Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

Brüder besuchen. Diese waren reich von ih-
rem vielen Gold und Silber und wie er nun
kam, einen alten zerrissenen Rock anhabend, da
wollten sie ihn nicht für ihren Bruder erken-
nen. Alsobald schlug er auf seinen Tornister
und ließ 150 Mann aufmarschiren, die mußten
seinen Brüdern die Hucke (den Buckel) recht
vollschlagen. Das ganze Dorf kam zu Hülfe,
aber sie richteten wenig aus bei der Sache; da
ward es dem König gemeldet, der schickte ein
militärisch Commando ab, diese Soldaten ge-
fangen zu nehmen; aber der Schwarzenfelser
schlug in einem hin auf seinen Ranzen und
ließ Infanterie und Cavallerie aufmarschiren,
die schlugen das militärische Commando wieder
zurück an seinen Ort. Am andern Tag ließ
der König noch viel mehr Volk ausmarschiren
um den alten Kerl in Ruh zu setzen. Der
aber schlug auf seinen Ranzen so lang bis eine
ganze Armee herausgekommen, dazu drehte er
seinen Hut ein paar mal, da gingen die Cano-
nen und der Feind ward geschlagen und in die
Flucht gejagt. Da ward Friede geschlossen und
er zum Vicekönig gemacht, wie auch die Prin-
zessin ihm zur Gemahlin gegeben.

Der Prinzessin aber lag es beständig im
Sinn, daß sie so einen alten Kerl zum Gemahl
nehmen müssen und wünschte nichts mehr, als
daß sie ihn wieder los werden könnte. Sie

Bruͤder beſuchen. Dieſe waren reich von ih-
rem vielen Gold und Silber und wie er nun
kam, einen alten zerriſſenen Rock anhabend, da
wollten ſie ihn nicht fuͤr ihren Bruder erken-
nen. Alſobald ſchlug er auf ſeinen Torniſter
und ließ 150 Mann aufmarſchiren, die mußten
ſeinen Bruͤdern die Hucke (den Buckel) recht
vollſchlagen. Das ganze Dorf kam zu Huͤlfe,
aber ſie richteten wenig aus bei der Sache; da
ward es dem Koͤnig gemeldet, der ſchickte ein
militaͤriſch Commando ab, dieſe Soldaten ge-
fangen zu nehmen; aber der Schwarzenfelſer
ſchlug in einem hin auf ſeinen Ranzen und
ließ Infanterie und Cavallerie aufmarſchiren,
die ſchlugen das militaͤriſche Commando wieder
zuruͤck an ſeinen Ort. Am andern Tag ließ
der Koͤnig noch viel mehr Volk ausmarſchiren
um den alten Kerl in Ruh zu ſetzen. Der
aber ſchlug auf ſeinen Ranzen ſo lang bis eine
ganze Armee herausgekommen, dazu drehte er
ſeinen Hut ein paar mal, da gingen die Cano-
nen und der Feind ward geſchlagen und in die
Flucht gejagt. Da ward Friede geſchloſſen und
er zum Vicekoͤnig gemacht, wie auch die Prin-
zeſſin ihm zur Gemahlin gegeben.

