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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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I. mittelhochdeutsche consonanten. linguales.
näher zu erwägen. Nach a ist sie (mit ausnahme des
eigennamens hatte:gestatte Karl 64a) wohl nirgends ein-
gedrungen, es heißt blat, blates; sat, sates, gesaten;
glat, glates; schate (umbra) state (opportunitas *)) va-
ter etc., natürlich, weil hier kein folgendes i auf die
verdoppelung wirkte; aus demselben grunde entschiedne
gem. nach e, als bette, wette, lette (argilla) erretten (eri-
pere) zetten (dissipare) doch mit ausnahme von bleter und
veter, welchetroj. 50c schmiede 1820 stumpf reimen (Wilh. 1,
120a veter:weter, doch Amur 13b etter:wetter klingend).
Nach e sonst kein tt, nur t, desto mehr schwanken
nach i. Beständig tt. haben bitter, zitter (tremor) smitte
(officina fabri); ritter mag sich im verlaufe des 13. jahrh.
entwickelt haben, warum mieden sonst die älteren dich-
ter den reim auf bitter? erst Conrad gebraucht ihn
(troj. 27a) und einige andere M. S. 1, 37a; freilich kommt
riter stumpfreimig auch nicht vor (? auf ungewiter)
und alte hss. wie der s. gall. Parc. schreiben ritter, der
giess. Iw., cöln. Wigal. aber riter. Früher und in der
regel galten gewiß mitte (medium) dritte (tertius) denn
beide sind schon alth., ausnahmsweise steht noch drite
(Maria 97. Wigam. 31b) und enmiten (Barl. 68. 337.
Amur 7a). Einfaches t gebührt den wörtern site (mos)
trites (gradus) snites (masc. segminis) snite (fem. buc-
cella) schrites (passus) **) rite (febris) bite (rogo) biten
(rogare in welchem wort man ein tt. erwarten sollte)
und überall den praet. liten, miten, striten, sniten etc.
Selten die klingenden formen bitten, sitten, gesnitten
(M. S. 1, 29a b) oben s. 384. Nach o haben tt die wör-
ter spot, spottes, spotten; rotte (lyra) rotte (agmen) otte
(n. pr.) wiewohl nicht durchgehends, Rudolf gebraucht

*) Versch. von stat, gen. stete (locus) und stat, stades (littus).
**) Die nom. schrite, trite, snite vermuthet Lachm. ausw.
XIX. XX. (Seifrite leuchtet mir wenig ein); den beweis
würde ein alth. scritu, tritu. snitu oder scriti, triti,
sniti führen; gl. mons. 327. sieht man nicht, ob scriti
passus sg. oder pl. seyn soll; gl. herr. 181b schrit (passus)
nicht schrite. Das stumme e scheint freilich in schrite,
trite, snite (wie gewöhnlich in site, alth. situ) aus dem
reim site, bite, mite (alth. miti) zu folgen, nur nicht mit
gewißheit, da ausnahmsweise sit und mit stehen (oben
s. 374.). Bei unapocopiertem e würde die rückkehrende
media snide entscheiden, nähme nicht der stamm sneiden
(s. 408.) nach kurzem i überall ten. an.
D d

I. mittelhochdeutſche conſonanten. linguales.
näher zu erwägen. Nach a iſt ſie (mit ausnahme des
eigennamens hatte:geſtatte Karl 64a) wohl nirgends ein-
gedrungen, es heißt blat, blates; ſat, ſates, geſaten;
glat, glates; ſchate (umbra) ſtate (opportunitas *)) va-
ter etc., natürlich, weil hier kein folgendes i auf die
verdoppelung wirkte; aus demſelben grunde entſchiedne
gem. nach e, als bette, wette, lette (argilla) erretten (eri-
pere) zetten (dissipare) doch mit ausnahme von bleter und
veter, welchetroj. 50c ſchmiede 1820 ſtumpf reimen (Wilh. 1,
120a veter:wëter, doch Amur 13b etter:wëtter klingend).
Nach ë ſonſt kein tt, nur t, deſto mehr ſchwanken
nach i. Beſtändig tt. haben bitter, zitter (tremor) ſmitte
(officina fabri); ritter mag ſich im verlaufe des 13. jahrh.
entwickelt haben, warum mieden ſonſt die älteren dich-
ter den reim auf bitter? erſt Conrad gebraucht ihn
(troj. 27a) und einige andere M. S. 1, 37a; freilich kommt
riter ſtumpfreimig auch nicht vor (? auf ungewiter)
und alte hſſ. wie der ſ. gall. Parc. ſchreiben ritter, der
gieſſ. Iw., cöln. Wigal. aber riter. Früher und in der
regel galten gewiß mitte (medium) dritte (tertius) denn
beide ſind ſchon alth., ausnahmsweiſe ſteht noch drite
(Maria 97. Wigam. 31b) und enmiten (Barl. 68. 337.
Amur 7a). Einfaches t gebührt den wörtern ſite (mos)
trites (gradus) ſnites (maſc. ſegminis) ſnite (fem. buc-
cella) ſchrites (paſſus) **) rite (febris) bite (rogo) biten
(rogare in welchem wort man ein tt. erwarten ſollte)
und überall den praet. liten, miten, ſtriten, ſniten etc.
Selten die klingenden formen bitten, ſitten, geſnitten
(M. S. 1, 29a b) oben ſ. 384. Nach o haben tt die wör-
ter ſpot, ſpottes, ſpotten; rotte (lyra) rotte (agmen) otte
(n. pr.) wiewohl nicht durchgehends, Rudolf gebraucht

