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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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I. mittelniederländische consonanten. gutteral.
nachtheilig und mengt z. b. hout (vetus) mit hout (lig-
num) und hout (tenete), aert (durus) mit aert (modus);
solche wörter stehen oft im reim, vgl. Rein. 332. hoghe
(oculus):hoghe (alte) 312. haut (ex):haut (cutis) 370. hals
(collum):als-en-hals (pariter?) wofür 362. als-en-als
gelesen wird. Vermuthlich hat der vorhergehende aus-
laut (je nachdem er liquid oder vocalisch ist) einfluß
auf dieses zugefügte oder weggenommene h, nur läßt
sich keine regel daraus machen, vielmehr gilt schwan-
kende willkür, vielleicht gewohnheit bei einzelnen for.
men, so finde ich fast überall godsat (maledictio f. gods-
hat, dei odium) Maerl. 1, 62. Rein. 367. und Huyd. op
St. 2, 350, wo einmahl godshat, Maerl. 2, 196. sogar
ein part. ghegatsat (maledictus); eben so häufig stehet
overde, ovaerde (superbia) selten hoverde (Maerl. 2,
125.). -- Das inl. mittelh. h ist hier entw. ganz wegge-
fallen (vgl. vlien, sien. tien mit fliehen, sehen, zehen)
oder zu gh. geworden (hoghen, saghen mit hohen, sa-
hen); in der verb. ht zu cht; das ausl. mittelh. ch für
ein älteres h. entspricht dem niederl. ch. --

gemination. (CK) = mittelh. ck. vgl. decken (te-
gere) scricken (terresieri) micken (intendere) blicken
(intueri) etc. auslautend und bei syncopen erwächst einf.
tenuis, als blic (intuitus) blict (intuetur) blicte st. blickede;
daher auch der gen. von blic entweder blickes oder blix
(d. i. blics).

(GGH) = mittelh. gg, als rigghe (dorsum) brugghe
(pons) etc. aber in manchen wörtern, die dort einf. g
haben, als ligghen (jacere) legghen (ponere) segghen (di-
cere). Zuweilen wird cgh für ggh gesetzt (Huyd. op
St. 1, 4.) fälschlich aber für gh; die schreibung co-
nincghinne (oder conincginne) ist so tadelhaft als doncker
f. donker.

gutt. verbindungen. 1) anlautende CL. CN. CR. GL.
GR. QU. letzteres häufiger als im mittelh., beispiele:
quale (cruciatus) quaet (malus) quansis (quasi, proforma
Rein. 349.) quene (vetula Maerl. 2, 240.) quetsen (vulne.
rare) quic (vivus) etc.; nicht vor o, oe, u, au. -- 2) in-
und auslautende. Das mittelh. hs wird ausl. zu s, inl.
zu ss. -- X bedeutet cs (nicht chs) und kommt oft vor,
beruht aber immer auf syncope, vgl. aex (securis Maerl.
3, 22.) blexem (fulgur) f. blecsem, d. h. bleckeseme;
houdix Maerl. 3, 250. f. houd-ic-es; ghelux (:pollux
Maerl. 1, 108.) f. gheluckes; havexberch (habspurg)

I. mittelniederländiſche conſonanten. gutteral.
nachtheilig und mengt z. b. hout (vetus) mit hout (lig-
num) und hout (tenete), aert (durus) mit aert (modus);
ſolche wörter ſtehen oft im reim, vgl. Rein. 332. hoghe
(oculus):hoghe (alte) 312. hût (ex):hût (cutis) 370. hals
(collum):als-en-hals (pariter?) wofür 362. als-en-als
geleſen wird. Vermuthlich hat der vorhergehende aus-
laut (je nachdem er liquid oder vocaliſch iſt) einfluß
auf dieſes zugefügte oder weggenommene h, nur läßt
ſich keine regel daraus machen, vielmehr gilt ſchwan-
kende willkür, vielleicht gewohnheit bei einzelnen for.
men, ſo finde ich faſt überall godſat (maledictio f. gods-
hat, dei odium) Maerl. 1, 62. Rein. 367. und Huyd. op
St. 2, 350, wo einmahl godshat, Maerl. 2, 196. ſogar
ein part. ghegatſat (maledictus); eben ſo häufig ſtehet
ôvërde, ôvaerde (ſuperbia) ſelten hôvërde (Maerl. 2,
125.). — Das inl. mittelh. h iſt hier entw. ganz wegge-
fallen (vgl. vlien, ſien. tien mit fliehen, ſëhen, zëhen)
oder zu gh. geworden (hoghen, ſaghen mit hôhen, ſâ-
hen); in der verb. ht zu cht; das ausl. mittelh. ch für
ein älteres h. entſpricht dem niederl. ch. —

gemination. (CK) = mittelh. ck. vgl. dëcken (te-
gere) ſcricken (terreſieri) micken (intendere) blicken
(intueri) etc. auslautend und bei ſyncopen erwächſt einf.
tenuis, als blic (intuitus) blict (intuetur) blicte ſt. blickede;
daher auch der gen. von blic entweder blickes oder blix
(d. i. blics).

