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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. reinvocalische ableitungen.

4) übergang des u in v bei den unter 1. genannten
wörtern erfolgt nur im goth. abgeleiteten schwachen verbo
skad-v-jan (umbrare) und im gen. pl. sun-ive, fot-
ive, thaurn-ive, lith-ive, tunth-ive, vint-r-ive; un-
belegt sind as-il-ive, thiud-in-ass-ive, doch zu er-
warten, oder as-il-ve? as-l-ive? Im gen. dat. sg.;
dat. acc. pl. verschmilzt das-u mit der flexion (1, 601.);
die einschaltung eines i im nom. gen. pl. bleibt noch
räthselhaft. Soll man-iv für einen paragogischen zu-
wachs halten? vgl. 1, 601. Schwerlich habe ich aber
die im altn. adj. glöggr, fölr vor flexionsvocalen aus-
brechenden-v 1, 742. richtig angesehen, indem diese-v
ursprüngliche bildungs-v scheinen, wie die vergleichung
des goth. glagg-v-us mit glögg-r (f. glögg-v-r und
dann erst für glögg-v-ur) lehrt, fölr lautete goth. ver-
muthlich fal-vs, nicht fal-v-us. Hiervon, überhaupt
von andern-v, hernach bei den consonantischen bildungen.

(OO) die ableitung-o

1) findet sich in der zweiten schw. conj. und ver-
zehrt den sie berührenden flexionsvocal (1, 849.). Dieses
o geht im alth. und alts. nicht, oder höchst selten in-uo
über (1, 96.). Ags. hat es sich nur schwankend im praet.,
nicht im praes. erhalten (1, 906.); altn. in a (oder a?)
verändert. Gleiches a behält unter den spätern sprachen
nur die schwedische, alle übrigen zeigen e, das sie sogar
hin und wieder im praet. wegwerfen; ihr e im praes.
kann man für das alte o oder für den flexionsvocal hal-
ten. Alle wörter der gedachten conj., so einfach sie in
neuern sprachen aussehen, sind jederzeit abgeleitete.

2) das o in der goth. ersten decl. schwed. fem.
(tugg-o, tugg-ons) gehört nicht der ableitung, bloß
der flexion, a) weil ihm alth. a, au, kein o wie in
zweiter schw. conj. entspricht. b) weil das dem adj. blind-
o (coeca) ganz parallele masc. blind-a (coecus) kein o
hat. Man darf also nicht blindo aus blindoa erklären,
wie salbo aus salboa.

(AI) auch die ableitung -ai, alth. -e herrscht ledig-
lich in der dritten schw. conj., verbindet sich aber anders
mit den flexionsvocalen (1, 850.); sie hat im alth. zu-
längst gedauert, in den übrigen mundarten sich gleich dem
o in a, e verwandelt. Wo bei dem nomen -ai, -e vor-
kommt, ist es flexivisch, ebenso im praes. conj. aller
conjugationen. --

(EI) goth. -ei, alth. -ei keine organische einfache
ableitung, vielmehr

III. reinvocaliſche ableitungen.

4) übergang des u in v bei den unter 1. genannten
wörtern erfolgt nur im goth. abgeleiteten ſchwachen verbo
ſkad-v-jan (umbrare) und im gen. pl. ſun-ivê, fôt-
ivê, þaúrn-ivê, liþ-ivê, tunþ-ivê, vint-r-ivê; un-
belegt sind aſ-il-ivê, þiud-in-aſſ-ivê, doch zu er-
warten, oder aſ-il-vê? aſ-l-ivê? Im gen. dat. ſg.;
dat. acc. pl. verſchmilzt das-u mit der flexion (1, 601.);
die einſchaltung eines i im nom. gen. pl. bleibt noch
räthſelhaft. Soll man-iv für einen paragogiſchen zu-
wachs halten? vgl. 1, 601. Schwerlich habe ich aber
die im altn. adj. glöggr, fölr vor flexionsvocalen aus-
brechenden-v 1, 742. richtig angeſehen, indem dieſe-v
urſprüngliche bildungs-v ſcheinen, wie die vergleichung
des goth. glagg-v-us mit glögg-r (f. glögg-v-r und
dann erſt für glögg-v-ur) lehrt, fölr lautete goth. ver-
muthlich fal-vs, nicht fal-v-us. Hiervon, überhaupt
von andern-v, hernach bei den conſonantiſchen bildungen.

