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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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I. dänische vocale.
pag. 280. 2) unorg. in kone (mulier) sove (dormire) etc.
3) zuweilen für aa geschrieben, als: vove (audere).

(UU) 1) org. in maus (mus) braun (fuscus) brauge
(uti etc. 2) unorg. in hau (mens).

(YY) stets org. lang, aber bald dem altn. y, bald
iu parailel, z. b. syv (septem) syg (aeger) nyde (frui)
dyr (animal) lys (lumen) etc.

(AE) doppelter art 1) kurzes ä, statt des kurzen e;
beispiele: läs (onus) lässe (onerare) lärred (linum) välge
(eligere) vägge (parietes) väkke (excitare) etc. 2) lan-
ges ae, und zwar theils organisch, z. b. in laere (docere)
klaede (vestis) etc. theils (und weit häufiger) unorg. ver-
längerung des altnord. e und e, vgl. glaede (laetum red-
dere) vaeve (texere) raev (vulpes) baere (portare) haele (ce-
lare) etc. -- Schwanken zwischen ä und e, zwischen
ae und e kann nicht befremden; in der regel wird der
gefühlte umlaut durch ä, ae, der ungefühlte durch e aus-
gedrückt, doch mit vielen inconsequenzen.

(AI) außer einigen fremden wörtern, wie mai etc.
nur vorhanden in vaie (efHare).

(AU) gleichfalls kein eigentlicher diphth. daher dem
altn. au (das zu oe geworden ist) unvergleichbar, viel-
mehr meistentheils aus aufgelöstem v (statt g) entsprin-
gend. So steht faur (pulcher) für favr und dies für fa-
ger; gnausling (avarus) f. gnavsling von gnave (schwed.
gnaga, rodere); laurbaer (laurus, schwed. lagerbaer); taus
(taciturnus) würde früher taves, schwed. tagse lauten
und hört zum altn. thegja (tacere); aus sav (serra, schwed.
sag) bildete sich sau und mit wiedervortauchendem g
saug, ebenso verhält sich laug (convivium) hauge (hor-
tus, pratum) zum schwed. lag, hage. Verschiedene an-
dere sind mir dunkel, die interj. au! bau! und das da-
von geleitete forbause (metu percelli); noch andere schei-
nen germanismen, z. b. pauke, pause, smaus (schmaus)
traurig; staut (superbus) neben dem üblicheren stolt er-
innert ans niederl.

(EI) weit häufiger als das vorstehende au, aber (wie
dieses aus av) aus ej zu deuten, folglich dem altn. (zu
e gewordnen) ei höchst unähulich. Über die schreibung
ei oder ej müste man etwas festsetzen. Einmahl wäre
obigem au ei und nicht ej analog, oder auch av und
grammatisch ej zu schreihen. Erlaubt man sich (nach
schwed. weise) ein auslautendes ej, als nej (non) vej
(via) so zieht dies auch inlautendes j. bei folgendem
cons. nach sich, z. b. spejl (speculum) dejiig (formosus)

N n

I. däniſche vocale.
pag. 280. 2) unorg. in kône (mulier) ſôve (dormire) etc.
3) zuweilen für aa geſchrieben, als: vôve (audere).

(UU) 1) org. in mûs (mus) brûn (fuſcus) brûge
(uti etc. 2) unorg. in hû (mens).

(YY) ſtets org. lang, aber bald dem altn. ŷ, bald
iú parailel, z. b. ſŷv (ſeptem) ſŷg (aeger) nŷde (frui)
dŷr (animal) lŷs (lumen) etc.

(AE) doppelter art 1) kurzes ä, ſtatt des kurzen e;
beiſpiele: läs (onus) läſſe (onerare) lärred (linum) välge
(eligere) vägge (parietes) väkke (excitare) etc. 2) lan-
ges æ, und zwar theils organiſch, z. b. in lære (docere)
klæde (veſtis) etc. theils (und weit häufiger) unorg. ver-
längerung des altnord. e und ë, vgl. glæde (laetum red-
dere) væve (texere) ræv (vulpes) bære (portare) hæle (ce-
lare) etc. — Schwanken zwiſchen ä und e, zwiſchen
æ und ê kann nicht befremden; in der regel wird der
gefühlte umlaut durch ä, æ, der ungefühlte durch e aus-
gedrückt, doch mit vielen inconſequenzen.

(AI) außer einigen fremden wörtern, wie mai etc.
nur vorhanden in vaie (efHare).

