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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837.

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Die eine zog den Faden und trat das Rad; die andere netzte den Faden, die dritte drehte ihn, und schlug mit dem Finger auf den Tisch, und so oft sie schlug, fiel eine Zahl Garn zur Erde, und das war aufs feinste gesponnen. Vor der Königin verbarg sie die drei Spinnerinnen, und zeigte ihr, so oft sie kam, die Menge des gesponnenen Garns, daß diese des Lobes kein Ende fand. Als die erste Kammer leer war, giengs an die zweite, endlich an die dritte, und die war auch bald zu Ende. Nun nahmen die drei Weiber Abschied und sagten zum Mädchen 'vergiß nicht, was du uns versprochen hast: es wird dein Glück seyn.'

Als das Mädchen der Königin die leeren Kammern und den großen Haufen Garn zeigte, richtete sie die Hochzeit aus, und der Bräutigam freute sich daß er eine so geschickte und fleißige Frau bekäme, und lobte sie gar sehr. 'Jch habe drei Basen, sprach das Mädchen, 'da sie mir viel Gutes gethan, so wollte ich sie nicht gern in meinem Glück vergessen: erlaubt doch daß ich sie zu der Hochzeit einlade, und daß sie mit an dem Tisch sitzen.' Die Königin und der Bräutigam gaben gern ihre Einwilligung. Als nun das Fest anhub, traten die drei Jungfern in wunderlicher Tracht herein, und die Braut sprach 'seyd willkommen, liebe Basen.' 'Ach,' sagte der Bräutigam, 'wie kommst du zu der garstigen Freundschaft?' Darauf gieng er zu der einen mit dem breiten Platschfuß, und fragte 'warum habt ihr einen solchen breiten Fuß? 'Vom Treten,' antwortete sie, 'vom Treten.' Da gieng der Bräutigam zur zweiten, und

Die eine zog den Faden und trat das Rad; die andere netzte den Faden, die dritte drehte ihn, und schlug mit dem Finger auf den Tisch, und so oft sie schlug, fiel eine Zahl Garn zur Erde, und das war aufs feinste gesponnen. Vor der Koͤnigin verbarg sie die drei Spinnerinnen, und zeigte ihr, so oft sie kam, die Menge des gesponnenen Garns, daß diese des Lobes kein Ende fand. Als die erste Kammer leer war, giengs an die zweite, endlich an die dritte, und die war auch bald zu Ende. Nun nahmen die drei Weiber Abschied und sagten zum Maͤdchen ‘vergiß nicht, was du uns versprochen hast: es wird dein Gluͤck seyn.’

Als das Maͤdchen der Koͤnigin die leeren Kammern und den großen Haufen Garn zeigte, richtete sie die Hochzeit aus, und der Braͤutigam freute sich daß er eine so geschickte und fleißige Frau bekaͤme, und lobte sie gar sehr. ‘Jch habe drei Basen, sprach das Maͤdchen, ‘da sie mir viel Gutes gethan, so wollte ich sie nicht gern in meinem Gluͤck vergessen: erlaubt doch daß ich sie zu der Hochzeit einlade, und daß sie mit an dem Tisch sitzen.’ Die Koͤnigin und der Braͤutigam gaben gern ihre Einwilligung. Als nun das Fest anhub, traten die drei Jungfern in wunderlicher Tracht herein, und die Braut sprach ‘seyd willkommen, liebe Basen.’ ‘Ach,’ sagte der Braͤutigam, ‘wie kommst du zu der garstigen Freundschaft?’ Darauf gieng er zu der einen mit dem breiten Platschfuß, und fragte ‘warum habt ihr einen solchen breiten Fuß? ‘Vom Treten,’ antwortete sie, ‘vom Treten.’ Da gieng der Braͤutigam zur zweiten, und

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[91/0122] Die eine zog den Faden und trat das Rad; die andere netzte den Faden, die dritte drehte ihn, und schlug mit dem Finger auf den Tisch, und so oft sie schlug, fiel eine Zahl Garn zur Erde, und das war aufs feinste gesponnen. Vor der Koͤnigin verbarg sie die drei Spinnerinnen, und zeigte ihr, so oft sie kam, die Menge des gesponnenen Garns, daß diese des Lobes kein Ende fand. Als die erste Kammer leer war, giengs an die zweite, endlich an die dritte, und die war auch bald zu Ende. Nun nahmen die drei Weiber Abschied und sagten zum Maͤdchen ‘vergiß nicht, was du uns versprochen hast: es wird dein Gluͤck seyn.’ Als das Maͤdchen der Koͤnigin die leeren Kammern und den großen Haufen Garn zeigte, richtete sie die Hochzeit aus, und der Braͤutigam freute sich daß er eine so geschickte und fleißige Frau bekaͤme, und lobte sie gar sehr. ‘Jch habe drei Basen, sprach das Maͤdchen, ‘da sie mir viel Gutes gethan, so wollte ich sie nicht gern in meinem Gluͤck vergessen: erlaubt doch daß ich sie zu der Hochzeit einlade, und daß sie mit an dem Tisch sitzen.’ Die Koͤnigin und der Braͤutigam gaben gern ihre Einwilligung. Als nun das Fest anhub, traten die drei Jungfern in wunderlicher Tracht herein, und die Braut sprach ‘seyd willkommen, liebe Basen.’ ‘Ach,’ sagte der Braͤutigam, ‘wie kommst du zu der garstigen Freundschaft?’ Darauf gieng er zu der einen mit dem breiten Platschfuß, und fragte ‘warum habt ihr einen solchen breiten Fuß? ‘Vom Treten,’ antwortete sie, ‘vom Treten.’ Da gieng der Braͤutigam zur zweiten, und

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1837, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1837/122>, abgerufen am 30.04.2024.