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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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I. altnordische consonanten. linguales.
Biörns wörterb. keine einzige in- und auslautende lin-
gualasp. anzutressen, vielmehr blindr. kaldr. breidr (goth.
blinds. kalds. braids) sowohl als eidr. iörd, iardar. mord
(goth. aiths. airtha. maurthr) geschrieben. Beide in- und
auslaute scheinen darum schwer zu unterscheiden. Ein
hülfsmittel könnte zwar die analogie der übrigen spra-
chen darbieten, nämlich d. hätte dem goth. sächs. d. und
alth. t; hingegen dh. dem goth. th. sächs. dh. alth. d.
zu entsprechen. Hiernach wäre unbedenklich eidhr.
iördh. mordh. zu schreiben. Abgesehen davon, daß
diese regel nicht für alle einzelnen fälle ausreicht, da
die reiche nord. mundart oft kein paralleles wort in
den andern findet, ferner davon, daß jene sprachen
selbst wohl zwischen med. und asp. schwanken; lehren
die besten altn. hss. einen abweichenden positiven grund-
satz, der nur zuweilen obiger analogie begegnet. Näm-
lich die med. stehet in- und ausl. nur nach l. m. n.
(es seyen nun wirkliche verbindungen ld. nd. oder
bloße zus. schiebungen l'd. m'd. n'd.) desgl. in der ge-
min. dd; -- die asp. aber nach allen vocalen und den
cons. r. f. g. (Rask §. 33. 34.) *). Hiernach müste folg-
lich: blindr. kaldr, aber breidhr wie eidhr. iördh.
mordh. geschrieben werden, weiter: odhinn, vadha,
godhr, hugdhi etc. so sehr das alth. wuotan, watan,
guat, hugita und das angels. voden, vadan, god zu
odinn, vada, godr, hugdi riethen. Indessen vergleiche
man in den eddischen schriftproben (hym. 3.) hugdhi.
(grimn. 42.) odhinn (49.) ordhinn (42.) skallda (49.)
dulda und Rasks ausgaben **), auch den vidal. cod. der
völuspa; die copenhag. edda schwankt regellos zwischen
d und th. Vielleicht ließe sich, wenn ältere hss. vor-
handen wären. der gebrauch widerlegen und die der
analogie gemäße regel retten. Die goth. verbindungen
rd und rth fallen namentlich zusammen, weil nicht al-
lein mordh. iördh. sondern auch hardhr. ordh (verbum)
geschrieben wird (st. des organischen hardr. ord?). Der
vermischung von nd und nth; ld und lth ist vorgebeugt,
indem nd. ld. bleiben, nth. lth aber zu nn. ll. werden.
Gehen aber vocale voraus, so ist alle vergleichung der

*) Nach p. t. k. stehet wiederum die ten. t. (unten schluß-
b merkungen).
**) Mit einzelnen ausuahmen, z. b. hamthir st. hamdir; lam-
than 256a st. lamdan; weil nach §. 34. (am ende) ldh. mdh.
alterthümlich sind.

I. altnordiſche conſonanten. linguales.
Biörns wörterb. keine einzige in- und auslautende lin-
gualaſp. anzutreſſen, vielmehr blindr. kaldr. breidr (goth.
blinds. kalds. bráids) ſowohl als eidr. iörd, iardar. mord
(goth. áiþs. aírþa. maúrþr) geſchrieben. Beide in- und
auslaute ſcheinen darum ſchwer zu unterſcheiden. Ein
hülfsmittel könnte zwar die analogie der übrigen ſpra-
chen darbieten, nämlich d. hätte dem goth. ſächſ. d. und
alth. t; hingegen dh. dem goth. þ. ſächſ. dh. alth. d.
zu entſprechen. Hiernach wäre unbedenklich eidhr.
iördh. mordh. zu ſchreiben. Abgeſehen davon, daß
dieſe règel nicht für alle einzelnen fälle ausreicht, da
die reiche nord. mundart oft kein paralleles wort in
den andern findet, ferner davon, daß jene ſprachen
ſelbſt wohl zwiſchen med. und aſp. ſchwanken; lehren
die beſten altn. hſſ. einen abweichenden poſitiven grund-
ſatz, der nur zuweilen obiger analogie begegnet. Näm-
lich die med. ſtehet in- und ausl. nur nach l. m. n.
(es ſeyen nun wirkliche verbìndungen ld. nd. oder
bloße zuſ. ſchiebungen l’d. m’d. n’d.) desgl. in der ge-
min. dd; — die aſp. aber nach allen vocalen und den
conſ. r. f. g. (Raſk §. 33. 34.) *). Hiernach müſte folg-
lich: blindr. kaldr, aber breidhr wie eidhr. iördh.
mordh. geſchrieben werden, weiter: ôdhinn, vadha,
gôdhr, hugdhi etc. ſo ſehr das alth. wuotan, watan,
guat, hugita und das angelſ. vôden, vadan, gôd zu
ôdinn, vada, gôdr, hugdi riethen. Indeſſen vergleiche
man in den eddiſchen ſchriftproben (hŷm. 3.) hugdhi.
(grimn. 42.) ôdhinn (49.) ordhinn (42.) ſkallda (49.)
dulda und Raſks ausgaben **), auch den vidal. cod. der
völuſpâ; die copenhag. edda ſchwankt regellos zwiſchen
d und þ. Vielleicht ließe ſich, wenn ältere hſſ. vor-
handen wären. der gebrauch widerlegen und die der
analogie gemäße regel retten. Die goth. verbindungen
rd und rþ fallen namentlich zuſammen, weil nicht al-
lein mordh. iördh. ſondern auch hardhr. ordh (verbum)
geſchrieben wird (ſt. des organiſchen hardr. ord?). Der
vermiſchung von nd und nþ; ld und lþ iſt vorgebeugt,
indem nd. ld. bleiben, nþ. lþ aber zu nn. ll. werden.
Gehen aber vocale voraus, ſo iſt alle vergleichung der

