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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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II. bildung des particip. praeteriti.
Die vier übrigen conjugg. drücken die vergangenheit
auch am part. durch ablaut der wurzel aus und zwar
die eilfte verleiht ihm eigenthümlichen, vom ablaut des
ind. verschiedenen (numans, nomaner); die achte, neunte,
zwolfte laßen ihm den des plur. praet. (gripans, gutans,
bundans, vaurpans). Man merke, daß das part. praet.
überall kurzvocalisch ist. außer wo es in reduplicieren-
der conj. das au, ai, e des praes. besitzt. Soviel vom
ab -oder nichtablaut des part. praet.; was die hinzutre-
tende flexion betrifft, so lautet sie 1) goth. -an [abwei-
chend scheint nur fulgin krupton Matth. 10, 26. Marc.
4, 22. Luc. 8, 17. gafulgin kekrummenon Luc. 18, 34. 19,
42. von einem oben s. 842. nicht angeführten filgan, falg,
fulgun, davon nur II. praet. sg. affalht apekrupsas (für
falgt, wie aiht f. aigt) aus Luc. 10, 21. nachzuweisen
steht; von der adj. bildung -ein ist dieses -in verschie-
den, so wie der stamm filgan von filhan, commendare,
part. fulhans; vgl. das altn. fela in conj. XI.]. 2) alth.
an [giwagon O. I. 3, 72: wißagon steht dem reime zu
lieb f. giwagan; verschiedenemahl setzt O. -inu f. -anu,
als: gihaltinu IV. 29, 32. giwebinu IV. 29, 28; doch 28,
16. steht giwebanu] welches allmählig zu -en wird, N.
braucht entschieden -en [bei T. scheinen viele -en assi-
milation, z. b. 244. erhabenen, während unflectiert er-
haban, nicht erhaben gilt. wiewohl der text schwankt,
z. b. 185, 12. worphanemo, nicht worphenemo] --
3) das mittelh. -en syncopiert sein e nach den bekann-
ten grundsätzen (varn, korn, holn, born); neuh. unter-
bleiben diese syncopen mit der stummheit (varen, ko-
ren, holen, boren). -- 4) altn. -inn (f. inr) niemahls
-ann; weil kein umlaut folgt (alinn, fallinn, latinn,
runninn etc. nicht elinn, fellinn, laetinn, rynninn; denn
ekinn, dreginn, fenginn haben andern grund) unorga-
nisch und dem -idh f. adh (s. 912.) analog. -- 5) angels.
-en, ob zunächst aus -an oder -in entspringend? läßt
sich nicht bestimmen, doch ersteres als wahrscheinlicher
annehmen. -- 6) niederl. engl. schwed. dän. -en.

Das part. praet. schwacher conj. wird, analog dem
praet. ind. durch ein hinzugefügtes d oder t gebildet:
1) goth. d, das aber auslautend und vor s zu th wird,
der vorausstehende ableitungsvocal leidet keine weg-
laßung: nasiths, branniths, salboths, habaiths; fem. nasida,
brannida, salboda, habaida; neutr. nasi[th] oder nasidata,
brannith oder brannidata etc. -- 2) alth. t, aus -und in
inlautend, neriter, salpoter, hapeter. Der ableitungs-

S s s

II. bildung des particip. praeteriti.
Die vier übrigen conjugg. drücken die vergangenheit
auch am part. durch ablaut der wurzel aus und zwar
die eilfte verleiht ihm eigenthümlichen, vom ablaut des
ind. verſchiedenen (numans, nomanêr); die achte, neunte,
zwôlfte laßen ihm den des plur. praet. (gripans, gutans,
bundans, vaúrpans). Man merke, daß das part. praet.
überall kurzvocaliſch iſt. außer wo es in reduplicieren-
der conj. das áu, ai, ê des praeſ. beſitzt. Soviel vom
ab -oder nichtablaut des part. praet.; was die hinzutre-
tende flexion betrifft, ſo lautet ſie 1) goth. -an [abwei-
chend ſcheint nur fulgin κρυπτὸν Matth. 10, 26. Marc.
4, 22. Luc. 8, 17. gafulgin κεκρυμμένον Luc. 18, 34. 19,
42. von einem oben ſ. 842. nicht angeführten filgan, falg,
fulgun, davon nur II. praet. ſg. affalht ἀπέκρυψας (für
falgt, wie aiht f. áigt) aus Luc. 10, 21. nachzuweiſen
ſteht; von der adj. bildung -ein iſt dieſes -in verſchie-
den, ſo wie der ſtamm filgan von filhan, commendare,
part. fulhans; vgl. das altn. fëla in conj. XI.]. 2) alth.
an [giwagon O. I. 3, 72: wiƷagôn ſteht dem reime zu
lieb f. giwagan; verſchiedenemahl ſetzt O. -inu f. -anu,
als: gihaltinu IV. 29, 32. giwëbinu IV. 29, 28; doch 28,
16. ſteht giwëbanu] welches allmählig zu -en wird, N.
braucht entſchieden -en [bei T. ſcheinen viele -en aſſi-
milation, z. b. 244. erhabênen, während unflectiert er-
haban, nicht erhaben gilt. wiewohl der text ſchwankt,
z. b. 185, 12. worphanemo, nicht worphenemo] —
3) das mittelh. -en ſyncopiert ſein e nach den bekann-
ten grundſätzen (varn, korn, holn, born); neuh. unter-
bleiben dieſe ſyncopen mit der ſtummheit (vâren, kô-
ren, hôlen, bôren). — 4) altn. -inn (f. inr) niemahls
-ann; weil kein umlaut folgt (alinn, fallinn, lâtinn,
runninn etc. nicht elinn, fellinn, lætinn, rynninn; denn
ekinn, dreginn, fenginn haben andern grund) unorga-
niſch und dem -idh f. adh (ſ. 912.) analog. — 5) angelſ.
-en, ob zunächſt aus -an oder -in entſpringend? läßt
ſich nicht beſtimmen, doch erſteres als wahrſcheinlicher
annehmen. — 6) niederl. engl. ſchwed. dän. -en.

