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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819.

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schweren, gewöhnlichen Feldstein, der neben ihm lag auf, "da habt ihr auch noch einen tüchtigen Stein dazu, auf dem sichs gut schlagen läßt und ihr eure alten Nägel gerad klopfen könnt. Nehmt ihn und hebt ihn ordentlich auf."

Hans lud den Stein auf und ging mit vergnügtem Herzen weiter, seine Augen leuchteten vor Freude und er sprach für sich: "ich muß in einer Glückshaut geboren seyn, alles was ich wünsche trifft mir ein, wie einem Sonntagskind." Jndessen, weil er seit Tagesanbruch auf den Beinen gewesen, begann er müd zu werden; auch plagte ihn der Hunger, da er allen Vorrath auf einmal in der Freude über die erhandelte Kuh, aufgezehrt hatte. Er konnte endlich nur mit Mühe weiter gehen und mußte jeden Augenblick Halt machen, dabei drückten ihn die Steine ganz erbärmlich. Da konnte er sich des Gedankens nicht erwehren, wie gut es wäre, wenn er sie gerade jetzt nicht zu tragen brauchte. Wie eine Schnecke kam er zu einem Feldbrunnen geschlichen, da wollte er ruhen und sich mit einem frischen Trunk laben; damit er aber die Steine im Niedersitzen nicht beschädigte, legte er sie bedächtig neben sich auf den Rand des Brunnens. Darauf drehte er sich um, und wollte sich zum Trinken bücken, da versah ers, stieß ein klein wenig an, und beide Steine plumpten hinab. Hans, als er sie mit seinen Augen in die Tiefe hatte versinken sehen, sprang vor Freuden auf, kniete dann nieder und dankte Gott mit Thränen in den Augen, daß er ihm auch diese Gnade erwiesen und auf eine so gute Art von den Steinen befreit, das sey das einzige, was ihm noch zu seinem Glück gefehlt. "So glücklich wie ich, rief er aus,

schweren, gewoͤhnlichen Feldstein, der neben ihm lag auf, „da habt ihr auch noch einen tuͤchtigen Stein dazu, auf dem sichs gut schlagen laͤßt und ihr eure alten Naͤgel gerad klopfen koͤnnt. Nehmt ihn und hebt ihn ordentlich auf.“

Hans lud den Stein auf und ging mit vergnuͤgtem Herzen weiter, seine Augen leuchteten vor Freude und er sprach fuͤr sich: „ich muß in einer Gluͤckshaut geboren seyn, alles was ich wuͤnsche trifft mir ein, wie einem Sonntagskind.“ Jndessen, weil er seit Tagesanbruch auf den Beinen gewesen, begann er muͤd zu werden; auch plagte ihn der Hunger, da er allen Vorrath auf einmal in der Freude uͤber die erhandelte Kuh, aufgezehrt hatte. Er konnte endlich nur mit Muͤhe weiter gehen und mußte jeden Augenblick Halt machen, dabei druͤckten ihn die Steine ganz erbaͤrmlich. Da konnte er sich des Gedankens nicht erwehren, wie gut es waͤre, wenn er sie gerade jetzt nicht zu tragen brauchte. Wie eine Schnecke kam er zu einem Feldbrunnen geschlichen, da wollte er ruhen und sich mit einem frischen Trunk laben; damit er aber die Steine im Niedersitzen nicht beschaͤdigte, legte er sie bedaͤchtig neben sich auf den Rand des Brunnens. Darauf drehte er sich um, und wollte sich zum Trinken buͤcken, da versah ers, stieß ein klein wenig an, und beide Steine plumpten hinab. Hans, als er sie mit seinen Augen in die Tiefe hatte versinken sehen, sprang vor Freuden auf, kniete dann nieder und dankte Gott mit Thraͤnen in den Augen, daß er ihm auch diese Gnade erwiesen und auf eine so gute Art von den Steinen befreit, das sey das einzige, was ihm noch zu seinem Gluͤck gefehlt. „So gluͤcklich wie ich, rief er aus,

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Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12545-9) in Bd. 1, S. 7–27 ein aussagekräftiges Vorwort.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 1. Berlin, 1819, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1819/493>, abgerufen am 29.04.2024.