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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.

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Altes und neues Heer

gilt euch die Republik? Was schert euch das Bürgertum? War es je mannhaft,
ließ es euch nicht im Stich? Seid ihr -- mit eurem kleinen Gehalt -- Kapita¬
listen? Ihr habt nichts zu verlieren, alles zu gewinnenl Führt die Kommunisten!"
-- "Seid euch eurer Verantwortung als Führer bewußt, eurer Tradition! Ihr,
die ihr mit die vornehmsten Träger der Idee im alten Staat wart', und die ihr
nicht um des Geldes willen dientet: eure Ideale sind zerschlagen, sucht euch ein
neues, werdet Kommunisten!" -- "Glaubt ihr, den Kommunismus in Deutsch,
laut und in der Welt aufhalten zu können? Wodurch? Bei der Tat steht ihr
immer allein und der Bürger im Winkel! -- "Führt das Volk zu seinen Idealen.
Seid Vorkämpfer. Haltet die Idee frei vom Schmutz!" -- "Wie soll der Haß
gegen eure Kaste verschwinden? Ihr wißt keine Antwort, keine Lösung für
Jahrzehntel Stellt jetzt den Kontakt zwischen Führung und Masse her! Haltet
jetzt zum Volk. Werdet Kommunisten. Das ist der Anfang zu Deutschlands und
Eurem Aufstieg!" --




Im Ruhrgebiet kämpft die Reichswehr gegen die Rote Armee. Die Kluft,
die der Kapp-Pulses stellenweise zwischen Führung und Mannschaft herauf¬
beschwor: dort wird sie wieder überbrückt. Und bei der Marine? --




Heute ist ein Freikorpsplan vollendet. Entweder wird der Ruhraufstand
zum allgemeinen Bürgerkrieg und dann sind wir's, die allein Ordnung schaffen
können. Dafür setzen wir dann später eine Fach- und Beamtenregierung ein.
Oder, wenn das Bürgertum auch diesmal die Gelegenheit verpaßt -- ich warte
eine Woche! -- Dann geh' ich auf die Seite, wo eine Weltanschauung auch durch
die Tat bewiesen wird und melde mich als Führer bei den Ruhrkommunisten.
In Deutschland muß Klarheit werden -- so oder so I




Der RuhrgebieLskampf ist beendet. -- Nun sind wir frei! Die Abschieds¬
gesuche sind nicht bewilligt. Der Kampf entbrennt: zwischen Alter und Jugend.
Die einen wollen bleiben, die anderen gehen. Entbrennt: zwischen Optimisten
und Pessimisten. Die einen sagen: Es ist Mission, daß der alte Offizier nicht
ganz aus der Wehrmacht verschwindet: wir halten aus! Und die anderen: Uns
fehlt das Rückgrat, um noch Offizier zu sein! ----




Heut' fand ich folgende Zeilen an einer Schranktür in der Tausend-
Mann-Kaserne:

Dem Revolutionssoldaren!
"Jedes Stücken trocken Brot
Jeder Blechnapf Wasser
Macht uus immer stiller
Zum bitterernsten Hasser.
Jedes laute Postenwort
Jedes freche Grinsen
Unvergessen lebt es fort:
I^me kekek uplmrsin."

8-
Altes und neues Heer

gilt euch die Republik? Was schert euch das Bürgertum? War es je mannhaft,
ließ es euch nicht im Stich? Seid ihr — mit eurem kleinen Gehalt — Kapita¬
listen? Ihr habt nichts zu verlieren, alles zu gewinnenl Führt die Kommunisten!"
— „Seid euch eurer Verantwortung als Führer bewußt, eurer Tradition! Ihr,
die ihr mit die vornehmsten Träger der Idee im alten Staat wart', und die ihr
nicht um des Geldes willen dientet: eure Ideale sind zerschlagen, sucht euch ein
neues, werdet Kommunisten!" — „Glaubt ihr, den Kommunismus in Deutsch,
laut und in der Welt aufhalten zu können? Wodurch? Bei der Tat steht ihr
immer allein und der Bürger im Winkel! — „Führt das Volk zu seinen Idealen.
Seid Vorkämpfer. Haltet die Idee frei vom Schmutz!" — „Wie soll der Haß
gegen eure Kaste verschwinden? Ihr wißt keine Antwort, keine Lösung für
Jahrzehntel Stellt jetzt den Kontakt zwischen Führung und Masse her! Haltet
jetzt zum Volk. Werdet Kommunisten. Das ist der Anfang zu Deutschlands und
Eurem Aufstieg!" —




Im Ruhrgebiet kämpft die Reichswehr gegen die Rote Armee. Die Kluft,
die der Kapp-Pulses stellenweise zwischen Führung und Mannschaft herauf¬
beschwor: dort wird sie wieder überbrückt. Und bei der Marine? —




