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Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716.

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Vorrede.
die Auffführung der jungen Welt nicht
gefallen.

Meine Dreistigkeit weiter zu entschul-
digen/ achte ich unnöthig zu seyn/ denn ich
weiß schon vorher daß ich damit alle übele
Vorurtheile und Scoptische critiquen mo-
rös
er und widriggesinnter Gemüther
nicht hindern und heben kan. Jch suche
nichts mehr/ als daß ein jeder Verständi-
ger mit einer leidlichen Censur selbige
durchsehen/ und geringe Fehler nicht hoch-
aufmutzen möge. Es ist keiner ohne Feh-
ler/ und wenn man alle Dinge scharff un-
tersuchen will/ so wird man mehr tadel-
hafftes als ruhmwürdiges antreffen;
Denn die Vollkommenheit ist eine Sache
so nur in der Einbildung und einen güti-
gem Urtheile des Lesers und Autoris be-
stehen/ sonst aber ist sie nirgends anzu-
treffen. Es solte zwar nichts unvollkom-
menes geschrieben werden/ wenn man
aber schlechterdings darauf gehen wolte/ so
würde man wenig oder nichts in denen
Buchläden antreffen. Jch will meine Ge-
dichte nicht selber rühmen/ aber auch nicht
verachten/ denn wenn sie ja keinem gefal-
len solten/ so haben sie doch die Vergnü-

gung/

Vorrede.
die Aufffuͤhrung der jungen Welt nicht
gefallen.

Meine Dreiſtigkeit weiter zu entſchul-
digen/ achte ich unnoͤthig zu ſeyn/ denn ich
weiß ſchon vorher daß ich damit alle uͤbele
Vorurtheile und Scoptiſche critiquen mo-
röſ
er und widriggeſinnter Gemuͤther
nicht hindern und heben kan. Jch ſuche
nichts mehr/ als daß ein jeder Verſtaͤndi-
ger mit einer leidlichen Cenſur ſelbige
durchſehen/ und geringe Fehler nicht hoch-
aufmutzen moͤge. Es iſt keiner ohne Feh-
ler/ und wenn man alle Dinge ſcharff un-
terſuchen will/ ſo wird man mehr tadel-
hafftes als ruhmwuͤrdiges antreffen;
Denn die Vollkommenheit iſt eine Sache
ſo nur in der Einbildung und einen guͤti-
gem Urtheile des Leſers und Autoris be-
ſtehen/ ſonſt aber iſt ſie nirgends anzu-
treffen. Es ſolte zwar nichts unvollkom-
menes geſchrieben werden/ wenn man
aber ſchlechterdings darauf gehen wolte/ ſo
wuͤrde man wenig oder nichts in denen
Buchlaͤden antreffen. Jch will meine Ge-
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[0010] Vorrede. die Aufffuͤhrung der jungen Welt nicht gefallen. Meine Dreiſtigkeit weiter zu entſchul- digen/ achte ich unnoͤthig zu ſeyn/ denn ich weiß ſchon vorher daß ich damit alle uͤbele Vorurtheile und Scoptiſche critiquen mo- röſer und widriggeſinnter Gemuͤther nicht hindern und heben kan. Jch ſuche nichts mehr/ als daß ein jeder Verſtaͤndi- ger mit einer leidlichen Cenſur ſelbige durchſehen/ und geringe Fehler nicht hoch- aufmutzen moͤge. Es iſt keiner ohne Feh- ler/ und wenn man alle Dinge ſcharff un- terſuchen will/ ſo wird man mehr tadel- hafftes als ruhmwuͤrdiges antreffen; Denn die Vollkommenheit iſt eine Sache ſo nur in der Einbildung und einen guͤti- gem Urtheile des Leſers und Autoris be- ſtehen/ ſonſt aber iſt ſie nirgends anzu- treffen. Es ſolte zwar nichts unvollkom- menes geſchrieben werden/ wenn man aber ſchlechterdings darauf gehen wolte/ ſo wuͤrde man wenig oder nichts in denen Buchlaͤden antreffen. Jch will meine Ge- dichte nicht ſelber ruͤhmen/ aber auch nicht verachten/ denn wenn ſie ja keinem gefal- len ſolten/ ſo haben ſie doch die Vergnuͤ- gung/

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Zitationshilfe: Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/10>, abgerufen am 27.04.2024.