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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857.

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Petrus an, und sagte 'so nimm doch was, wir brauchens ja.' Endlich brachte die Bäuerin ein Lamm und sprach zu dem heil. Petrus das müßte er annehmen, aber er wollte es nicht. Da stieß ihn der Bruder Lustig in die Seite und sprach 'nimms doch, dummer Teufel, wir brauchens ja.' Da sagte der heil. Petrus endlich 'ja, das Lamm will ich nehmen, aber ich trags nicht: wenn dus willst, so mußt du es tragen.' 'Das hat keine Noth,' sprach der Bruder Lustig, 'das will ich schon tragen,' und nahms auf die Schulter. Nun giengen sie fort und kamen in einen Wald, da war das Lamm dem Bruder Lustig schwer geworden, er aber war hungrig, also sprach er zu dem heil. Petrus 'schau, da ist ein schöner Platz, da könnten wir das Lamm kochen und verzehren.' 'Mir ists recht,' antwortete der heil. Petrus, 'doch kann ich mit der Kocherei nicht umgehen: willst du kochen, so hast du da einen Kessel, ich will derweil auf und ab gehen, bis es gahr ist. Du mußt aber nicht eher zu essen anfangen, als bis ich wieder zurück bin; ich will schon zu rechter Zeit kommen.' 'Geh nur,' sagte Bruder Lustig, 'ich verstehe mich aufs Kochen, ich wills schon machen.' Da gieng der heil. Petrus fort, und der Bruder Lustig schlachtete das Lamm, machte Feuer an, warf das Fleisch in den Kessel und kochte. Das Lamm war aber schon gahr und der Apostel noch immer nicht zurück, da nahm es der Bruder Lustig aus dem Kessel, zerschnitt es und fand das Herz. 'Das soll das Beste sein,' sprach er und versuchte es, zuletzt aber aß er es ganz auf. Endlich kam der heil. Petrus zurück und sprach 'du kannst das ganze Lamm allein essen, ich will nur das Herz davon, das gib mir.' Da nahm Bruder Lustig Messer und Gabel, that als suchte er eifrig in dem Lammfleisch herum, konnte aber das Herz nicht finden; endlich sagte er kurz weg 'es ist keins da.' 'Nun, wo solls denn sein?' sagte der Apostel. 'Das weiß ich nicht,' antwortete der Bruder Lustig, 'aber schau, was sind wir alle beide für Narren,

Petrus an, und sagte ‘so nimm doch was, wir brauchens ja.’ Endlich brachte die Bäuerin ein Lamm und sprach zu dem heil. Petrus das müßte er annehmen, aber er wollte es nicht. Da stieß ihn der Bruder Lustig in die Seite und sprach ‘nimms doch, dummer Teufel, wir brauchens ja.’ Da sagte der heil. Petrus endlich ‘ja, das Lamm will ich nehmen, aber ich trags nicht: wenn dus willst, so mußt du es tragen.’ ‘Das hat keine Noth,’ sprach der Bruder Lustig, ‘das will ich schon tragen,’ und nahms auf die Schulter. Nun giengen sie fort und kamen in einen Wald, da war das Lamm dem Bruder Lustig schwer geworden, er aber war hungrig, also sprach er zu dem heil. Petrus ‘schau, da ist ein schöner Platz, da könnten wir das Lamm kochen und verzehren.’ ‘Mir ists recht,’ antwortete der heil. Petrus, ‘doch kann ich mit der Kocherei nicht umgehen: willst du kochen, so hast du da einen Kessel, ich will derweil auf und ab gehen, bis es gahr ist. Du mußt aber nicht eher zu essen anfangen, als bis ich wieder zurück bin; ich will schon zu rechter Zeit kommen.’ ‘Geh nur,’ sagte Bruder Lustig, ‘ich verstehe mich aufs Kochen, ich wills schon machen.’ Da gieng der heil. Petrus fort, und der Bruder Lustig schlachtete das Lamm, machte Feuer an, warf das Fleisch in den Kessel und kochte. Das Lamm war aber schon gahr und der Apostel noch immer nicht zurück, da nahm es der Bruder Lustig aus dem Kessel, zerschnitt es und fand das Herz. ‘Das soll das Beste sein,’ sprach er und versuchte es, zuletzt aber aß er es ganz auf. Endlich kam der heil. Petrus zurück und sprach ‘du kannst das ganze Lamm allein essen, ich will nur das Herz davon, das gib mir.’ Da nahm Bruder Lustig Messer und Gabel, that als suchte er eifrig in dem Lammfleisch herum, konnte aber das Herz nicht finden; endlich sagte er kurz weg ‘es ist keins da.’ ‘Nun, wo solls denn sein?’ sagte der Apostel. ‘Das weiß ich nicht,’ antwortete der Bruder Lustig, ‘aber schau, was sind wir alle beide für Narren,

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[404/0437] Petrus an, und sagte ‘so nimm doch was, wir brauchens ja.’ Endlich brachte die Bäuerin ein Lamm und sprach zu dem heil. Petrus das müßte er annehmen, aber er wollte es nicht. Da stieß ihn der Bruder Lustig in die Seite und sprach ‘nimms doch, dummer Teufel, wir brauchens ja.’ Da sagte der heil. Petrus endlich ‘ja, das Lamm will ich nehmen, aber ich trags nicht: wenn dus willst, so mußt du es tragen.’ ‘Das hat keine Noth,’ sprach der Bruder Lustig, ‘das will ich schon tragen,’ und nahms auf die Schulter. Nun giengen sie fort und kamen in einen Wald, da war das Lamm dem Bruder Lustig schwer geworden, er aber war hungrig, also sprach er zu dem heil. Petrus ‘schau, da ist ein schöner Platz, da könnten wir das Lamm kochen und verzehren.’ ‘Mir ists recht,’ antwortete der heil. Petrus, ‘doch kann ich mit der Kocherei nicht umgehen: willst du kochen, so hast du da einen Kessel, ich will derweil auf und ab gehen, bis es gahr ist. Du mußt aber nicht eher zu essen anfangen, als bis ich wieder zurück bin; ich will schon zu rechter Zeit kommen.’ ‘Geh nur,’ sagte Bruder Lustig, ‘ich verstehe mich aufs Kochen, ich wills schon machen.’ Da gieng der heil. Petrus fort, und der Bruder Lustig schlachtete das Lamm, machte Feuer an, warf das Fleisch in den Kessel und kochte. Das Lamm war aber schon gahr und der Apostel noch immer nicht zurück, da nahm es der Bruder Lustig aus dem Kessel, zerschnitt es und fand das Herz. ‘Das soll das Beste sein,’ sprach er und versuchte es, zuletzt aber aß er es ganz auf. Endlich kam der heil. Petrus zurück und sprach ‘du kannst das ganze Lamm allein essen, ich will nur das Herz davon, das gib mir.’ Da nahm Bruder Lustig Messer und Gabel, that als suchte er eifrig in dem Lammfleisch herum, konnte aber das Herz nicht finden; endlich sagte er kurz weg ‘es ist keins da.’ ‘Nun, wo solls denn sein?’ sagte der Apostel. ‘Das weiß ich nicht,’ antwortete der Bruder Lustig, ‘aber schau, was sind wir alle beide für Narren,

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 7. Aufl. Bd. 1. Göttingen, 1857, S. 404. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen01_1857/437>, abgerufen am 15.05.2024.