Der Prinzeſſin aber lag es beſtaͤndig im
Sinn, daß ſie ſo einen alten Kerl zum Gemahl
nehmen muͤſſen und wuͤnſchte nichts mehr, als
daß ſie ihn wieder los werden koͤnnte. Sie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0209" n="175"/>
Bru&#x0364;der be&#x017F;uchen. Die&#x017F;e waren reich von ih-<lb/>
rem vielen Gold und Silber und wie er nun<lb/>
kam, einen alten zerri&#x017F;&#x017F;enen Rock anhabend, da<lb/>
wollten &#x017F;ie ihn nicht fu&#x0364;r ihren Bruder erken-<lb/>
nen. Al&#x017F;obald &#x017F;chlug er auf &#x017F;einen Torni&#x017F;ter<lb/>
und ließ 150 Mann aufmar&#x017F;chiren, die mußten<lb/>
&#x017F;einen Bru&#x0364;dern die Hucke (den Buckel) recht<lb/>
voll&#x017F;chlagen. Das ganze Dorf kam zu Hu&#x0364;lfe,<lb/>
aber &#x017F;ie richteten wenig aus bei der Sache; da<lb/>
ward es dem Ko&#x0364;nig gemeldet, der &#x017F;chickte ein<lb/>
milita&#x0364;ri&#x017F;ch Commando ab, die&#x017F;e Soldaten ge-<lb/>
fangen zu nehmen; aber der Schwarzenfel&#x017F;er<lb/>
&#x017F;chlug in einem hin auf &#x017F;einen Ranzen und<lb/>
ließ Infanterie und Cavallerie <choice><sic>aufmar&#x017F;chireen</sic><corr>aufmar&#x017F;chiren</corr></choice>,<lb/>
die &#x017F;chlugen das milita&#x0364;ri&#x017F;che Commando wieder<lb/><choice><sic>znru&#x0364;ck</sic><corr>zuru&#x0364;ck</corr></choice> an &#x017F;einen Ort. Am andern Tag ließ<lb/>
der Ko&#x0364;nig noch viel mehr Volk ausmar&#x017F;chiren<lb/>
um den alten Kerl in Ruh zu &#x017F;etzen. Der<lb/>
aber &#x017F;chlug auf &#x017F;einen Ranzen &#x017F;o lang bis eine<lb/>
ganze Armee herausgekommen, dazu drehte er<lb/>
&#x017F;einen Hut ein paar mal, da gingen die Cano-<lb/>
nen und der Feind ward ge&#x017F;chlagen und in die<lb/>
Flucht gejagt. Da ward Friede ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en und<lb/>
er zum Viceko&#x0364;nig gemacht, wie auch die Prin-<lb/>
ze&#x017F;&#x017F;in ihm zur Gemahlin gegeben.</p><lb/>
        <p>Der Prinze&#x017F;&#x017F;in aber lag es be&#x017F;ta&#x0364;ndig im<lb/>
Sinn, daß &#x017F;ie &#x017F;o einen alten Kerl zum Gemahl<lb/>
nehmen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en und wu&#x0364;n&#x017F;chte nichts mehr, als<lb/>
daß &#x017F;ie ihn wieder los werden ko&#x0364;nnte. Sie<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0209] Bruͤder beſuchen. Dieſe waren reich von ih- rem vielen Gold und Silber und wie er nun kam, einen alten zerriſſenen Rock anhabend, da wollten ſie ihn nicht fuͤr ihren Bruder erken- nen. Alſobald ſchlug er auf ſeinen Torniſter und ließ 150 Mann aufmarſchiren, die mußten ſeinen Bruͤdern die Hucke (den Buckel) recht vollſchlagen. Das ganze Dorf kam zu Huͤlfe, aber ſie richteten wenig aus bei der Sache; da ward es dem Koͤnig gemeldet, der ſchickte ein militaͤriſch Commando ab, dieſe Soldaten ge- fangen zu nehmen; aber der Schwarzenfelſer ſchlug in einem hin auf ſeinen Ranzen und ließ Infanterie und Cavallerie aufmarſchiren, die ſchlugen das militaͤriſche Commando wieder zuruͤck an ſeinen Ort. Am andern Tag ließ der Koͤnig noch viel mehr Volk ausmarſchiren um den alten Kerl in Ruh zu ſetzen. Der aber ſchlug auf ſeinen Ranzen ſo lang bis eine ganze Armee herausgekommen, dazu drehte er ſeinen Hut ein paar mal, da gingen die Cano- nen und der Feind ward geſchlagen und in die Flucht gejagt. Da ward Friede geſchloſſen und er zum Vicekoͤnig gemacht, wie auch die Prin- zeſſin ihm zur Gemahlin gegeben. Der Prinzeſſin aber lag es beſtaͤndig im Sinn, daß ſie ſo einen alten Kerl zum Gemahl nehmen muͤſſen und wuͤnſchte nichts mehr, als daß ſie ihn wieder los werden koͤnnte. Sie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/209
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 1. Berlin, 1812, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1812/209>, abgerufen am 30.04.2024.