Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grillparzer, Franz: Sappho. Trauerspiel in fünf Aufzügen. Wien, 1819.

Bild:
<< vorherige Seite
(Den Kranz wieder aufsetzend.)
Es schmähe nicht den Ruhm, wer ihn besitzt,
Er ist kein leer-bedeutungsloser Schall,
Mit Götterkraft erfüllet sein Berühren!
Wohl mir! Ich bin so arm nicht! Seinem Reichthum
Kann gleichen Reichthum ich entgegen setzen,
Der Gegenwart mir dargeboth'nem Kranz
Die Blüthen der Vergangenheit und Zukunft!
Du staunst, Melitta, und verstehst mich nicht? --
Wohl dir! o lerne nimmer mich verstehen!
Melitta.
Zürnst du?
Sappho.
Nicht doch, nicht doch, mein liebes Kind!
Geh zu den Andern jetzt, und sag' mir's an,
Wenn dein Gebiether wünscht mich zu empfangen.

(Melitta ab.)
Sechster Auftritt.
Sappho allein.
(Sie legt, in Gedanken versunken, die Stirn in die
Hand, dann setzt sie sich auf die Rasenbank und nimmt
die Leyer in den Arm, das Folgende mit einzelnen
Akkorden begleitend.)

Golden-thronende Aphrodite
Listenersinnende Tochter des Zeus,
(Den Kranz wieder aufſetzend.)
Es ſchmähe nicht den Ruhm, wer ihn beſitzt,
Er iſt kein leer-bedeutungsloſer Schall,
Mit Götterkraft erfüllet ſein Berühren!
Wohl mir! Ich bin ſo arm nicht! Seinem Reichthum
Kann gleichen Reichthum ich entgegen ſetzen,
Der Gegenwart mir dargeboth'nem Kranz
Die Blüthen der Vergangenheit und Zukunft!
Du ſtaunſt, Melitta, und verſtehſt mich nicht? —
Wohl dir! o lerne nimmer mich verſtehen!
Melitta.
Zürnſt du?
Sappho.
Nicht doch, nicht doch, mein liebes Kind!
Geh zu den Andern jetzt, und ſag' mir's an,
Wenn dein Gebiether wünſcht mich zu empfangen.

(Melitta ab.)
Sechster Auftritt.
Sappho allein.
(Sie legt, in Gedanken verſunken, die Stirn in die
Hand, dann ſetzt ſie ſich auf die Raſenbank und nimmt
die Leyer in den Arm, das Folgende mit einzelnen
Akkorden begleitend.)

Golden-thronende Aphrodite
Liſtenerſinnende Tochter des Zeus,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#SAP">
            <pb facs="#f0034" n="24"/>
            <stage>(Den Kranz wieder auf&#x017F;etzend.)</stage><lb/>
            <p>Es &#x017F;chmähe nicht den Ruhm, wer ihn be&#x017F;itzt,<lb/>
Er i&#x017F;t kein leer-bedeutungslo&#x017F;er Schall,<lb/>
Mit Götterkraft erfüllet &#x017F;ein Berühren!<lb/>
Wohl mir! Ich bin &#x017F;o arm nicht! Seinem Reichthum<lb/>
Kann gleichen Reichthum ich entgegen &#x017F;etzen,<lb/>
Der Gegenwart mir dargeboth'nem Kranz<lb/>
Die Blüthen der Vergangenheit und Zukunft!<lb/>
Du &#x017F;taun&#x017F;t, Melitta, und ver&#x017F;teh&#x017F;t mich nicht? &#x2014;<lb/>
Wohl dir! o lerne nimmer mich ver&#x017F;tehen!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MEL">
            <speaker><hi rendition="#g">Melitta</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Zürn&#x017F;t du?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SAP">
            <speaker><hi rendition="#g">Sappho</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Nicht doch, nicht doch, mein liebes Kind!<lb/>
Geh zu den Andern jetzt, und &#x017F;ag' mir's an,<lb/>
Wenn dein Gebiether wün&#x017F;cht mich zu empfangen.</p><lb/>
            <stage>(<hi rendition="#g">Melitta</hi> ab.)</stage>
          </sp>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Sechster Auftritt</hi>.</head><lb/>
          <sp who="#SAP">
            <speaker> <hi rendition="#g">Sappho</hi> </speaker>
            <stage>allein.</stage><lb/>
            <stage>(Sie legt, in Gedanken ver&#x017F;unken, die Stirn in die<lb/>
Hand, dann &#x017F;etzt &#x017F;ie &#x017F;ich auf die Ra&#x017F;enbank und nimmt<lb/>
die Leyer in den Arm, das Folgende mit einzelnen<lb/>
Akkorden begleitend.)</stage><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l>Golden-thronende Aphrodite</l><lb/>
                <l>Li&#x017F;tener&#x017F;innende Tochter des Zeus,</l><lb/>
                <l>
</l>
              </lg>
            </lg>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[24/0034] (Den Kranz wieder aufſetzend.) Es ſchmähe nicht den Ruhm, wer ihn beſitzt, Er iſt kein leer-bedeutungsloſer Schall, Mit Götterkraft erfüllet ſein Berühren! Wohl mir! Ich bin ſo arm nicht! Seinem Reichthum Kann gleichen Reichthum ich entgegen ſetzen, Der Gegenwart mir dargeboth'nem Kranz Die Blüthen der Vergangenheit und Zukunft! Du ſtaunſt, Melitta, und verſtehſt mich nicht? — Wohl dir! o lerne nimmer mich verſtehen! Melitta. Zürnſt du? Sappho. Nicht doch, nicht doch, mein liebes Kind! Geh zu den Andern jetzt, und ſag' mir's an, Wenn dein Gebiether wünſcht mich zu empfangen. (Melitta ab.) Sechster Auftritt. Sappho allein. (Sie legt, in Gedanken verſunken, die Stirn in die Hand, dann ſetzt ſie ſich auf die Raſenbank und nimmt die Leyer in den Arm, das Folgende mit einzelnen Akkorden begleitend.) Golden-thronende Aphrodite Liſtenerſinnende Tochter des Zeus,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_sappho_1819
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_sappho_1819/34
Zitationshilfe: Grillparzer, Franz: Sappho. Trauerspiel in fünf Aufzügen. Wien, 1819, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grillparzer_sappho_1819/34>, abgerufen am 05.10.2024.