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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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I. mittelhochdeutsche consonanten. liquidae.
ken (scintillis) kranken (aegrotum) franken (franci) blan-
ken (albis) lanke (latus) anker (anchora) enkel (talus)
schenkel (poples) benke (scamna) schenken (donare) ge-
lenke (articulus) trinken. hinken. sinken. winken. pin-
ken (scintillare kolocz 278.) rinke (fibula) vinke (frin-
gilla) vlinke (squamula aeris splendentis) zinke (dens,
cornu) tunke (abysso) unke (serpenti) dünken (videri)
dunkel (obsc.) karfunkel. kunkel (colus). -- Schwierig-
keit entspringt bei dem zungenlaut; nach der theorie
sollte, den auslaut t sowohl für das goth. d als für th
zugegeben, in jenem fall der mittelh. inlaut t bleiben,
in diesem zur med. d werden, es folglich heißen alter
(alds) herte (hardus) ente (andeis) und balder (audax)
werder (vairths) finden (finthan). Allein die mittelh.
mundart vermag nicht, was schon die alth. nicht mehr
vermochte (vgl. s. 160.); den zweiten theil der regel be-
achtet sie genan und schreibt niemahls balter, werter,
finten, hingegen drängen sich häufig inlautende unorg.
d. statt t nach l. ein, schreibung und reime schwanken
zwischen ld. lt; rd und rt unterscheiden sich in der re-
gel fortdauernd; nach n hat sich d entschieden festge-
setzt, es gilt in deutscher labialverbindung fast kein
inlaut nt *), Das nähere werden die belege geben; übri-
gens vgl. man das angels. ld für ld und lth (s. 252.) so
wie das nord. rd für rd und rth (s. 315.). LD. LT. a) or-
ganische ld, wofür nie lt: nalde, (acus), nalden:
salden Herb. 44b gl. jun. 291., gewöhulich nadel, streng-
alth. nadala, bei T. 106. nalda) balde (mox) walde
(silva) halde (proclivitas) velde (campo) gevilde. melden
(prodere) wilde (silvestris) golde (auro) tolde (cacumen
arb.) holden (carum) solde (stipendio) dulde (festivitatis)
hulde (favor) schulde (debita) dulden (pati); keine wahre
verbindung ist in bilde (imago) helde (heroes) bevilde
(sepultura) etc. aber auch in ihnen ld. nothwendig. b)
org. lt, abwechselnd mit unorg. ld: alten (senescere)
erkalten (frigescere) halten. schalten. walten. valten.
spalten. spelte (tabula) zwispilten (duplicare) gelten.
schelten. selten. schilte (clypeo) milte (largus) molte
(terra). Das ausnahmsweise ld belegen folgende reime

*) Wohlverstanden 1) in deutschen wörtern, fremde können
ihr nt behalten, als presente, fundamente. 2) in wirkli-
chen verbindungen; berührt durch syncope ein t das n,
so schwankts zwischen nt und nd (hiervon noch unten
beim ling, laut).

I. mittelhochdeutſche conſonanten. liquidae.
ken (ſcintillis) kranken (aegrotum) franken (franci) blan-
ken (albis) lanke (latus) anker (anchora) enkel (talus)
ſchenkel (poples) benke (ſcamna) ſchenken (donare) ge-
lenke (articulus) trinken. hinken. ſinken. winken. pin-
ken (ſcintillare kolocz 278.) rinke (fibula) vinke (frin-
gilla) vlinke (ſquamula aeris ſplendentis) zinke (dens,
cornu) tunke (abyſſo) unke (ſerpenti) dünken (videri)
dunkel (obſc.) karfunkel. kunkel (colus). — Schwierig-
keit entſpringt bei dem zungenlaut; nach der theorie
ſollte, den auslaut t ſowohl für das goth. d als für þ
zugegeben, in jenem fall der mittelh. inlaut t bleiben,
in dieſem zur med. d werden, es folglich heißen alter
(alds) herte (hardus) ente (andeis) und balder (audax)
wërder (vaírþs) finden (finþan). Allein die mittelh.
mundart vermag nicht, was ſchon die alth. nicht mehr
vermochte (vgl. ſ. 160.); den zweiten theil der regel be-
achtet ſie genan und ſchreibt niemahls balter, wërter,
finten, hingegen drängen ſich häufig inlautende unorg.
d. ſtatt t nach l. ein, ſchreibung und reime ſchwanken
zwiſchen ld. lt; rd und rt unterſcheiden ſich in der re-
gel fortdauernd; nach n hat ſich d entſchieden feſtge-
ſetzt, es gilt in deutſcher labialverbindung faſt kein
inlaut nt *), Das nähere werden die belege geben; übri-
gens vgl. man das angelſ. ld für ld und lþ (ſ. 252.) ſo
wie das nord. rd für rd und rþ (ſ. 315.). LD. LT. α) or-
ganiſche ld, wofür nie lt: nâlde, (acus), nâlden:
ſâlden Herb. 44b gl. jun. 291., gewöhulich nâdel, ſtreng-
alth. nâdala, bei T. 106. nâlda) balde (mox) walde
(ſilva) halde (proclivitas) vëlde (campo) gevilde. mëlden
(prodere) wilde (ſilveſtris) golde (auro) tolde (cacumen
arb.) holden (carum) ſolde (ſtipendio) dulde (feſtivitatis)
hulde (favor) ſchulde (debita) dulden (pati); keine wahre
verbindung iſt in bilde (imago) helde (heroes) bevilde
(ſepultura) etc. aber auch in ihnen ld. nothwendig. β)
org. lt, abwechſelnd mit unorg. ld: alten (ſeneſcere)
erkalten (frigeſcere) halten. ſchalten. walten. valten.
ſpalten. ſpëlte (tabula) zwiſpilten (duplicare) gëlten.
ſchëlten. ſëlten. ſchilte (clypeo) milte (largus) molte
(terra). Das ausnahmsweiſe ld belegen folgende reime

