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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822.

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II. allg. vergleichung der declination.
his, hvas; und wenn das letzte pron. in mehrern
sprachen weiblicher form zu entbehren scheint, muß
solches lieber aus dem wesen des der antwort noch
ungewissen, sich daher im vornehmern geschlecht auf-
stellenden interrogativums erläutert werden. Auch hat
sobald es vor einem fem. steht, der Gothe erweislich
hvo k in hvas, hvana (vgl. Matth. 5, 46. Marc. 1, 27.
Job. 18, 29.)
3) (nom. sg. masc.) kennzeichen: auslautendes-s, welches
sich später in -r wandelt (worüber mehr n° 2. der vgl.
fremd. spr.), noch später abfällt. Im goth. pron. erscheint
es nur in is, his (?) hvas, da für thas ein schwachfor-
miges sa gilt; im goth. adj. herrscht es mit ausnahme
der s. 7[ - 1 Zeichen fehlt]9. anm. 1. s. 764. und s. 799. genannten; im
goth. subst. mit den ausnahmen s. 599, 2. 610, 1, 3. de-
nen man guth (Deus) beifüge. Im alth. zeigen unab-
legliches -r die pron. er, der, huer; alle adj haben
ein den umständen nach ablegliches -er; im subst. geht
dies kennzeichen völlig verloren. Die alt- und angels.
mundart entbehren es durchaus, nicht bloß im subst.
sondern auch adj. und pron.; vermuthen läßt sich aus
dem plural -s, daß der apocopierte laut -s und nicht
-r gewesen. Im fries. war es aus gleichem grunde
wohl -r, gebricht aber gleichfalls. Das altn. pron.
zeigt -r in der assimil. nn für nr (hann, hinn); adj.
und subst. wahren es regelmäßig, mit den ihres orts
bemerkten ausnahmen und assimilationen. Mittel-
und neuhochd. wie alth.; im schwed. dän. ist das -r
heute völlig geschwunden; altschwed. subst. und adj.
besitzen es zuweilen (s. 710. 755.); altdän. seltner.
4) (nom. sg. femin.) kennzeichen a) in der regel: vo-
calischer auslaut;
goth. -a (nom. und acc vermi-
schend) doch die zweite subst. decl. hat das -a nach
dem i abgeworfen (im acc. behalten); alth. -u (nom.
vom acc trennend) jedoch nur im pron. siu, diu, un-
ablegliches, in sämmtlichen adj. ablegliches -u; im
subst kein -u mehr, sondern erste decl. -a (früheres
kepu, kipu bleibt muthmaßung); alts. wie alth.; im an-
gels. schwanken zwischen -u und apocope bei adj. und
subst. (erster decl.). in zweiter subst. decl. -o, was zum
pron. heo seo, theo stimmt (vgl. hernach n° 30.), in theos
apocope; im altn. pron. adj und subst. durchgreifende
ablegung des vocals, daß er -u gewesen, lehrt der
gebliebene wurzelumlaut; mittelh. fortwährend diu,
disiu, jeniu, zuweilen siu neben sei, im adj. -iu (ge-
II. allg. vergleichung der declination.
his, hvas; und wenn das letzte pron. in mehrern
ſprachen weiblicher form zu entbehren ſcheint, muß
ſolches lieber aus dem weſen des der antwort noch
ungewiſſen, ſich daher im vornehmern geſchlecht auf-
ſtellenden interrogativums erläutert werden. Auch hat
ſobald es vor einem fem. ſteht, der Gothe erweiſlich
hvô k in hvas, hvana (vgl. Matth. 5, 46. Marc. 1, 27.
Job. 18, 29.)
3) (nom. ſg. maſc.) kennzeichen: auslautendes-ſ, welches
ſich ſpäter in -r wandelt (worüber mehr n° 2. der vgl.
fremd. ſpr.), noch ſpäter abfällt. Im goth. pron. erſcheint
es nur in ïs, his (?) hvas, da für þas ein ſchwachfor-
miges ſa gilt; im goth. adj. herrſcht es mit ausnahme
der ſ. 7[ – 1 Zeichen fehlt]9. anm. 1. ſ. 764. und ſ. 799. genannten; im
goth. ſubſt. mit den ausnahmen ſ. 599, 2. 610, 1, 3. de-
nen man guþ (Deus) beifüge. Im alth. zeigen unab-
legliches -r die pron. ër, dër, huër; alle adj haben
ein den umſtänden nach ablegliches -êr; im ſubſt. geht
dies kennzeichen völlig verloren. Die alt- und angelſ.
mundart entbehren es durchaus, nicht bloß im ſubſt.
