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Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr.

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bestand aus Wirth. Giesbeits. Hermes, Brauns. Bauer, Schmidt. Gradnauer,
Schiffer. Geßler, Groenir. Ihnen not noch am 23 Mai Rathenau hinzu. Die
erste Tat des Ministeriums war die bedingungslose Annahme des Ultimatums.

Inzwischen hatten sich auch im Preußischen Parlament die Dinge ver¬
schoben. Die Neuwahlen vom 20 Februar brachten vor allem eine vernichtende
Niederlage der "Unabhängigen". Das Zentrum war wieder mal das Zünglein
an der Wage. In das neu zu besitzende Kabinett trat die Mehrheitsso^ialdemo-
tratie aus "Münden der Agitation nicht ein. Es kam schließlich am 2t, April
-- so large dauerten die widerwärtigen Verhandlungen -- ein Kabinett Sieger-
Wald zustand?, bestehend aus den Herren Fiscbbcek Zehnhoff, Dominicus, Saemisch,
Warmbold, Becker. Die zweite Hälfte des April war ausgefüllt durch den
Kommunislenputsch in Mitteldeutschland, ein V rbrechen, das, wie der Kommunist
P-ni Levi in einer gleichzeitig erscheinenden Bioichüre erkennen ließ, und bis
im November im "Vorwärts" veröffentlichten Aktenstücke urkundlich nachwiesen,
auf Befehl und mit dein Gelde der russischen Bolschewiken in Szene ge¬
setzt war. Es kam zu blutigen Zusaminenstös-.en in Eisleben und HeU-
stedt, zu Tynamitanschlögen aus Genchtsgebäude in Dresden, Leipzig,
Fiewerg, auf die Siegessäule in Berlin. Das Naihaus in Rodeuisch im Voge¬
lart flog in die Luft. In Hamburg kam es zu Kämpfen. Vor allem zeichnete
sich Max Hölz, der schon l919 das Bogiland durch Brandstiftungen und Raub-
züge in Schrecken gesetzt hatte und dann nach C "echten geflüchtet war, durch die
gleichen Heldentaten aus. Die N ederwerfung des Aiifstaudes, bei der besonders
der Kampf um tue großen Lunaiverk bei Merseburg eine Rolle spielte, gelang der
Schutzpolizei ohne Hinzuziehung der Reichswehr. Die eingesetzten Gerichte sprachen
rasch ihre notwendig harten Strafn aus, von denen dann viele bald erheblich
gemildert wurden. Do wahren Verbrecher, die Eberlein und Genossen, gingen
zunächst leer aus.

Ein Liebchl'et in dieser trüben Zeit war das Abstimmungsergebnis in Ober-
schlesien. das 716000 deutsche und 471000 polnische Stimmzettel aufwies. Die
Wut in P^ris war groß. Aber schließlich gelang es den Franzosen doch, auf
dem Umwege über den "Völkerbandsrat", auch hier wieder das Recht durch Ge¬
walt zu ersetzen: am 12. Oktober wurde die Zerreißung Oberschlesiens ausge¬
sprochen und damit der deutscheu Wirtschaft ein betäubender Schlag versetzt.
Ihm folgte am 22. des gleichen Monas der Rücktritt des Kabinetts Wirth. Es
stellte sich heraus, daß "das Kabinett der Erfüllung" trotz unerhörter Ausvumpung
der deutschen Volkswirtschaft zugunsten der Feinde bei der Entente nichts erreichte.
Diese ließ sich die Zahlung von einer Milliarde Goldmart am 31. Juli zwar
gefallen, ebenso auch die pünktliche Jnnehaltung des zWeiten Zahlungstermins,
wie sie im Ultiinatu n vom 10. Mai vorgeschrieben war, aber sie dachte nicht
daran, deswegen auf ihren Pakt und den Polen, denen man schon lange Ober¬
schlesien zugesprochen hatte, zu verzichten. In, August erschienen in der "Deutschen
Allgemeinen Zeitung" Artikel des bekannten Engländers KeyneS über die Leistungs¬
fähigkeit Deutschlands. Sie prophe^eisten den deutschen Zusammenbruch für
spätestens Frühjahr 1922. falls das Versailler Diktat bliebe. Neues sagte Keynes
in seinen Artikeln nicht. Alles, was gekommen war. hatte man von deutscher
Seite schon 1919 in L rsrilles der E leerte gesagt. Überraschend aber war. dasz
hier schon nach zwei Jahren sogar ein Engländer den Zusammenhang der Dings
begriffen und >du auszusprechen den Mut hatte. Das gab diesen Artikeln ihre
internationale Bedeutung.

Die Neubildung des Kabinetts nach dem Rücktritt Wirths am 22, Oktober
stand zunächst im Z leben der sogenannten "großen Koalition" von Stresemann
bis Scheidemann. Auf ihrem Pirteitoge in Gör! dz, der vom 18. bis 2!z. September
stattfand, hatte die Mehrheitcsoziuldemokratle el e bemerkenswerte Schwenkung
vollzogen. Während sie bis dahin jedes Zusammengehen mit der Volkspartei


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bestand aus Wirth. Giesbeits. Hermes, Brauns. Bauer, Schmidt. Gradnauer,
Schiffer. Geßler, Groenir. Ihnen not noch am 23 Mai Rathenau hinzu. Die
erste Tat des Ministeriums war die bedingungslose Annahme des Ultimatums.