(AU) gleichfalls kein eigentlicher diphth. daher dem
altn. au (das zu œ geworden iſt) unvergleichbar, viel-
mehr meiſtentheils aus aufgelöſtem v (ſtatt g) entſprin-
gend. So ſteht faur (pulcher) für favr und dies für fâ-
ger; gnauſling (avarus) f. gnavſling von gnâve (ſchwed.
gnâga, rodere); laurbær (laurus, ſchwed. lâgerbær); taus
(taciturnus) würde früher tâves, ſchwed. tâgſe lauten
und hört zum altn. þegja (tacere); aus ſâv (ſerra, ſchwed.
ſåg) bildete ſich ſau und mit wiedervortauchendem g
ſaug, ebenſo verhält ſich laug (convivium) hauge (hor-
tus, pratum) zum ſchwed. lâg, hâge. Verſchiedene an-
dere ſind mir dunkel, die interj. au! bau! und das da-
von geleitete forbauſe (metu percelli); noch andere ſchei-
nen germaniſmen, z. b. pauke, pauſe, ſmaus (ſchmaus)
traurig; ſtaut (ſuperbus) neben dem üblicheren ſtolt er-
innert ans niederl.

(EI) weit häufiger als das vorſtehende au, aber (wie
dieſes aus av) aus ej zu deuten, folglich dem altn. (zu
ê gewordnen) ei höchſt unähulich. Über die ſchreibung
ei oder ej müſte man etwas feſtſetzen. Einmahl wäre
obigem au ei und nicht ej analog, oder auch âv und
grammatiſch êj zu ſchreihen. Erlaubt man ſich (nach
ſchwed. weiſe) ein auslautendes ej, als nej (non) vej
(via) ſo zieht dies auch inlautendes j. bei folgendem
conſ. nach ſich, z. b. ſpejl (ſpeculum) dejiig (formoſus)

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[651[561]/0587] I. däniſche vocale. pag. 280. 2) unorg. in kône (mulier) ſôve (dormire) etc. 3) zuweilen für aa geſchrieben, als: vôve (audere). (UU) 1) org. in mûs (mus) brûn (fuſcus) brûge (uti etc. 2) unorg. in hû (mens). (YY) ſtets org. lang, aber bald dem altn. ŷ, bald iú parailel, z. b. ſŷv (ſeptem) ſŷg (aeger) nŷde (frui) dŷr (animal) lŷs (lumen) etc. (AE) doppelter art 1) kurzes ä, ſtatt des kurzen e; beiſpiele: läs (onus) läſſe (onerare) lärred (linum) välge (eligere) vägge (parietes) väkke (excitare) etc. 2) lan- ges æ, und zwar theils organiſch, z. b. in lære (docere) klæde (veſtis) etc. theils (und weit häufiger) unorg. ver- längerung des altnord. e und ë, vgl. glæde (laetum red- dere) væve (texere) ræv (vulpes) bære (portare) hæle (ce- lare) etc. — Schwanken zwiſchen ä und e, zwiſchen æ und ê kann nicht befremden; in der regel wird der gefühlte umlaut durch ä, æ, der ungefühlte durch e aus- gedrückt, doch mit vielen inconſequenzen. (AI) außer einigen fremden wörtern, wie mai etc. nur vorhanden in vaie (efHare). (AU) gleichfalls kein eigentlicher diphth. daher dem altn. au (das zu œ geworden iſt) unvergleichbar, viel- mehr meiſtentheils aus aufgelöſtem v (ſtatt g) entſprin- gend. So ſteht faur (pulcher) für favr und dies für fâ- ger; gnauſling (avarus) f. gnavſling von gnâve (ſchwed. gnâga, rodere); laurbær (laurus, ſchwed. lâgerbær); taus (taciturnus) würde früher tâves, ſchwed. tâgſe lauten und hört zum altn. þegja (tacere); aus ſâv (ſerra, ſchwed. ſåg) bildete ſich ſau und mit wiedervortauchendem g ſaug, ebenſo verhält ſich laug (convivium) hauge (hor- tus, pratum) zum ſchwed. lâg, hâge. Verſchiedene an- dere ſind mir dunkel, die interj. au! bau! und das da- von geleitete forbauſe (metu percelli); noch andere ſchei- nen germaniſmen, z. b. pauke, pauſe, ſmaus (ſchmaus) traurig; ſtaut (ſuperbus) neben dem üblicheren ſtolt er- innert ans niederl. (EI) weit häufiger als das vorſtehende au, aber (wie dieſes aus av) aus ej zu deuten, folglich dem altn. (zu ê gewordnen) ei höchſt unähulich. Über die ſchreibung ei oder ej müſte man etwas feſtſetzen. Einmahl wäre obigem au ei und nicht ej analog, oder auch âv und grammatiſch êj zu ſchreihen. Erlaubt man ſich (nach ſchwed. weiſe) ein auslautendes ej, als nej (non) vej (via) ſo zieht dies auch inlautendes j. bei folgendem conſ. nach ſich, z. b. ſpejl (ſpeculum) dejiig (formoſus) N n

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 651[561]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/587>, abgerufen am 15.06.2024.