Das part. praet. ſchwacher conj. wird, analog dem
praet. ind. durch ein hinzugefügtes d oder t gebildet:
1) goth. d, das aber auslautend und vor s zu þ wird,
der vorausſtehende ableitungsvocal leidet keine weg-
laßung: naſiþs, branniþs, ſalbôþs, habáiþs; fem. naſida,
brannida, ſalbôda, habáida; neutr. naſi[þ] oder naſidata,
branniþ oder brannidata etc. — 2) alth. t, aus -und in
inlautend, neritèr, ſalpôtêr, hapêtêr. Der ableitungs-

S s s
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[1009/1035] II. bildung des particip. praeteriti. Die vier übrigen conjugg. drücken die vergangenheit auch am part. durch ablaut der wurzel aus und zwar die eilfte verleiht ihm eigenthümlichen, vom ablaut des ind. verſchiedenen (numans, nomanêr); die achte, neunte, zwôlfte laßen ihm den des plur. praet. (gripans, gutans, bundans, vaúrpans). Man merke, daß das part. praet. überall kurzvocaliſch iſt. außer wo es in reduplicieren- der conj. das áu, ai, ê des praeſ. beſitzt. Soviel vom ab -oder nichtablaut des part. praet.; was die hinzutre- tende flexion betrifft, ſo lautet ſie 1) goth. -an [abwei- chend ſcheint nur fulgin κρυπτὸν Matth. 10, 26. Marc. 4, 22. Luc. 8, 17. gafulgin κεκρυμμένον Luc. 18, 34. 19, 42. von einem oben ſ. 842. nicht angeführten filgan, falg, fulgun, davon nur II. praet. ſg. affalht ἀπέκρυψας (für falgt, wie aiht f. áigt) aus Luc. 10, 21. nachzuweiſen ſteht; von der adj. bildung -ein iſt dieſes -in verſchie- den, ſo wie der ſtamm filgan von filhan, commendare, part. fulhans; vgl. das altn. fëla in conj. XI.]. 2) alth. an [giwagon O. I. 3, 72: wiƷagôn ſteht dem reime zu lieb f. giwagan; verſchiedenemahl ſetzt O. -inu f. -anu, als: gihaltinu IV. 29, 32. giwëbinu IV. 29, 28; doch 28, 16. ſteht giwëbanu] welches allmählig zu -en wird, N. braucht entſchieden -en [bei T. ſcheinen viele -en aſſi- milation, z. b. 244. erhabênen, während unflectiert er- haban, nicht erhaben gilt. wiewohl der text ſchwankt, z. b. 185, 12. worphanemo, nicht worphenemo] — 3) das mittelh. -en ſyncopiert ſein e nach den bekann- ten grundſätzen (varn, korn, holn, born); neuh. unter- bleiben dieſe ſyncopen mit der ſtummheit (vâren, kô- ren, hôlen, bôren). — 4) altn. -inn (f. inr) niemahls -ann; weil kein umlaut folgt (alinn, fallinn, lâtinn, runninn etc. nicht elinn, fellinn, lætinn, rynninn; denn ekinn, dreginn, fenginn haben andern grund) unorga- niſch und dem -idh f. adh (ſ. 912.) analog. — 5) angelſ. -en, ob zunächſt aus -an oder -in entſpringend? läßt ſich nicht beſtimmen, doch erſteres als wahrſcheinlicher annehmen. — 6) niederl. engl. ſchwed. dän. -en. Das part. praet. ſchwacher conj. wird, analog dem praet. ind. durch ein hinzugefügtes d oder t gebildet: 1) goth. d, das aber auslautend und vor s zu þ wird, der vorausſtehende ableitungsvocal leidet keine weg- laßung: naſiþs, branniþs, ſalbôþs, habáiþs; fem. naſida, brannida, ſalbôda, habáida; neutr. naſiþ oder naſidata, branniþ oder brannidata etc. — 2) alth. t, aus -und in inlautend, neritèr, ſalpôtêr, hapêtêr. Der ableitungs- S s s

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 1009. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/1035>, abgerufen am 28.04.2024.