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Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826.

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III. consonantische ableitungen. H.
4. III. 5, 59. 15, 86. IV. 15, 59 etc., wogegen ab-ah K.
23b 58a T. 13, 3. O. III. 7, 163. etc. assimilation scheint,
ab-oh aber J. 379. 399. wegen verwandlung des u vor h
ganz gerecht. N. hat ab-eh 71, 4. Nur auf den conso-
nanten fällt der zweifel, ob hier nicht die auslautend zu
-h werdende ahd. aspirata gemeint, und ap-uh einerlei
oder nahverwandt mit dem goth. ib-uks sei? dem ich
oben s. 286. das ahd. subst. ep-ih zur seite gestellt habe.
Da indessen der wurzelvocal abweicht, auch das ahd.
adj. inlautend einfache spirans behält, nicht in hh, ch
verändert; so halte ich lieber ibuks und apuh für ver-
schiedne wörter. Jenes würde auf ahd. ep-uh, ep-uhhes
heißen, dieses auf goth. ab-auhs? Die schweizersprache
kennt noch ab-äch (schief, verkehrt) und das räume ich
ein, daß das meistersängerische ebech (retrogradum) auch
für ein ebech (perversum) genommen werden möge. Das
verbum ab-ahon (evertere, improbare) liest man bei O.
häufig.


bemerkungen zu den H-ableitungen

1) dem deutschen h entspricht lat. tenuis (cornu,
haurn; ccecus, haihs) daher sich auch elaho, salaha, va-
rah mit alce, salix, porcus vergleichen.

2) da sich das goth. ainaha von dem ahd. einac (=
goth. ainags) entfernt; stainahs aber eben wohl ahd.
steinac (= goth. stainags) heißen könnte; so dringt
die vermuthung auf, daß sämmtliche goth. -ags und
ahd. -ac aus älteren, organischen -ahs, -ah erwachsen
seien? wodurch sie mit den lat. icus, -ax in größere ein-
stimmung treten würden, vgl. vorhin s. 310. und hernach
unten die -ht statt -h.

3) des wechsels zwischen -h und -v ist bereits s. 193.
gedacht worden; läßt sich auch elaho zus. stellen mit
griech. elaphos? --


Nach abhandlung der ableitungen mit einzelner con-
sonanz (s. 98.) kommt jetzt die reihe an die mit zwei
consonanten, zuerst an die geminationen, dann an die
übrigen fälle. Sie alle zeigen weit geringere bildungsfä-
higkeit, als die ableitungen, wo bloß ein consonant im spiel
war; gewöhnlich finden sich von ihnen nur substantiva,
selten adjectiva, noch seltner verba.

III. conſonantiſche ableitungen. H.
4. III. 5, 59. 15, 86. IV. 15, 59 etc., wogegen ab-ah K.
23b 58a T. 13, 3. O. III. 7, 163. etc. aſſimilation ſcheint,
ab-oh aber J. 379. 399. wegen verwandlung des u vor h
ganz gerecht. N. hat ab-eh 71, 4. Nur auf den conſo-
nanten fällt der zweifel, ob hier nicht die auslautend zu
-h werdende ahd. aſpirata gemeint, und ap-uh einerlei
oder nahverwandt mit dem goth. ïb-uks ſei? dem ich
oben ſ. 286. das ahd. ſubſt. ëp-ih zur ſeite geſtellt habe.
Da indeſſen der wurzelvocal abweicht, auch das ahd.
adj. inlautend einfache ſpirans behält, nicht in hh, ch
verändert; ſo halte ich lieber ibuks und apuh für ver-
ſchiedne wörter. Jenes würde auf ahd. ëp-uh, ëp-uhhes
heißen, dieſes auf goth. ab-aúhs? Die ſchweizerſprache
kennt noch ab-äch (ſchief, verkehrt) und das räume ich
ein, daß das meiſterſängeriſche ëbech (retrogradum) auch
für ein ebech (perverſum) genommen werden möge. Das
verbum ab-ahôn (evertere, improbare) lieſt man bei O.
häufig.


bemerkungen zu den H-ableitungen

1) dem deutſchen h entſpricht lat. tenuis (cornu,
haúrn; ccecus, haíhs) daher ſich auch ëlaho, ſalaha, va-
rah mit alce, ſalix, porcus vergleichen.

