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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.

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Die Industrialisierung Lhiims

neun Zehntel verdrängt haben. Im ersten Quartal des laufenden Jahres wurden
aus England, das hauptsächlich Webemaschinen liefert, für 440 740 Pfund Sterling
gegen 22 531 im Jahre 1913 eingeführt. Aber auch andere Industriezweige sind
im Aufblühen. In Füllen bestehen zurzeit außer 21 Spinnereien 4 Seifen- und
Kerzenfabriken, 1 Streichholzfabrik, 1 Knopsfabrik. 3 Lederfabriken, Alkoholfabriken,
1 Sandpapierfabrik usw. In Schanghai wurde vor kurzem eine Unterkleider¬
fabrik eröffnet, die täglich 3000 Stück fabriziert. Die chinesische Negierung sucht
mit allen Mitteln diese industrielle Entwicklung zu fördern. So hatte sie vor
einiger Zeit an die Auslandschinesen, namentlich die in den Südsee-Jnseln An¬
sässigen, die Aufforderung gerichtet, an dem industriellen Aufbau teilzunehmen!
die Folge davon war, daß die Gründung eines Konzerns "Lima Overseas
Idioms Inciustrv Development Lomission" mit einem Kapital von 130 Millionen
Dollars in Angriff genommen wurde, das in Industrie-, Bank-, Eisenbahn- und
"schiffahrtsunternehmungen in China angelegt werden soll.

Das chinesische Bankwesen hat sich im Laufe der letzten Jahre gleichfalls
entwickelt. Teils unter dem Druck der Verhältnisse, die die Aufnahme neuer An¬
leihen seitens der chinesischen Regierung bei ausländischen Banken unmöglich
machten, teils unter der Auswirkung der industriellen Ausdehnung haben die,
zum Teil neugegründeten, chinesischen Banken außerordentlich gute Geschäfte gemacht.
Bei der Pachtung von Negierungsmonopolen wurden Gewinne von 23 Prozent
und mehr ermöglicht, bei den Darlehen an die Regierung noch viel größere.
Nach einem einheimischen Bericht konnte zum Beispiel die Bank of China bei
einem eingezahlten Kapital von 12V2 Millionen Dollar im Jahre 1920 einen
Gewinn von 4 Millionen Dollar verzeichnen, die Bank of Communications bei
einem Kapital von 7V2 Millionen Dollar einen Gewinn von 2Vs Millionen, die
Salzbank bei einem Kapital von 3 Millionen Dollar einen Gewinn von 1 Million
Dollar. Um größere Summen für Regierungsanleihen aufzubringen, haben sich
die kleineren Banken in Peking. Tientsin und Schanghai zu einem Banken^
konsortium zusammengeschlossen. Die Finanzlage Chinas, das heißt der chinesischen
Regierung, ist ja bekanntlich zurzeit sehr ungünstig.

Bei der Einfuhr der europäischen Länder sowie der Vereinigten Staaten
und Japans wird es sich in Zukunft also immer mehr um den Import von
industriellen Maschinen als um den industrieller Produkte handeln. Die Einfuhr
von Spinnmaschinen beziffert sich bereits auf etwa 7 Millionen Dollar, von Auto¬
mobilen im Jahre 1920 auf 6 Millionen Dollar. Allein in Schanghai wurden
im Jahre 1920 1320 Automobile. Lowries und Motorräder eingeführt, in den
ersten Monaten des laufenden Jahres 159 Stück. Auf welches Reservoir innerer
Energie die Industrialisierung Chinas zurückgreifen kann, zeigt die Tatsache, daß
trotz der inneren Wirren, trotz der Fehden zwischen den einzelnen fast autonomen
Provinzen die industrielle Bewegung unaufhaltsam vorwärts schreitet. So siedeln
sich namentlich im Uangtsetal Baumwollspinnereien, elektrische Anlagen, Zement
fabriken und Eisengießereien immer zahlreicher an.