Inzwischen hatten sich auch im Preußischen Parlament die Dinge ver¬
schoben. Die Neuwahlen vom 20 Februar brachten vor allem eine vernichtende
Niederlage der „Unabhängigen". Das Zentrum war wieder mal das Zünglein
an der Wage. In das neu zu besitzende Kabinett trat die Mehrheitsso^ialdemo-
tratie aus «Münden der Agitation nicht ein. Es kam schließlich am 2t, April
— so large dauerten die widerwärtigen Verhandlungen — ein Kabinett Sieger-
Wald zustand?, bestehend aus den Herren Fiscbbcek Zehnhoff, Dominicus, Saemisch,
Warmbold, Becker. Die zweite Hälfte des April war ausgefüllt durch den
Kommunislenputsch in Mitteldeutschland, ein V rbrechen, das, wie der Kommunist
P-ni Levi in einer gleichzeitig erscheinenden Bioichüre erkennen ließ, und bis
im November im „Vorwärts" veröffentlichten Aktenstücke urkundlich nachwiesen,
auf Befehl und mit dein Gelde der russischen Bolschewiken in Szene ge¬
setzt war. Es kam zu blutigen Zusaminenstös-.en in Eisleben und HeU-
stedt, zu Tynamitanschlögen aus Genchtsgebäude in Dresden, Leipzig,
Fiewerg, auf die Siegessäule in Berlin. Das Naihaus in Rodeuisch im Voge¬
lart flog in die Luft. In Hamburg kam es zu Kämpfen. Vor allem zeichnete
sich Max Hölz, der schon l919 das Bogiland durch Brandstiftungen und Raub-
züge in Schrecken gesetzt hatte und dann nach C »echten geflüchtet war, durch die
gleichen Heldentaten aus. Die N ederwerfung des Aiifstaudes, bei der besonders
der Kampf um tue großen Lunaiverk bei Merseburg eine Rolle spielte, gelang der
Schutzpolizei ohne Hinzuziehung der Reichswehr. Die eingesetzten Gerichte sprachen
rasch ihre notwendig harten Strafn aus, von denen dann viele bald erheblich
gemildert wurden. Do wahren Verbrecher, die Eberlein und Genossen, gingen
zunächst leer aus.

Ein Liebchl'et in dieser trüben Zeit war das Abstimmungsergebnis in Ober-
schlesien. das 716000 deutsche und 471000 polnische Stimmzettel aufwies. Die
Wut in P^ris war groß. Aber schließlich gelang es den Franzosen doch, auf
dem Umwege über den „Völkerbandsrat", auch hier wieder das Recht durch Ge¬
walt zu ersetzen: am 12. Oktober wurde die Zerreißung Oberschlesiens ausge¬
sprochen und damit der deutscheu Wirtschaft ein betäubender Schlag versetzt.
Ihm folgte am 22. des gleichen Monas der Rücktritt des Kabinetts Wirth. Es
stellte sich heraus, daß „das Kabinett der Erfüllung" trotz unerhörter Ausvumpung
der deutschen Volkswirtschaft zugunsten der Feinde bei der Entente nichts erreichte.
Diese ließ sich die Zahlung von einer Milliarde Goldmart am 31. Juli zwar
gefallen, ebenso auch die pünktliche Jnnehaltung des zWeiten Zahlungstermins,
wie sie im Ultiinatu n vom 10. Mai vorgeschrieben war, aber sie dachte nicht
daran, deswegen auf ihren Pakt und den Polen, denen man schon lange Ober¬
schlesien zugesprochen hatte, zu verzichten. In, August erschienen in der „Deutschen
Allgemeinen Zeitung" Artikel des bekannten Engländers KeyneS über die Leistungs¬
fähigkeit Deutschlands. Sie prophe^eisten den deutschen Zusammenbruch für
spätestens Frühjahr 1922. falls das Versailler Diktat bliebe. Neues sagte Keynes
in seinen Artikeln nicht. Alles, was gekommen war. hatte man von deutscher
Seite schon 1919 in L rsrilles der E leerte gesagt. Überraschend aber war. dasz
hier schon nach zwei Jahren sogar ein Engländer den Zusammenhang der Dings
begriffen und >du auszusprechen den Mut hatte. Das gab diesen Artikeln ihre
internationale Bedeutung.

