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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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I. mittelhochdeutsche consonanten. gutturales.
kriahhei verwandelt worden (selbst im angels. neben gre-
cas crecas vgl. oben s. 237. not.; im roman. wohl mei-
stens mit g. Roquef. 1, 713a) dies kr. wurde bei O. nicht
wieder zu gr. aber bei N. zu chr (68, 35. chriechisc)
mittelh. hss. schwanken zwischen kr. und chr, vgl. Nib.
5369. chriechen, Parc. 80c. Ebenso entspringt chriemhilt
und chutraun aus grimbilt und gutraun durch ein vermit-
telndes k; schon ein dipl. bei Neugart n° 525. vom j. 881.
hat die form chriembilt, die veränderung des i in ie
(wie bei chriechen, nord. grickir) verdunkelte den ur-
sprung, ob im nord. grimhildr oder grimhildr zu schrei-
ben sey, laße ich hier unentschieden. Auch bei gudraun,
godrun wechselt der nord. vocal, vielleicht ist godraun
und dann im hochd. guotraun richtig, worans sich die
falsche schreibung choutraun, chautraun verständigte. In
christ blieb der org. asp. überall ungeändert und bloß
die sächs. und nord. mundart führte ihr kr. ein *) --
3) das c. romanischer wörter wurde durch die deutsche
ten. wiedergegeben und gerne c, aber auch k geschrie-
ben, z. b. cunneware (das nord. gunnvör) kappe, keie,
condauwieren, castel etc. bot, oft in denselben wörtern die
rom. mundart ein ch. so entsprang ein deutsches sch,
als schapperaun und Wolfram sagt nicht castel, sondern
schahtel (vorhin s. 416.). In einigen namen hat der s.
gall. Parc. tenuis in andern ch. z. b. kanvoleis, karnant,
cleias, clinschor, hingegen charchobra, beachurs, chauchau-
merlant (cumberland) und chlamide neben clamide (vgl.
49a c 50a c). Solche neuaufgenommene namen hatten
in der wirklichen aussprache sicher die reine ten. (kar-
kobra) wie die rom. p. und t. nicht zu pf. z. wurden.
Dies wäre ein grund wider die aussprache der asp. in
deutschen wörtern, wenn sie schon geschrieben steht. --
4) fehlerhaft scheint k. zuweilen st. ch. geschrieben zu
seyn in fällen wo letzteres selbst aus dem zus. stoß zweier
silben entspringt, z. b. frümekeit f. främic-heit, frü-
mecheit. -- 5) ausgestoßen wird k in mar-schalk, mar-
stal (Parc. 111b) insofern diesen zus. setzungen das mit-
telh. mark (alth. marah) zum grund liegt. Das die
med. vertretende c erleidet apocope in zwei (Gotfr.) st.
zweic (Wolfr.)


*) Zur übersicht des bisherigen: in deutschen wörtern ent-
spricht k meistens dem goth. k (welches nur in- und
ausl. vor vocal gewiß zur mittelh. asp. wird); dann aber
auch dem goth. g. nämlich im auslaut (bem. 1c) selten
im an- und inlaut (bem. 2.).

I. mittelhochdeutſche conſonanten. gutturales.
kriahhî verwandelt worden (ſelbſt im angelſ. neben grë-
cas crëcas vgl. oben ſ. 237. not.; im roman. wohl mei-
ſtens mit g. Roquef. 1, 713a) dies kr. wurde bei O. nicht
wieder zu gr. aber bei N. zu chr (68, 35. chriechiſc)
mittelh. hſſ. ſchwanken zwiſchen kr. und chr, vgl. Nib.
5369. chriechen, Parc. 80c. Ebenſo entſpringt chriemhilt
und chutrûn aus grimbilt und gutrûn durch ein vermit-
telndes k; ſchon ein dipl. bei Neugart n° 525. vom j. 881.
hat die form chriembilt, die veränderung des i in ie
(wie bèi chriechen, nord. grickir) verdunkelte den ur-
ſprung, ob im nord. grimhildr oder grìmhildr zu ſchrei-
ben ſey, laße ich hier unentſchieden. Auch bei gudrûn,
godrun wechſelt der nord. vocal, vielleicht iſt gôdrûn
und dann im hochd. guotrûn richtig, worans ſich die
falſche ſchreibung choutrûn, chautrûn verſtändigte. In
chriſt blieb der org. aſp. überall ungeändert und bloß
die ſächſ. und nord. mundart führte ihr kr. ein *)
3) das c. romaniſcher wörter wurde durch die deutſche
ten. wiedergegeben und gerne c, aber auch k geſchrie-
ben, z. b. cunnewâre (das nord. gunnvör) kappe, keie,
condûwieren, caſtêl etc. bot, oft in denſelben wörtern die
rom. mundart ein ch. ſo entſprang ein deutſches ſch,
als ſchapperûn und Wolfram ſagt nicht caſtêl, ſondern
ſchahtêl (vorhin ſ. 416.). In einigen namen hat der ſ.
gall. Parc. tenuis in andern ch. z. b. kanvôleis, karnant,
clîas, clinſchôr, hingegen charchôbrâ, bêâchurs, chûchû-
merlant (cumberland) und chlâmidê neben clâmidê (vgl.
49a c 50a c). Solche neuaufgenommene namen hatten
in der wirklichen ausſprache ſicher die reine ten. (kar-
kôbrâ) wie die rom. p. und t. nicht zu pf. z. wurden.
Dies wäre ein grund wider die ausſprache der aſp. in
deutſchen wörtern, wenn ſie ſchon geſchrieben ſteht. —
4) fehlerhaft ſcheint k. zuweilen ſt. ch. geſchrieben zu
ſeyn in fällen wo letzteres ſelbſt aus dem zuſ. ſtoß zweier
ſilben entſpringt, z. b. frümekeit f. främic-heit, frü-
mecheit. — 5) ausgeſtoßen wird k in mar-ſchalk, mar-
ſtal (Parc. 111b) inſofern dieſen zuſ. ſetzungen das mit-
telh. mark (alth. marah) zum grund liegt. Das die
med. vertretende c erleidet apocope in zwî (Gotfr.) ſt.
zwîc (Wolfr.)