Heute ist ein Freikorpsplan vollendet. Entweder wird der Ruhraufstand
zum allgemeinen Bürgerkrieg und dann sind wir's, die allein Ordnung schaffen
können. Dafür setzen wir dann später eine Fach- und Beamtenregierung ein.
Oder, wenn das Bürgertum auch diesmal die Gelegenheit verpaßt — ich warte
eine Woche! — Dann geh' ich auf die Seite, wo eine Weltanschauung auch durch
die Tat bewiesen wird und melde mich als Führer bei den Ruhrkommunisten.
In Deutschland muß Klarheit werden — so oder so I




Der RuhrgebieLskampf ist beendet. — Nun sind wir frei! Die Abschieds¬
gesuche sind nicht bewilligt. Der Kampf entbrennt: zwischen Alter und Jugend.
Die einen wollen bleiben, die anderen gehen. Entbrennt: zwischen Optimisten
und Pessimisten. Die einen sagen: Es ist Mission, daß der alte Offizier nicht
ganz aus der Wehrmacht verschwindet: wir halten aus! Und die anderen: Uns
fehlt das Rückgrat, um noch Offizier zu sein! ----




Heut' fand ich folgende Zeilen an einer Schranktür in der Tausend-
Mann-Kaserne:

Dem Revolutionssoldaren!
„Jedes Stücken trocken Brot
Jeder Blechnapf Wasser
Macht uus immer stiller
Zum bitterernsten Hasser.
Jedes laute Postenwort
Jedes freche Grinsen
Unvergessen lebt es fort:
I^me kekek uplmrsin."

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[0123] Altes und neues Heer gilt euch die Republik? Was schert euch das Bürgertum? War es je mannhaft, ließ es euch nicht im Stich? Seid ihr — mit eurem kleinen Gehalt — Kapita¬ listen? Ihr habt nichts zu verlieren, alles zu gewinnenl Führt die Kommunisten!" — „Seid euch eurer Verantwortung als Führer bewußt, eurer Tradition! Ihr, die ihr mit die vornehmsten Träger der Idee im alten Staat wart', und die ihr nicht um des Geldes willen dientet: eure Ideale sind zerschlagen, sucht euch ein neues, werdet Kommunisten!" — „Glaubt ihr, den Kommunismus in Deutsch, laut und in der Welt aufhalten zu können? Wodurch? Bei der Tat steht ihr immer allein und der Bürger im Winkel! — „Führt das Volk zu seinen Idealen. Seid Vorkämpfer. Haltet die Idee frei vom Schmutz!" — „Wie soll der Haß gegen eure Kaste verschwinden? Ihr wißt keine Antwort, keine Lösung für Jahrzehntel Stellt jetzt den Kontakt zwischen Führung und Masse her! Haltet jetzt zum Volk. Werdet Kommunisten. Das ist der Anfang zu Deutschlands und Eurem Aufstieg!" — Im Ruhrgebiet kämpft die Reichswehr gegen die Rote Armee. Die Kluft, die der Kapp-Pulses stellenweise zwischen Führung und Mannschaft herauf¬ beschwor: dort wird sie wieder überbrückt. Und bei der Marine? — Heute ist ein Freikorpsplan vollendet. Entweder wird der Ruhraufstand zum allgemeinen Bürgerkrieg und dann sind wir's, die allein Ordnung schaffen können. Dafür setzen wir dann später eine Fach- und Beamtenregierung ein. Oder, wenn das Bürgertum auch diesmal die Gelegenheit verpaßt — ich warte eine Woche! — Dann geh' ich auf die Seite, wo eine Weltanschauung auch durch die Tat bewiesen wird und melde mich als Führer bei den Ruhrkommunisten. In Deutschland muß Klarheit werden — so oder so I Der RuhrgebieLskampf ist beendet. — Nun sind wir frei! Die Abschieds¬ gesuche sind nicht bewilligt. Der Kampf entbrennt: zwischen Alter und Jugend. Die einen wollen bleiben, die anderen gehen. Entbrennt: zwischen Optimisten und Pessimisten. Die einen sagen: Es ist Mission, daß der alte Offizier nicht ganz aus der Wehrmacht verschwindet: wir halten aus! Und die anderen: Uns fehlt das Rückgrat, um noch Offizier zu sein! ---- Heut' fand ich folgende Zeilen an einer Schranktür in der Tausend- Mann-Kaserne: Dem Revolutionssoldaren! „Jedes Stücken trocken Brot Jeder Blechnapf Wasser Macht uus immer stiller Zum bitterernsten Hasser. Jedes laute Postenwort Jedes freche Grinsen Unvergessen lebt es fort: I^me kekek uplmrsin." 8-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339548/123>, abgerufen am 15.05.2024.