(OO) die ableitung-ô

1) findet sich in der zweiten ſchw. conj. und ver-
zehrt den ſie berührenden flexionsvocal (1, 849.). Dieſes
ô geht im alth. und altſ. nicht, oder höchſt ſelten in-uo
über (1, 96.). Agſ. hat es ſich nur ſchwankend im praet.,
nicht im praeſ. erhalten (1, 906.); altn. in a (oder â?)
verändert. Gleiches a behält unter den ſpätern ſprachen
nur die ſchwediſche, alle übrigen zeigen e, das ſie ſogar
hin und wieder im praet. wegwerfen; ihr e im praeſ.
kann man für das alte ô oder für den flexionsvocal hal-
ten. Alle wörter der gedachten conj., ſo einfach ſie in
neuern ſprachen ausſehen, ſind jederzeit abgeleitete.

2) das ô in der goth. erſten decl. ſchwed. fem.
(tugg-ô, tugg-ôns) gehört nicht der ableitung, bloß
der flexion, α) weil ihm alth. â, û, kein ô wie in
zweiter ſchw. conj. entſpricht. β) weil das dem adj. blind-
ô (coeca) ganz parallele maſc. blind-a (coecus) kein ô
hat. Man darf alſo nicht blindô aus blindôa erklären,
wie ſalbô aus ſalbôa.

(AI) auch die ableitung -ái, alth. -ê herrſcht ledig-
lich in der dritten ſchw. conj., verbindet ſich aber anders
mit den flexionsvocalen (1, 850.); ſie hat im alth. zu-
längſt gedauert, in den übrigen mundarten ſich gleich dem
ô in a, e verwandelt. Wo bei dem nomen -ái, -ê vor-
kommt, iſt es flexiviſch, ebenſo im praeſ. conj. aller
conjugationen. —

(EI) goth. -ei, alth. -î keine organiſche einfache
ableitung, vielmehr

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[95/0113] III. reinvocaliſche ableitungen. 4) übergang des u in v bei den unter 1. genannten wörtern erfolgt nur im goth. abgeleiteten ſchwachen verbo ſkad-v-jan (umbrare) und im gen. pl. ſun-ivê, fôt- ivê, þaúrn-ivê, liþ-ivê, tunþ-ivê, vint-r-ivê; un- belegt sind aſ-il-ivê, þiud-in-aſſ-ivê, doch zu er- warten, oder aſ-il-vê? aſ-l-ivê? Im gen. dat. ſg.; dat. acc. pl. verſchmilzt das-u mit der flexion (1, 601.); die einſchaltung eines i im nom. gen. pl. bleibt noch räthſelhaft. Soll man-iv für einen paragogiſchen zu- wachs halten? vgl. 1, 601. Schwerlich habe ich aber die im altn. adj. glöggr, fölr vor flexionsvocalen aus- brechenden-v 1, 742. richtig angeſehen, indem dieſe-v urſprüngliche bildungs-v ſcheinen, wie die vergleichung des goth. glagg-v-us mit glögg-r (f. glögg-v-r und dann erſt für glögg-v-ur) lehrt, fölr lautete goth. ver- muthlich fal-vs, nicht fal-v-us. Hiervon, überhaupt von andern-v, hernach bei den conſonantiſchen bildungen. (OO) die ableitung-ô 1) findet sich in der zweiten ſchw. conj. und ver- zehrt den ſie berührenden flexionsvocal (1, 849.). Dieſes ô geht im alth. und altſ. nicht, oder höchſt ſelten in-uo über (1, 96.). Agſ. hat es ſich nur ſchwankend im praet., nicht im praeſ. erhalten (1, 906.); altn. in a (oder â?) verändert. Gleiches a behält unter den ſpätern ſprachen nur die ſchwediſche, alle übrigen zeigen e, das ſie ſogar hin und wieder im praet. wegwerfen; ihr e im praeſ. kann man für das alte ô oder für den flexionsvocal hal- ten. Alle wörter der gedachten conj., ſo einfach ſie in neuern ſprachen ausſehen, ſind jederzeit abgeleitete. 2) das ô in der goth. erſten decl. ſchwed. fem. (tugg-ô, tugg-ôns) gehört nicht der ableitung, bloß der flexion, α) weil ihm alth. â, û, kein ô wie in zweiter ſchw. conj. entſpricht. β) weil das dem adj. blind- ô (coeca) ganz parallele maſc. blind-a (coecus) kein ô hat. Man darf alſo nicht blindô aus blindôa erklären, wie ſalbô aus ſalbôa. (AI) auch die ableitung -ái, alth. -ê herrſcht ledig- lich in der dritten ſchw. conj., verbindet ſich aber anders mit den flexionsvocalen (1, 850.); ſie hat im alth. zu- längſt gedauert, in den übrigen mundarten ſich gleich dem ô in a, e verwandelt. Wo bei dem nomen -ái, -ê vor- kommt, iſt es flexiviſch, ebenſo im praeſ. conj. aller conjugationen. — (EI) goth. -ei, alth. -î keine organiſche einfache ableitung, vielmehr

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/113>, abgerufen am 31.10.2024.