ſondern auch adj. und pron.; vermuthen läßt ſich aus
dem plural -ſ, daß der apocopierte laut -ſ und nicht
-r geweſen. Im frieſ. war es aus gleichem grunde
wohl -r, gebricht aber gleichfalls. Das altn. pron.
zeigt -r in der aſſimil. nn für nr (hann, hinn); adj.
und ſubſt. wahren es regelmäßig, mit den ihres orts
bemerkten ausnahmen und aſſimilationen. Mittel-
und neuhochd. wie alth.; im ſchwed. dän. iſt das -r
heute völlig geſchwunden; altſchwed. ſubſt. und adj.
beſitzen es zuweilen (ſ. 710. 755.); altdän. ſeltner.
4) (nom. ſg. femin.) kennzeichen α) in der regel: vo-
caliſcher auslaut;
goth. -a (nom. und acc vermi-
ſchend) doch die zweite ſubſt. decl. hat das -a nach
dem i abgeworfen (im acc. behalten); alth. -u (nom.
vom acc trennend) jedoch nur im pron. ſiu, diu, un-
ablegliches, in ſämmtlichen adj. ablegliches -u; im
ſubſt kein -u mehr, ſondern erſte decl. -a (früheres
këpu, kipu bleibt muthmaßung); altſ. wie alth.; im an-
gelſ. ſchwanken zwiſchen -u und apocope bei adj. und
ſubſt. (erſter decl.). in zweiter ſubſt. decl. -o, was zum
pron. hëó ſëó, þëó ſtimmt (vgl. hernach n° 30.), in þëós
apocope; im altn. pron. adj und ſubſt. durchgreifende
ablegung des vocals, daß er -u geweſen, lehrt der
gebliebene wurzelumlaut; mittelh. fortwährend diu,
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[802/0828] II. allg. vergleichung der declination. his, hvas; und wenn das letzte pron. in mehrern ſprachen weiblicher form zu entbehren ſcheint, muß ſolches lieber aus dem weſen des der antwort noch ungewiſſen, ſich daher im vornehmern geſchlecht auf- ſtellenden interrogativums erläutert werden. Auch hat ſobald es vor einem fem. ſteht, der Gothe erweiſlich hvô k in hvas, hvana (vgl. Matth. 5, 46. Marc. 1, 27. Job. 18, 29.) 3) (nom. ſg. maſc.) kennzeichen: auslautendes-ſ, welches ſich ſpäter in -r wandelt (worüber mehr n° 2. der vgl. fremd. ſpr.), noch ſpäter abfällt. Im goth. pron. erſcheint es nur in ïs, his (?) hvas, da für þas ein ſchwachfor- miges ſa gilt; im goth. adj. herrſcht es mit ausnahme der ſ. 7_9. anm. 1. ſ. 764. und ſ. 799. genannten; im goth. ſubſt. mit den ausnahmen ſ. 599, 2. 610, 1, 3. de- nen man guþ (Deus) beifüge. Im alth. zeigen unab- legliches -r die pron. ër, dër, huër; alle adj haben ein den umſtänden nach ablegliches -êr; im ſubſt. geht dies kennzeichen völlig verloren. Die alt- und angelſ. mundart entbehren es durchaus, nicht bloß im ſubſt. ſondern auch adj. und pron.; vermuthen läßt ſich aus dem plural -ſ, daß der apocopierte laut -ſ und nicht -r geweſen. Im frieſ. war es aus gleichem grunde wohl -r, gebricht aber gleichfalls. Das altn. pron. zeigt -r in der aſſimil. nn für nr (hann, hinn); adj. und ſubſt. wahren es regelmäßig, mit den ihres orts bemerkten ausnahmen und aſſimilationen. Mittel- und neuhochd. wie alth.; im ſchwed. dän. iſt das -r heute völlig geſchwunden; altſchwed. ſubſt. und adj. beſitzen es zuweilen (ſ. 710. 755.); altdän. ſeltner. 4) (nom. ſg. femin.) kennzeichen α) in der regel: vo- caliſcher auslaut; goth. -a (nom. und acc vermi- ſchend) doch die zweite ſubſt. decl. hat das -a nach dem i abgeworfen (im acc. behalten); alth. -u (nom. vom acc trennend) jedoch nur im pron. ſiu, diu, un- ablegliches, in ſämmtlichen adj. ablegliches -u; im ſubſt kein -u mehr, ſondern erſte decl. -a (früheres këpu, kipu bleibt muthmaßung); altſ. wie alth.; im an- gelſ. ſchwanken zwiſchen -u und apocope bei adj. und ſubſt. (erſter decl.). in zweiter ſubſt. decl. -o, was zum pron. hëó ſëó, þëó ſtimmt (vgl. hernach n° 30.), in þëós apocope; im altn. pron. adj und ſubſt. durchgreifende ablegung des vocals, daß er -u geweſen, lehrt der gebliebene wurzelumlaut; mittelh. fortwährend diu, diſiu, jeniu, zuweilen ſiu neben ſî, im adj. -iu (ge-

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 1. Göttingen, 1822, S. 802. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik01_1822/828>, abgerufen am 02.05.2024.