*) Zur überſicht des bisherigen: in deutſchen wörtern ent-
ſpricht k meiſtens dem goth. k (welches nur in- und
ausl. vor vocal gewiß zur mittelh. aſp. wird); dann aber
auch dem goth. g. nämlich im auslaut (bem. 1c) ſelten
im an- und inlaut (bem. 2.).
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[425/0451] I. mittelhochdeutſche conſonanten. gutturales. kriahhî verwandelt worden (ſelbſt im angelſ. neben grë- cas crëcas vgl. oben ſ. 237. not.; im roman. wohl mei- ſtens mit g. Roquef. 1, 713a) dies kr. wurde bei O. nicht wieder zu gr. aber bei N. zu chr (68, 35. chriechiſc) mittelh. hſſ. ſchwanken zwiſchen kr. und chr, vgl. Nib. 5369. chriechen, Parc. 80c. Ebenſo entſpringt chriemhilt und chutrûn aus grimbilt und gutrûn durch ein vermit- telndes k; ſchon ein dipl. bei Neugart n° 525. vom j. 881. hat die form chriembilt, die veränderung des i in ie (wie bèi chriechen, nord. grickir) verdunkelte den ur- ſprung, ob im nord. grimhildr oder grìmhildr zu ſchrei- ben ſey, laße ich hier unentſchieden. Auch bei gudrûn, godrun wechſelt der nord. vocal, vielleicht iſt gôdrûn und dann im hochd. guotrûn richtig, worans ſich die falſche ſchreibung choutrûn, chautrûn verſtändigte. In chriſt blieb der org. aſp. überall ungeändert und bloß die ſächſ. und nord. mundart führte ihr kr. ein *) — 3) das c. romaniſcher wörter wurde durch die deutſche ten. wiedergegeben und gerne c, aber auch k geſchrie- ben, z. b. cunnewâre (das nord. gunnvör) kappe, keie, condûwieren, caſtêl etc. bot, oft in denſelben wörtern die rom. mundart ein ch. ſo entſprang ein deutſches ſch, als ſchapperûn und Wolfram ſagt nicht caſtêl, ſondern ſchahtêl (vorhin ſ. 416.). In einigen namen hat der ſ. gall. Parc. tenuis in andern ch. z. b. kanvôleis, karnant, clîas, clinſchôr, hingegen charchôbrâ, bêâchurs, chûchû- merlant (cumberland) und chlâmidê neben clâmidê (vgl. 49a c 50a c). Solche neuaufgenommene namen hatten in der wirklichen ausſprache ſicher die reine ten. (kar- kôbrâ) wie die rom. p. und t. nicht zu pf. z. wurden. Dies wäre ein grund wider die ausſprache der aſp. in deutſchen wörtern, wenn ſie ſchon geſchrieben ſteht. — 4) fehlerhaft ſcheint k. zuweilen ſt. ch. geſchrieben zu ſeyn in fällen wo letzteres ſelbſt aus dem zuſ. ſtoß zweier ſilben entſpringt, z. b. frümekeit f. främic-heit, frü- mecheit. — 5) ausgeſtoßen wird k in mar-ſchalk, mar- ſtal (Parc. 111b) inſofern dieſen zuſ. ſetzungen das mit- telh. mark (alth. marah) zum grund liegt. Das die med. vertretende c erleidet apocope in zwî (Gotfr.) ſt. zwîc (Wolfr.) *) Zur überſicht des bisherigen: in deutſchen wörtern ent- ſpricht k meiſtens dem goth. k (welches nur in- und ausl. vor vocal gewiß zur mittelh. aſp. wird); dann aber auch dem goth. g. nämlich im auslaut (bem. 1c) ſelten im an- und inlaut (bem. 2.).

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/451>, abgerufen am 17.06.2024.