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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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I. althochdeutsche consonanten. gutturales.
während sonst 368 sehs und nicht sexs stehet; die
überfüllte schreibung gleicht seinem zs. und zss. Die
hauptsächlichsten beispiele von hs sind: ahsa (axis)
ahsala (scapula) wahs (cera) dahs (taxus) lahs (esox)
sahs (culter) fahs (capillus) flahs (linum) wahsan
(crescere) waltiwahso (nervus colli) hahsa (poples)
hahsinen (subnervare) sehs (sex) ihsil (stiria) rihsil-
stecko (retorta) weihsila (cerasum duracinum) deihsila
(temo) ohso (bos) fuhs (vulpes) luhs (lynx) uohsa
(ascella). Die sächs. und nord. ausstoßung des h
spürt sich (doch ohne gemination des s) in zesawer
(goth. taihsvs) und mist (maihstus); auch stehet M. 327.
hasneta f. hahsneta. Das goth. ahs (spica) lautet ahar
und von veihs (gen. veihsis) scheint das s abgeschnit-
ten, alth. weih (gen. weiches). In allen formen h[s]
scheint beinahe ein vocal dazwischen ausgefallen,
denn nach ahar (früher ahas?) dürfte man ein älteres
fuhas, fuhus, fuhes etc. muthmaßen; ich finde: nihu[s]
(crocodilus, d. h. waßergeist, nix) und mit k, nicht h
laut: akus, ackes (securis) O. also strengalth. achus oder
acchus. -- HT. 1) das goth. ht; nur einige beispiele:
ahta. slahta. wahta. zwahta (O. I. 3, 51.) ahto. maht. naht.
ambaht. peraht. forahta. hlahtar. reht. chneht. fehtan.
gesihtei. wiht. tohter. holoht und ähnl. endungen. genuht.
suht. truhtein. leiht. fauhtei. lioht etc. zumahl die praet.
mahta, tohta, dauhta, worahta. Daß auch dieses h (wie
im nord. unter gemination des t) ausgestoßen werden
könne, bezweifle ich, oder man müste chnet N. 62, 4.
für keinen schreibfehler halten. -- 2) ht aus einer
syncope entsprungen und dem goth. -kid entspre-
chend, das h folglich dem auslautenden h (in ih,
sprah etc.) gleich, welches aus goth. k (sprak) her-
stammt. Hierher gehören nur die beiden fälle ruahta
(curavit) und suahta (quaesivit) st. ruahhita, suahhita
(goth. sokida), allein im mittelh. mehren sie sich.
Und manche der unter 1. angegebenen ht, obgleich
sie bereits der Gothe kennt, gründen sich auf ähn-
liche syncopen, nämlich worahta, dauhta, reht etc.
scheinen ein früheres worakita, dunkita, rekit zu er-
fordern, dergleichen freilich nicht mehr nachzuwei-
sen stehen (oben s. 190. 191.).


I. althochdeutſche conſonanten. gutturales.
während ſonſt 368 ſëhs und nicht ſëxſ ſtehet; die
überfüllte ſchreibung gleicht ſeinem zſ. und zſſ. Die
hauptſächlichſten beiſpiele von hſ ſind: ahſa (axis)
ahſala (ſcapula) wahs (cera) dahs (taxus) lahs (eſox)
ſahs (culter) fahs (capillus) flahs (linum) wahſan
(creſcere) waltiwahſo (nervus colli) hahſa (poples)
hahſinên (ſubnervare) ſëhs (ſex) ihſil (ſtiria) rihſil-
ſtecko (retorta) wîhſila (ceraſum duracinum) dîhſila
(temo) ohſo (bos) fuhs (vulpes) luhs (lynx) uohſa
(aſcella). Die ſächſ. und nord. ausſtoßung des h
ſpürt ſich (doch ohne gemination des ſ) in zëſawêr
(goth. taihſvs) und miſt (maihſtus); auch ſtehet M. 327.
haſnêta f. hahſnêta. Das goth. ahs (ſpica) lautet ahar
und von veihs (gen. veihſis) ſcheint das ſ abgeſchnit-
ten, alth. wîh (gen. wîches). In allen formen h[ſ]
ſcheint beinahe ein vocal dazwiſchen ausgefallen,
denn nach ahar (früher ahas?) dürfte man ein älteres
fuhas, fuhus, fuhes etc. muthmaßen; ich finde: nihu[ſ]
(crocodilus, d. h. waßergeiſt, nix) und mit k, nicht h
laut: akus, ackes (ſecuris) O. alſo ſtrengalth. achus oder
acchus. — HT. 1) das goth. ht; nur einige beiſpiele:
ahta. ſlahta. wahta. zwahta (O. I. 3, 51.) ahtô. maht. naht.
ambaht. përaht. forahta. hlahtar. rëht. chnëht. fëhtan.
geſihtî. wiht. tohter. holoht und ähnl. endungen. genuht.
ſuht. truhtîn. lîht. fûhtî. lioht etc. zumahl die praet.
mahta, tohta, dûhta, worahta. Daß auch dieſes h (wie
im nord. unter gemination des t) ausgeſtoßen werden
könne, bezweifle ich, oder man müſte chnët N. 62, 4.
für keinen ſchreibfehler halten. — 2) ht aus einer
ſyncope entſprungen und dem goth. -kid entſpre-
chend, das h folglich dem auslautenden h (in ih,
ſprah etc.) gleich, welches aus goth. k (ſprak) her-
ſtammt. Hierher gehören nur die beiden fälle ruahta
(curavit) und ſuahta (quaeſivit) ſt. ruahhita, ſuahhita
(goth. ſôkida), allein im mittelh. mehren ſie ſich.
Und manche der unter 1. angegebenen ht, obgleich
ſie bereits der Gothe kennt, gründen ſich auf ähn-
liche ſyncopen, nämlich worahta, dûhta, rëht etc.
ſcheinen ein früheres worakita, dunkita, rëkit zu er-
fordern, dergleichen freilich nicht mehr nachzuwei-
ſen ſtehen (oben ſ. 190. 191.).