*) Verſch. von ſtat, gen. ſtete (locus) und ſtat, ſtades (littus).
**) Die nom. ſchrite, trite, ſnite vermuthet Lachm. ausw.
XIX. XX. (Sîfrite leuchtet mir wenig ein); den beweis
würde ein alth. ſcritu, tritu. ſnitu oder ſcriti, triti,
ſniti führen; gl. monſ. 327. ſieht man nicht, ob ſcriti
paſſus ſg. oder pl. ſeyn ſoll; gl. herr. 181b ſchrit (paſſus)
nicht ſchrite. Das ſtumme e ſcheint freilich in ſchrite,
trite, ſnite (wie gewöhnlich in ſite, alth. ſitu) aus dem
reim ſite, bite, mite (alth. miti) zu folgen, nur nicht mit
gewißheit, da ausnahmsweiſe ſit und mit ſtehen (oben
ſ. 374.). Bei unapocopiertem e würde die rückkehrende
media ſnide entſcheiden, nähme nicht der ſtamm ſnîden
(ſ. 408.) nach kurzem i überall ten. an.
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[417/0443] I. mittelhochdeutſche conſonanten. linguales. näher zu erwägen. Nach a iſt ſie (mit ausnahme des eigennamens hatte:geſtatte Karl 64a) wohl nirgends ein- gedrungen, es heißt blat, blates; ſat, ſates, geſaten; glat, glates; ſchate (umbra) ſtate (opportunitas *)) va- ter etc., natürlich, weil hier kein folgendes i auf die verdoppelung wirkte; aus demſelben grunde entſchiedne gem. nach e, als bette, wette, lette (argilla) erretten (eri- pere) zetten (dissipare) doch mit ausnahme von bleter und veter, welchetroj. 50c ſchmiede 1820 ſtumpf reimen (Wilh. 1, 120a veter:wëter, doch Amur 13b etter:wëtter klingend). Nach ë ſonſt kein tt, nur t, deſto mehr ſchwanken nach i. Beſtändig tt. haben bitter, zitter (tremor) ſmitte (officina fabri); ritter mag ſich im verlaufe des 13. jahrh. entwickelt haben, warum mieden ſonſt die älteren dich- ter den reim auf bitter? erſt Conrad gebraucht ihn (troj. 27a) und einige andere M. S. 1, 37a; freilich kommt riter ſtumpfreimig auch nicht vor (? auf ungewiter) und alte hſſ. wie der ſ. gall. Parc. ſchreiben ritter, der gieſſ. Iw., cöln. Wigal. aber riter. Früher und in der regel galten gewiß mitte (medium) dritte (tertius) denn beide ſind ſchon alth., ausnahmsweiſe ſteht noch drite (Maria 97. Wigam. 31b) und enmiten (Barl. 68. 337. Amur 7a). Einfaches t gebührt den wörtern ſite (mos) trites (gradus) ſnites (maſc. ſegminis) ſnite (fem. buc- cella) ſchrites (paſſus) **) rite (febris) bite (rogo) biten (rogare in welchem wort man ein tt. erwarten ſollte) und überall den praet. liten, miten, ſtriten, ſniten etc. Selten die klingenden formen bitten, ſitten, geſnitten (M. S. 1, 29a b) oben ſ. 384. Nach o haben tt die wör- ter ſpot, ſpottes, ſpotten; rotte (lyra) rotte (agmen) otte (n. pr.) wiewohl nicht durchgehends, Rudolf gebraucht *) Verſch. von ſtat, gen. ſtete (locus) und ſtat, ſtades (littus). **) Die nom. ſchrite, trite, ſnite vermuthet Lachm. ausw. XIX. XX. (Sîfrite leuchtet mir wenig ein); den beweis würde ein alth. ſcritu, tritu. ſnitu oder ſcriti, triti, ſniti führen; gl. monſ. 327. ſieht man nicht, ob ſcriti paſſus ſg. oder pl. ſeyn ſoll; gl. herr. 181b ſchrit (paſſus) nicht ſchrite. Das ſtumme e ſcheint freilich in ſchrite, trite, ſnite (wie gewöhnlich in ſite, alth. ſitu) aus dem reim ſite, bite, mite (alth. miti) zu folgen, nur nicht mit gewißheit, da ausnahmsweiſe ſit und mit ſtehen (oben ſ. 374.). Bei unapocopiertem e würde die rückkehrende media ſnide entſcheiden, nähme nicht der ſtamm ſnîden (ſ. 408.) nach kurzem i überall ten. an. D d

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/443>, abgerufen am 05.05.2024.