*) Nach p. t. k. ſtehet wiederum die ten. t. (unten ſchluß-
b merkungen).
**) Mit einzelnen ausuahmen, z. b. hamþir ſt. hamdir; lam-
þan 256a ſt. lamdan; weil nach §. 34. (am ende) ldh. mdh.
alterthümlich ſind.
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[315/0341] I. altnordiſche conſonanten. linguales. Biörns wörterb. keine einzige in- und auslautende lin- gualaſp. anzutreſſen, vielmehr blindr. kaldr. breidr (goth. blinds. kalds. bráids) ſowohl als eidr. iörd, iardar. mord (goth. áiþs. aírþa. maúrþr) geſchrieben. Beide in- und auslaute ſcheinen darum ſchwer zu unterſcheiden. Ein hülfsmittel könnte zwar die analogie der übrigen ſpra- chen darbieten, nämlich d. hätte dem goth. ſächſ. d. und alth. t; hingegen dh. dem goth. þ. ſächſ. dh. alth. d. zu entſprechen. Hiernach wäre unbedenklich eidhr. iördh. mordh. zu ſchreiben. Abgeſehen davon, daß dieſe règel nicht für alle einzelnen fälle ausreicht, da die reiche nord. mundart oft kein paralleles wort in den andern findet, ferner davon, daß jene ſprachen ſelbſt wohl zwiſchen med. und aſp. ſchwanken; lehren die beſten altn. hſſ. einen abweichenden poſitiven grund- ſatz, der nur zuweilen obiger analogie begegnet. Näm- lich die med. ſtehet in- und ausl. nur nach l. m. n. (es ſeyen nun wirkliche verbìndungen ld. nd. oder bloße zuſ. ſchiebungen l’d. m’d. n’d.) desgl. in der ge- min. dd; — die aſp. aber nach allen vocalen und den conſ. r. f. g. (Raſk §. 33. 34.) *). Hiernach müſte folg- lich: blindr. kaldr, aber breidhr wie eidhr. iördh. mordh. geſchrieben werden, weiter: ôdhinn, vadha, gôdhr, hugdhi etc. ſo ſehr das alth. wuotan, watan, guat, hugita und das angelſ. vôden, vadan, gôd zu ôdinn, vada, gôdr, hugdi riethen. Indeſſen vergleiche man in den eddiſchen ſchriftproben (hŷm. 3.) hugdhi. (grimn. 42.) ôdhinn (49.) ordhinn (42.) ſkallda (49.) dulda und Raſks ausgaben **), auch den vidal. cod. der völuſpâ; die copenhag. edda ſchwankt regellos zwiſchen d und þ. Vielleicht ließe ſich, wenn ältere hſſ. vor- handen wären. der gebrauch widerlegen und die der analogie gemäße regel retten. Die goth. verbindungen rd und rþ fallen namentlich zuſammen, weil nicht al- lein mordh. iördh. ſondern auch hardhr. ordh (verbum) geſchrieben wird (ſt. des organiſchen hardr. ord?). Der vermiſchung von nd und nþ; ld und lþ iſt vorgebeugt, indem nd. ld. bleiben, nþ. lþ aber zu nn. ll. werden. Gehen aber vocale voraus, ſo iſt alle vergleichung der *) Nach p. t. k. ſtehet wiederum die ten. t. (unten ſchluß- b merkungen). **) Mit einzelnen ausuahmen, z. b. hamþir ſt. hamdir; lam- þan 256a ſt. lamdan; weil nach §. 34. (am ende) ldh. mdh. alterthümlich ſind.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/341>, abgerufen am 07.05.2024.