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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815.

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wusch sich nicht, kämmte sich nicht, schnippte sich
nicht, schnitt sich die Nägel und Haare nicht, und
wischte sich kein Wasser aus den Augen, und die
sieben Jahr waren ihm so kurz, daß er meinte,
es wär' nur ein halb Jahr gewesen. Wie nun
die Zeit vollends herum war, kam der Teufel
und sagte: "nun, Hans, was hast du gemacht?"
-- "Ich hab' das Feuer unter den Kesseln ge-
schürt, ich hab' gekehrt und den Kehrdreck hinter
die Thüre getragen." -- "Aber du hast auch in
die Kessel geguckt; dein Glück ist, daß du noch
Holz zugelegt hast, sonst war dein Leben verlo-
ren: jetzt ist deine Zeit herum, willst du wieder
heim?" "Ja, sagte der Soldat, ich wollt auch
gern sehen, was mein Vater daheim macht."
Sprach der Teufel: "damit du deinen verdienten
Lohn kriegst, geh und raff' dir deinen Ranzen
voll Kehrdreck und nimm's mit nach Haus, du
sollst auch gehen ungewaschen und ungekämmt,
mit langen Haaren am Kopf und am Bart, mit
ungeschnittenen Nägeln und mit trüben Augen,
und wenn du gefragt wirst, woher du kämst, sollst
du sagen: aus der Hölle; und wenn du gefragt
wirst, wer du wärst, sollst du sagen: des Teu-
fels rußiger Bruder und mein König auch." Der
Soldat schwieg still und that, was der Teufel
sagte, aber er war mit seinem Lohn gar nicht zu-
frieden.

Wie er nun wieder auf die Welt kam und

wuſch ſich nicht, kaͤmmte ſich nicht, ſchnippte ſich
nicht, ſchnitt ſich die Naͤgel und Haare nicht, und
wiſchte ſich kein Waſſer aus den Augen, und die
ſieben Jahr waren ihm ſo kurz, daß er meinte,
es waͤr’ nur ein halb Jahr geweſen. Wie nun
die Zeit vollends herum war, kam der Teufel
und ſagte: „nun, Hans, was haſt du gemacht?“
— „Ich hab’ das Feuer unter den Keſſeln ge-
ſchuͤrt, ich hab’ gekehrt und den Kehrdreck hinter
die Thuͤre getragen.“ — „Aber du haſt auch in
die Keſſel geguckt; dein Gluͤck iſt, daß du noch
Holz zugelegt haſt, ſonſt war dein Leben verlo-
ren: jetzt iſt deine Zeit herum, willſt du wieder
heim?“ „Ja, ſagte der Soldat, ich wollt auch
gern ſehen, was mein Vater daheim macht.“
Sprach der Teufel: „damit du deinen verdienten
Lohn kriegſt, geh und raff’ dir deinen Ranzen
voll Kehrdreck und nimm’s mit nach Haus, du
ſollſt auch gehen ungewaſchen und ungekaͤmmt,
mit langen Haaren am Kopf und am Bart, mit
ungeſchnittenen Naͤgeln und mit truͤben Augen,
und wenn du gefragt wirſt, woher du kaͤmſt, ſollſt
du ſagen: aus der Hoͤlle; und wenn du gefragt
wirſt, wer du waͤrſt, ſollſt du ſagen: des Teu-
fels rußiger Bruder und mein Koͤnig auch.“ Der
Soldat ſchwieg ſtill und that, was der Teufel
ſagte, aber er war mit ſeinem Lohn gar nicht zu-
frieden.

Wie er nun wieder auf die Welt kam und

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[96/0117] wuſch ſich nicht, kaͤmmte ſich nicht, ſchnippte ſich nicht, ſchnitt ſich die Naͤgel und Haare nicht, und wiſchte ſich kein Waſſer aus den Augen, und die ſieben Jahr waren ihm ſo kurz, daß er meinte, es waͤr’ nur ein halb Jahr geweſen. Wie nun die Zeit vollends herum war, kam der Teufel und ſagte: „nun, Hans, was haſt du gemacht?“ — „Ich hab’ das Feuer unter den Keſſeln ge- ſchuͤrt, ich hab’ gekehrt und den Kehrdreck hinter die Thuͤre getragen.“ — „Aber du haſt auch in die Keſſel geguckt; dein Gluͤck iſt, daß du noch Holz zugelegt haſt, ſonſt war dein Leben verlo- ren: jetzt iſt deine Zeit herum, willſt du wieder heim?“ „Ja, ſagte der Soldat, ich wollt auch gern ſehen, was mein Vater daheim macht.“ Sprach der Teufel: „damit du deinen verdienten Lohn kriegſt, geh und raff’ dir deinen Ranzen voll Kehrdreck und nimm’s mit nach Haus, du ſollſt auch gehen ungewaſchen und ungekaͤmmt, mit langen Haaren am Kopf und am Bart, mit ungeſchnittenen Naͤgeln und mit truͤben Augen, und wenn du gefragt wirſt, woher du kaͤmſt, ſollſt du ſagen: aus der Hoͤlle; und wenn du gefragt wirſt, wer du waͤrſt, ſollſt du ſagen: des Teu- fels rußiger Bruder und mein Koͤnig auch.“ Der Soldat ſchwieg ſtill und that, was der Teufel ſagte, aber er war mit ſeinem Lohn gar nicht zu- frieden. Wie er nun wieder auf die Welt kam und

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/117>, abgerufen am 29.04.2024.