*) Wohlverſtanden 1) in deutſchen wörtern, fremde können
ihr nt behalten, als prêſënte, fundâmënte. 2) in wirkli-
chen verbindungen; berührt durch ſyncope ein t das n,
ſo ſchwankts zwiſchen nt und nd (hiervon noch unten
beim ling, laut).
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[393/0419] I. mittelhochdeutſche conſonanten. liquidae. ken (ſcintillis) kranken (aegrotum) franken (franci) blan- ken (albis) lanke (latus) anker (anchora) enkel (talus) ſchenkel (poples) benke (ſcamna) ſchenken (donare) ge- lenke (articulus) trinken. hinken. ſinken. winken. pin- ken (ſcintillare kolocz 278.) rinke (fibula) vinke (frin- gilla) vlinke (ſquamula aeris ſplendentis) zinke (dens, cornu) tunke (abyſſo) unke (ſerpenti) dünken (videri) dunkel (obſc.) karfunkel. kunkel (colus). — Schwierig- keit entſpringt bei dem zungenlaut; nach der theorie ſollte, den auslaut t ſowohl für das goth. d als für þ zugegeben, in jenem fall der mittelh. inlaut t bleiben, in dieſem zur med. d werden, es folglich heißen alter (alds) herte (hardus) ente (andeis) und balder (audax) wërder (vaírþs) finden (finþan). Allein die mittelh. mundart vermag nicht, was ſchon die alth. nicht mehr vermochte (vgl. ſ. 160.); den zweiten theil der regel be- achtet ſie genan und ſchreibt niemahls balter, wërter, finten, hingegen drängen ſich häufig inlautende unorg. d. ſtatt t nach l. ein, ſchreibung und reime ſchwanken zwiſchen ld. lt; rd und rt unterſcheiden ſich in der re- gel fortdauernd; nach n hat ſich d entſchieden feſtge- ſetzt, es gilt in deutſcher labialverbindung faſt kein inlaut nt *), Das nähere werden die belege geben; übri- gens vgl. man das angelſ. ld für ld und lþ (ſ. 252.) ſo wie das nord. rd für rd und rþ (ſ. 315.). LD. LT. α) or- ganiſche ld, wofür nie lt: nâlde, (acus), nâlden: ſâlden Herb. 44b gl. jun. 291., gewöhulich nâdel, ſtreng- alth. nâdala, bei T. 106. nâlda) balde (mox) walde (ſilva) halde (proclivitas) vëlde (campo) gevilde. mëlden (prodere) wilde (ſilveſtris) golde (auro) tolde (cacumen arb.) holden (carum) ſolde (ſtipendio) dulde (feſtivitatis) hulde (favor) ſchulde (debita) dulden (pati); keine wahre verbindung iſt in bilde (imago) helde (heroes) bevilde (ſepultura) etc. aber auch in ihnen ld. nothwendig. β) org. lt, abwechſelnd mit unorg. ld: alten (ſeneſcere) erkalten (frigeſcere) halten. ſchalten. walten. valten. ſpalten. ſpëlte (tabula) zwiſpilten (duplicare) gëlten. ſchëlten. ſëlten. ſchilte (clypeo) milte (largus) molte (terra). Das ausnahmsweiſe ld belegen folgende reime *) Wohlverſtanden 1) in deutſchen wörtern, fremde können ihr nt behalten, als prêſënte, fundâmënte. 2) in wirkli- chen verbindungen; berührt durch ſyncope ein t das n, ſo ſchwankts zwiſchen nt und nd (hiervon noch unten beim ling, laut).

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/419>, abgerufen am 23.05.2024.