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[197/0223] I. althochdeutſche conſonanten. gutturales. während ſonſt 368 ſëhs und nicht ſëxſ ſtehet; die überfüllte ſchreibung gleicht ſeinem zſ. und zſſ. Die hauptſächlichſten beiſpiele von hſ ſind: ahſa (axis) ahſala (ſcapula) wahs (cera) dahs (taxus) lahs (eſox) ſahs (culter) fahs (capillus) flahs (linum) wahſan (creſcere) waltiwahſo (nervus colli) hahſa (poples) hahſinên (ſubnervare) ſëhs (ſex) ihſil (ſtiria) rihſil- ſtecko (retorta) wîhſila (ceraſum duracinum) dîhſila (temo) ohſo (bos) fuhs (vulpes) luhs (lynx) uohſa (aſcella). Die ſächſ. und nord. ausſtoßung des h ſpürt ſich (doch ohne gemination des ſ) in zëſawêr (goth. taihſvs) und miſt (maihſtus); auch ſtehet M. 327. haſnêta f. hahſnêta. Das goth. ahs (ſpica) lautet ahar und von veihs (gen. veihſis) ſcheint das ſ abgeſchnit- ten, alth. wîh (gen. wîches). In allen formen hſ ſcheint beinahe ein vocal dazwiſchen ausgefallen, denn nach ahar (früher ahas?) dürfte man ein älteres fuhas, fuhus, fuhes etc. muthmaßen; ich finde: nihuſ (crocodilus, d. h. waßergeiſt, nix) und mit k, nicht h laut: akus, ackes (ſecuris) O. alſo ſtrengalth. achus oder acchus. — HT. 1) das goth. ht; nur einige beiſpiele: ahta. ſlahta. wahta. zwahta (O. I. 3, 51.) ahtô. maht. naht. ambaht. përaht. forahta. hlahtar. rëht. chnëht. fëhtan. geſihtî. wiht. tohter. holoht und ähnl. endungen. genuht. ſuht. truhtîn. lîht. fûhtî. lioht etc. zumahl die praet. mahta, tohta, dûhta, worahta. Daß auch dieſes h (wie im nord. unter gemination des t) ausgeſtoßen werden könne, bezweifle ich, oder man müſte chnët N. 62, 4. für keinen ſchreibfehler halten. — 2) ht aus einer ſyncope entſprungen und dem goth. -kid entſpre- chend, das h folglich dem auslautenden h (in ih, ſprah etc.) gleich, welches aus goth. k (ſprak) her- ſtammt. Hierher gehören nur die beiden fälle ruahta (curavit) und ſuahta (quaeſivit) ſt. ruahhita, ſuahhita (goth. ſôkida), allein im mittelh. mehren ſie ſich. Und manche der unter 1. angegebenen ht, obgleich ſie bereits der Gothe kennt, gründen ſich auf ähn- liche ſyncopen, nämlich worahta, dûhta, rëht etc. ſcheinen ein früheres worakita, dunkita, rëkit zu er- fordern, dergleichen freilich nicht mehr nachzuwei- ſen ſtehen (oben ſ. 190. 191.).

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/223>, abgerufen am 07.05.2024.