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Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716.

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Sinn-Gedichte.
An einen Unbeweglichen.
Wenn Purpur und Coral/ der Lippen Wunder-Sachen
Der angenehme Kuß das holde Wörter-machen
Ein Ernst und Freundlich-seyn/ ein über-zuckter Mund
Dein Auge nicht entzündt und deinen Sinn verwundt/
Wenn Fleisch das Sammet ist/ und Adern die Saphiren,
Die Haut/ so weisser Schnee/ dein Hertze nicht verführen?
So bist du gar kein Mensch ein Stock und harter Stein.
Dem keiner Schönheit-Pracht/ erreget Liebes-Pein.


Auf die Blumen in der Doris Busen.
Aus dem Frantzösischen.
Madrig all.
Wie werdt ihr Blumen doch verehret/
Daß ihr in Doris Busen blaßt;
Daß eure schlechte Pracht
Zur Zierde wird begehret;
Daß euch ein Blumen-Topff umfaßt/
Der auch den Marmel weichen macht.
Ein jeder neidet euch/
Daß ihr den Sitz
Recht in der Anmuth Reich/
Am ersten könnt bekommen.
Doch wird der Schmuck euch bald benommen:
Weil ihr vor Hitze sterben müst.
Allein! dürfft ich da auch ersterben/
Jch würde äusserst mich bemühn
Daß ich bey ihrem Schooß Rubin
Ein Grab-Mahl könnt erwerben.


Die nackte Liebe.
Owen. Epigr. p. 43.
Man sagt/ daß die Natur das Feld mit Blumen zieret/
Die Vogel/ und die Schaaf' in Woll' und Federn steckt
Und wenn ein rauher Nord und wilder Ost regiret
Uns in die Kleider hült/ und durch die Kunst bedeckt.
Wie
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Sinn-Gedichte.
An einen Unbeweglichen.
Wenn Purpur und Coral/ der Lippen Wunder-Sachen
Der angenehme Kuß das holde Woͤrter-machen
Ein Ernſt und Freundlich-ſeyn/ ein uͤber-zuckter Mund
Dein Auge nicht entzuͤndt und deinen Sinn verwundt/
Wenn Fleiſch das Sammet iſt/ und Adern die Saphiren,
Die Haut/ ſo weiſſer Schnee/ dein Hertze nicht verfuͤhren?
So biſt du gar kein Menſch ein Stock und harter Stein.
Dem keiner Schoͤnheit-Pracht/ erreget Liebes-Pein.


Auf die Blumen in der Doris Buſen.
Aus dem Frantzoͤſiſchen.
Madrig all.
Wie werdt ihr Blumen doch verehret/
Daß ihr in Doris Buſen blaßt;
Daß eure ſchlechte Pracht
Zur Zierde wird begehret;
Daß euch ein Blumen-Topff umfaßt/
Der auch den Marmel weichen macht.
Ein jeder neidet euch/
Daß ihr den Sitz
Recht in der Anmuth Reich/
Am erſten koͤnnt bekommen.
Doch wird der Schmuck euch bald benommen:
Weil ihr vor Hitze ſterben muͤſt.
Allein! duͤrfft ich da auch erſterben/
Jch wuͤrde aͤuſſerſt mich bemuͤhn
Daß ich bey ihrem Schooß Rubin
Ein Grab-Mahl koͤnnt erwerben.


Die nackte Liebe.
Owen. Epigr. p. 43.
Man ſagt/ daß die Natur das Feld mit Blumen zieret/
Die Vogel/ und die Schaaf’ in Woll’ und Federn ſteckt
Und wenn ein rauher Nord und wilder Oſt regiret
Uns in die Kleider huͤlt/ und durch die Kunſt bedeckt.
Wie
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[357/0375] Sinn-Gedichte. An einen Unbeweglichen. Wenn Purpur und Coral/ der Lippen Wunder-Sachen Der angenehme Kuß das holde Woͤrter-machen Ein Ernſt und Freundlich-ſeyn/ ein uͤber-zuckter Mund Dein Auge nicht entzuͤndt und deinen Sinn verwundt/ Wenn Fleiſch das Sammet iſt/ und Adern die Saphiren, Die Haut/ ſo weiſſer Schnee/ dein Hertze nicht verfuͤhren? So biſt du gar kein Menſch ein Stock und harter Stein. Dem keiner Schoͤnheit-Pracht/ erreget Liebes-Pein. Auf die Blumen in der Doris Buſen. Aus dem Frantzoͤſiſchen. Madrig all. Wie werdt ihr Blumen doch verehret/ Daß ihr in Doris Buſen blaßt; Daß eure ſchlechte Pracht Zur Zierde wird begehret; Daß euch ein Blumen-Topff umfaßt/ Der auch den Marmel weichen macht. Ein jeder neidet euch/ Daß ihr den Sitz Recht in der Anmuth Reich/ Am erſten koͤnnt bekommen. Doch wird der Schmuck euch bald benommen: Weil ihr vor Hitze ſterben muͤſt. Allein! duͤrfft ich da auch erſterben/ Jch wuͤrde aͤuſſerſt mich bemuͤhn Daß ich bey ihrem Schooß Rubin Ein Grab-Mahl koͤnnt erwerben. Die nackte Liebe. Owen. Epigr. p. 43. Man ſagt/ daß die Natur das Feld mit Blumen zieret/ Die Vogel/ und die Schaaf’ in Woll’ und Federn ſteckt Und wenn ein rauher Nord und wilder Oſt regiret Uns in die Kleider huͤlt/ und durch die Kunſt bedeckt. Wie Z 3

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Zitationshilfe: Celander [i. e. Gressel, Johann Georg]: Verliebte-Galante/ Sinn-Vermischte und Grab-Gedichte. Hamburg u. a., 1716, S. 357. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gressel_grabgedichte_1716/375>, abgerufen am 29.04.2024.