(GGH) = mittelh. gg, als rigghe (dorſum) brugghe
(pons) etc. aber in manchen wörtern, die dort einf. g
haben, als ligghen (jacere) lëgghen (ponere) ſëgghen (di-
cere). Zuweilen wird cgh für ggh geſetzt (Huyd. op
St. 1, 4.) fälſchlich aber für gh; die ſchreibung co-
nincghinne (oder conincginne) iſt ſo tadelhaft als doncker
f. donker.

gutt. verbindungen. 1) anlautende CL. CN. CR. GL.
GR. QU. letzteres häufiger als im mittelh., beiſpiele:
quale (cruciatus) quaet (malus) quanſìs (quaſi, proforma
Rein. 349.) quëne (vetula Maerl. 2, 240.) quëtſen (vulne.
rare) quic (vivus) etc.; nicht vor o, oe, u, û. — 2) in-
und auslautende. Das mittelh. hs wird ausl. zu ſ, inl.
zu ſſ. — X bedeutet cs (nicht chs) und kommt oft vor,
beruht aber immer auf ſyncope, vgl. aex (ſecuris Maerl.
3, 22.) blëxem (fulgur) f. blëcſem, d. h. blëckeſeme;
houdix Maerl. 3, 250. f. houd-ic-ëſ; ghelux (:pollux
Maerl. 1, 108.) f. gheluckes; havexbërch (habspurg)

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[503/0529] I. mittelniederländiſche conſonanten. gutteral. nachtheilig und mengt z. b. hout (vetus) mit hout (lig- num) und hout (tenete), aert (durus) mit aert (modus); ſolche wörter ſtehen oft im reim, vgl. Rein. 332. hoghe (oculus):hoghe (alte) 312. hût (ex):hût (cutis) 370. hals (collum):als-en-hals (pariter?) wofür 362. als-en-als geleſen wird. Vermuthlich hat der vorhergehende aus- laut (je nachdem er liquid oder vocaliſch iſt) einfluß auf dieſes zugefügte oder weggenommene h, nur läßt ſich keine regel daraus machen, vielmehr gilt ſchwan- kende willkür, vielleicht gewohnheit bei einzelnen for. men, ſo finde ich faſt überall godſat (maledictio f. gods- hat, dei odium) Maerl. 1, 62. Rein. 367. und Huyd. op St. 2, 350, wo einmahl godshat, Maerl. 2, 196. ſogar ein part. ghegatſat (maledictus); eben ſo häufig ſtehet ôvërde, ôvaerde (ſuperbia) ſelten hôvërde (Maerl. 2, 125.). — Das inl. mittelh. h iſt hier entw. ganz wegge- fallen (vgl. vlien, ſien. tien mit fliehen, ſëhen, zëhen) oder zu gh. geworden (hoghen, ſaghen mit hôhen, ſâ- hen); in der verb. ht zu cht; das ausl. mittelh. ch für ein älteres h. entſpricht dem niederl. ch. — gemination. (CK) = mittelh. ck. vgl. dëcken (te- gere) ſcricken (terreſieri) micken (intendere) blicken (intueri) etc. auslautend und bei ſyncopen erwächſt einf. tenuis, als blic (intuitus) blict (intuetur) blicte ſt. blickede; daher auch der gen. von blic entweder blickes oder blix (d. i. blics). (GGH) = mittelh. gg, als rigghe (dorſum) brugghe (pons) etc. aber in manchen wörtern, die dort einf. g haben, als ligghen (jacere) lëgghen (ponere) ſëgghen (di- cere). Zuweilen wird cgh für ggh geſetzt (Huyd. op St. 1, 4.) fälſchlich aber für gh; die ſchreibung co- nincghinne (oder conincginne) iſt ſo tadelhaft als doncker f. donker. gutt. verbindungen. 1) anlautende CL. CN. CR. GL. GR. QU. letzteres häufiger als im mittelh., beiſpiele: quale (cruciatus) quaet (malus) quanſìs (quaſi, proforma Rein. 349.) quëne (vetula Maerl. 2, 240.) quëtſen (vulne. rare) quic (vivus) etc.; nicht vor o, oe, u, û. — 2) in- und auslautende. Das mittelh. hs wird ausl. zu ſ, inl. zu ſſ. — X bedeutet cs (nicht chs) und kommt oft vor, beruht aber immer auf ſyncope, vgl. aex (ſecuris Maerl. 3, 22.) blëxem (fulgur) f. blëcſem, d. h. blëckeſeme; houdix Maerl. 3, 250. f. houd-ic-ëſ; ghelux (:pollux Maerl. 1, 108.) f. gheluckes; havexbërch (habspurg)

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 503. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/529>, abgerufen am 30.04.2024.