverstand der Eignen, die Bosheit des Erbfeindes einem jungen Geschlecht auf¬
bürdete, das stark wurde von dieser Last.




Auos Antwort
Du Richterin der Welt, es fleht zu Dir
Germania, blutend aus Vieltausend Wunden:
Um Hilf' und Heilung nicht — wie kann gesunden
Ein Leichnam? Nur den Namen rette mir!
Zerreiß das Lügennetz, drin Feindesgier
Und eigner Söhne Treubruch Mich gebunden!
Deck auf den Trug! Zum Raube nicht den Hunden
Laß tausendjähriger Ehre stolze Zier!-- „Hätt'se Du gesiegt: die Deinem Feind verbündet,
Die Lüge, fiel; Du brauchtest meiner nicht.
Von selbst erlosch die Wut, die sie entzündet.
Als Sieger hält nun selber sie Gericht:
Nun steht Dein Schandmal wie auf Fels gegründet
Kein Gott mehr bringt die Wahrheit jetzt an's Licht."

F. Sausen
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339148/65>, abgerufen am 22.05.2024.