2) da ſich das goth. áinaha von dem ahd. einac (=
goth. áinags) entfernt; ſtáinahs aber eben wohl ahd.
ſteinac (= goth. ſtáinags) heißen könnte; ſo dringt
die vermuthung auf, daß ſämmtliche goth. -ags und
ahd. -ac aus älteren, organiſchen -ahs, -ah erwachſen
ſeien? wodurch ſie mit den lat. icus, -ax in größere ein-
ſtimmung treten würden, vgl. vorhin ſ. 310. und hernach
unten die -ht ſtatt -h.

3) des wechſels zwiſchen -h und -v iſt bereits ſ. 193.
gedacht worden; läßt ſich auch ëlaho zuſ. ſtellen mit
griech. ἔλαφος? —


Nach abhandlung der ableitungen mit einzelner con-
ſonanz (ſ. 98.) kommt jetzt die reihe an die mit zwei
conſonanten, zuerſt an die geminationen, dann an die
übrigen fälle. Sie alle zeigen weit geringere bildungsfä-
higkeit, als die ableitungen, wo bloß ein conſonant im ſpiel
war; gewöhnlich finden ſich von ihnen nur ſubſtantiva,
ſelten adjectiva, noch ſeltner verba.

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[316/0334] III. conſonantiſche ableitungen. H. 4. III. 5, 59. 15, 86. IV. 15, 59 etc., wogegen ab-ah K. 23b 58a T. 13, 3. O. III. 7, 163. etc. aſſimilation ſcheint, ab-oh aber J. 379. 399. wegen verwandlung des u vor h ganz gerecht. N. hat ab-eh 71, 4. Nur auf den conſo- nanten fällt der zweifel, ob hier nicht die auslautend zu -h werdende ahd. aſpirata gemeint, und ap-uh einerlei oder nahverwandt mit dem goth. ïb-uks ſei? dem ich oben ſ. 286. das ahd. ſubſt. ëp-ih zur ſeite geſtellt habe. Da indeſſen der wurzelvocal abweicht, auch das ahd. adj. inlautend einfache ſpirans behält, nicht in hh, ch verändert; ſo halte ich lieber ibuks und apuh für ver- ſchiedne wörter. Jenes würde auf ahd. ëp-uh, ëp-uhhes heißen, dieſes auf goth. ab-aúhs? Die ſchweizerſprache kennt noch ab-äch (ſchief, verkehrt) und das räume ich ein, daß das meiſterſängeriſche ëbech (retrogradum) auch für ein ebech (perverſum) genommen werden möge. Das verbum ab-ahôn (evertere, improbare) lieſt man bei O. häufig. bemerkungen zu den H-ableitungen 1) dem deutſchen h entſpricht lat. tenuis (cornu, haúrn; ccecus, haíhs) daher ſich auch ëlaho, ſalaha, va- rah mit alce, ſalix, porcus vergleichen. 2) da ſich das goth. áinaha von dem ahd. einac (= goth. áinags) entfernt; ſtáinahs aber eben wohl ahd. ſteinac (= goth. ſtáinags) heißen könnte; ſo dringt die vermuthung auf, daß ſämmtliche goth. -ags und ahd. -ac aus älteren, organiſchen -ahs, -ah erwachſen ſeien? wodurch ſie mit den lat. icus, -ax in größere ein- ſtimmung treten würden, vgl. vorhin ſ. 310. und hernach unten die -ht ſtatt -h. 3) des wechſels zwiſchen -h und -v iſt bereits ſ. 193. gedacht worden; läßt ſich auch ëlaho zuſ. ſtellen mit griech. ἔλαφος? — Nach abhandlung der ableitungen mit einzelner con- ſonanz (ſ. 98.) kommt jetzt die reihe an die mit zwei conſonanten, zuerſt an die geminationen, dann an die übrigen fälle. Sie alle zeigen weit geringere bildungsfä- higkeit, als die ableitungen, wo bloß ein conſonant im ſpiel war; gewöhnlich finden ſich von ihnen nur ſubſtantiva, ſelten adjectiva, noch ſeltner verba.

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob: Deutsche Grammatik. Bd. 2. Göttingen, 1826, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_grammatik02_1826/334>, abgerufen am 27.04.2024.