Die Industrialisierung Lhiims

neun Zehntel verdrängt haben. Im ersten Quartal des laufenden Jahres wurden
aus England, das hauptsächlich Webemaschinen liefert, für 440 740 Pfund Sterling
gegen 22 531 im Jahre 1913 eingeführt. Aber auch andere Industriezweige sind
im Aufblühen. In Füllen bestehen zurzeit außer 21 Spinnereien 4 Seifen- und
Kerzenfabriken, 1 Streichholzfabrik, 1 Knopsfabrik. 3 Lederfabriken, Alkoholfabriken,
1 Sandpapierfabrik usw. In Schanghai wurde vor kurzem eine Unterkleider¬
fabrik eröffnet, die täglich 3000 Stück fabriziert. Die chinesische Negierung sucht
mit allen Mitteln diese industrielle Entwicklung zu fördern. So hatte sie vor
einiger Zeit an die Auslandschinesen, namentlich die in den Südsee-Jnseln An¬
sässigen, die Aufforderung gerichtet, an dem industriellen Aufbau teilzunehmen!
die Folge davon war, daß die Gründung eines Konzerns „Lima Overseas
Idioms Inciustrv Development Lomission" mit einem Kapital von 130 Millionen
Dollars in Angriff genommen wurde, das in Industrie-, Bank-, Eisenbahn- und
«schiffahrtsunternehmungen in China angelegt werden soll.

Das chinesische Bankwesen hat sich im Laufe der letzten Jahre gleichfalls
entwickelt. Teils unter dem Druck der Verhältnisse, die die Aufnahme neuer An¬
leihen seitens der chinesischen Regierung bei ausländischen Banken unmöglich
machten, teils unter der Auswirkung der industriellen Ausdehnung haben die,
zum Teil neugegründeten, chinesischen Banken außerordentlich gute Geschäfte gemacht.
Bei der Pachtung von Negierungsmonopolen wurden Gewinne von 23 Prozent
und mehr ermöglicht, bei den Darlehen an die Regierung noch viel größere.
Nach einem einheimischen Bericht konnte zum Beispiel die Bank of China bei
einem eingezahlten Kapital von 12V2 Millionen Dollar im Jahre 1920 einen
Gewinn von 4 Millionen Dollar verzeichnen, die Bank of Communications bei
einem Kapital von 7V2 Millionen Dollar einen Gewinn von 2Vs Millionen, die
Salzbank bei einem Kapital von 3 Millionen Dollar einen Gewinn von 1 Million
Dollar. Um größere Summen für Regierungsanleihen aufzubringen, haben sich
die kleineren Banken in Peking. Tientsin und Schanghai zu einem Banken^
konsortium zusammengeschlossen. Die Finanzlage Chinas, das heißt der chinesischen
Regierung, ist ja bekanntlich zurzeit sehr ungünstig.

Bei der Einfuhr der europäischen Länder sowie der Vereinigten Staaten
und Japans wird es sich in Zukunft also immer mehr um den Import von
industriellen Maschinen als um den industrieller Produkte handeln. Die Einfuhr
von Spinnmaschinen beziffert sich bereits auf etwa 7 Millionen Dollar, von Auto¬
mobilen im Jahre 1920 auf 6 Millionen Dollar. Allein in Schanghai wurden
im Jahre 1920 1320 Automobile. Lowries und Motorräder eingeführt, in den
ersten Monaten des laufenden Jahres 159 Stück. Auf welches Reservoir innerer
Energie die Industrialisierung Chinas zurückgreifen kann, zeigt die Tatsache, daß
trotz der inneren Wirren, trotz der Fehden zwischen den einzelnen fast autonomen
Provinzen die industrielle Bewegung unaufhaltsam vorwärts schreitet. So siedeln
sich namentlich im Uangtsetal Baumwollspinnereien, elektrische Anlagen, Zement
fabriken und Eisengießereien immer zahlreicher an.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339548/301>, abgerufen am 14.05.2024.