Die Neubildung des Kabinetts nach dem Rücktritt Wirths am 22, Oktober
stand zunächst im Z leben der sogenannten „großen Koalition" von Stresemann
bis Scheidemann. Auf ihrem Pirteitoge in Gör! dz, der vom 18. bis 2!z. September
stattfand, hatte die Mehrheitcsoziuldemokratle el e bemerkenswerte Schwenkung
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[0412] Icihre-übersieht bestand aus Wirth. Giesbeits. Hermes, Brauns. Bauer, Schmidt. Gradnauer, Schiffer. Geßler, Groenir. Ihnen not noch am 23 Mai Rathenau hinzu. Die erste Tat des Ministeriums war die bedingungslose Annahme des Ultimatums. Inzwischen hatten sich auch im Preußischen Parlament die Dinge ver¬ schoben. Die Neuwahlen vom 20 Februar brachten vor allem eine vernichtende Niederlage der „Unabhängigen". Das Zentrum war wieder mal das Zünglein an der Wage. In das neu zu besitzende Kabinett trat die Mehrheitsso^ialdemo- tratie aus «Münden der Agitation nicht ein. Es kam schließlich am 2t, April — so large dauerten die widerwärtigen Verhandlungen — ein Kabinett Sieger- Wald zustand?, bestehend aus den Herren Fiscbbcek Zehnhoff, Dominicus, Saemisch, Warmbold, Becker. Die zweite Hälfte des April war ausgefüllt durch den Kommunislenputsch in Mitteldeutschland, ein V rbrechen, das, wie der Kommunist P-ni Levi in einer gleichzeitig erscheinenden Bioichüre erkennen ließ, und bis im November im „Vorwärts" veröffentlichten Aktenstücke urkundlich nachwiesen, auf Befehl und mit dein Gelde der russischen Bolschewiken in Szene ge¬ setzt war. Es kam zu blutigen Zusaminenstös-.en in Eisleben und HeU- stedt, zu Tynamitanschlögen aus Genchtsgebäude in Dresden, Leipzig, Fiewerg, auf die Siegessäule in Berlin. Das Naihaus in Rodeuisch im Voge¬ lart flog in die Luft. In Hamburg kam es zu Kämpfen. Vor allem zeichnete sich Max Hölz, der schon l919 das Bogiland durch Brandstiftungen und Raub- züge in Schrecken gesetzt hatte und dann nach C »echten geflüchtet war, durch die gleichen Heldentaten aus. Die N ederwerfung des Aiifstaudes, bei der besonders der Kampf um tue großen Lunaiverk bei Merseburg eine Rolle spielte, gelang der Schutzpolizei ohne Hinzuziehung der Reichswehr. Die eingesetzten Gerichte sprachen rasch ihre notwendig harten Strafn aus, von denen dann viele bald erheblich gemildert wurden. Do wahren Verbrecher, die Eberlein und Genossen, gingen zunächst leer aus. Ein Liebchl'et in dieser trüben Zeit war das Abstimmungsergebnis in Ober- schlesien. das 716000 deutsche und 471000 polnische Stimmzettel aufwies. Die Wut in P^ris war groß. Aber schließlich gelang es den Franzosen doch, auf dem Umwege über den „Völkerbandsrat", auch hier wieder das Recht durch Ge¬ walt zu ersetzen: am 12. Oktober wurde die Zerreißung Oberschlesiens ausge¬ sprochen und damit der deutscheu Wirtschaft ein betäubender Schlag versetzt. Ihm folgte am 22. des gleichen Monas der Rücktritt des Kabinetts Wirth. Es stellte sich heraus, daß „das Kabinett der Erfüllung" trotz unerhörter Ausvumpung der deutschen Volkswirtschaft zugunsten der Feinde bei der Entente nichts erreichte. Diese ließ sich die Zahlung von einer Milliarde Goldmart am 31. Juli zwar gefallen, ebenso auch die pünktliche Jnnehaltung des zWeiten Zahlungstermins, wie sie im Ultiinatu n vom 10. Mai vorgeschrieben war, aber sie dachte nicht daran, deswegen auf ihren Pakt und den Polen, denen man schon lange Ober¬ schlesien zugesprochen hatte, zu verzichten. In, August erschienen in der „Deutschen Allgemeinen Zeitung" Artikel des bekannten Engländers KeyneS über die Leistungs¬ fähigkeit Deutschlands. Sie prophe^eisten den deutschen Zusammenbruch für spätestens Frühjahr 1922. falls das Versailler Diktat bliebe. Neues sagte Keynes in seinen Artikeln nicht. Alles, was gekommen war. hatte man von deutscher Seite schon 1919 in L rsrilles der E leerte gesagt. Überraschend aber war. dasz hier schon nach zwei Jahren sogar ein Engländer den Zusammenhang der Dings begriffen und >du auszusprechen den Mut hatte. Das gab diesen Artikeln ihre internationale Bedeutung. Die Neubildung des Kabinetts nach dem Rücktritt Wirths am 22, Oktober stand zunächst im Z leben der sogenannten „großen Koalition" von Stresemann bis Scheidemann. Auf ihrem Pirteitoge in Gör! dz, der vom 18. bis 2!z. September stattfand, hatte die Mehrheitcsoziuldemokratle el e bemerkenswerte Schwenkung vollzogen. Während sie bis dahin jedes Zusammengehen mit der Volkspartei

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Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 80, 1921, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341913_339548/412>, abgerufen am 14.05.2024.