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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815.

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sagte er, nur alle 14 Tage, wenn die andern Ge-
sellen ihren bezahlt kriegen, will ich dir zwei
Streiche geben, die mußt du aushalten." Das
war der Geitzmann von Herzen zufrieden und
dachte damit viel Geld zu sparen. Am andern
Morgen sollte der fremde Gesell' zuerst vorschla-
gen, wie aber der Meister den glühenden Stab
bringt und er den ersten Schlag thut, da fliegt
das Eisen von einander und der Ambos sinkt in
die Erde, so tief, daß sie ihn gar nicht wieder
herausbringen konnten. Da ward der Geitzmann
bös und sagte: "ei was, dich kann ich nicht brau-
chen, du schlägst gar zu grob, was willst du für
den einen Zuschlag haben?" Da sprach er: ich
will dir nur einen ganz kleinen Streich geben,
weiter nichts." Und hob seinen Fuß auf und gab
ihm einen Tritt, daß er über vier Fuder Heu
hinausflog. Darauf nahm er den dicksten Eisen-
stab aus der Schmiede als einen Stock in die
Hand und ging weiter.

Als er eine Weile gezogen war, kam er zu
einem Amt und fragte den Amtmann, ob er kei-
nen Großknecht nöthig hätte. Ja, sagte der
Amtmann, er könnte einen brauchen, er sehe aus
wie ein tüchtiger Kerl, der schon was vermöchte,
wie viel er Jahrslohn haben wollte. Da sprach
er wieder, er wollt' gar keinen Lohn, aber alle
Jahre wollt' er ihm drei Streiche geben, die
müßte er aushalten. Das war der Amtmann

ſagte er, nur alle 14 Tage, wenn die andern Ge-
ſellen ihren bezahlt kriegen, will ich dir zwei
Streiche geben, die mußt du aushalten.“ Das
war der Geitzmann von Herzen zufrieden und
dachte damit viel Geld zu ſparen. Am andern
Morgen ſollte der fremde Geſell’ zuerſt vorſchla-
gen, wie aber der Meiſter den gluͤhenden Stab
bringt und er den erſten Schlag thut, da fliegt
das Eiſen von einander und der Ambos ſinkt in
die Erde, ſo tief, daß ſie ihn gar nicht wieder
herausbringen konnten. Da ward der Geitzmann
boͤs und ſagte: „ei was, dich kann ich nicht brau-
chen, du ſchlaͤgſt gar zu grob, was willſt du fuͤr
den einen Zuſchlag haben?“ Da ſprach er: ich
will dir nur einen ganz kleinen Streich geben,
weiter nichts.“ Und hob ſeinen Fuß auf und gab
ihm einen Tritt, daß er uͤber vier Fuder Heu
hinausflog. Darauf nahm er den dickſten Eiſen-
ſtab aus der Schmiede als einen Stock in die
Hand und ging weiter.

Als er eine Weile gezogen war, kam er zu
einem Amt und fragte den Amtmann, ob er kei-
nen Großknecht noͤthig haͤtte. Ja, ſagte der
Amtmann, er koͤnnte einen brauchen, er ſehe aus
wie ein tuͤchtiger Kerl, der ſchon was vermoͤchte,
wie viel er Jahrslohn haben wollte. Da ſprach
er wieder, er wollt’ gar keinen Lohn, aber alle
Jahre wollt’ er ihm drei Streiche geben, die
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[30/0051] ſagte er, nur alle 14 Tage, wenn die andern Ge- ſellen ihren bezahlt kriegen, will ich dir zwei Streiche geben, die mußt du aushalten.“ Das war der Geitzmann von Herzen zufrieden und dachte damit viel Geld zu ſparen. Am andern Morgen ſollte der fremde Geſell’ zuerſt vorſchla- gen, wie aber der Meiſter den gluͤhenden Stab bringt und er den erſten Schlag thut, da fliegt das Eiſen von einander und der Ambos ſinkt in die Erde, ſo tief, daß ſie ihn gar nicht wieder herausbringen konnten. Da ward der Geitzmann boͤs und ſagte: „ei was, dich kann ich nicht brau- chen, du ſchlaͤgſt gar zu grob, was willſt du fuͤr den einen Zuſchlag haben?“ Da ſprach er: ich will dir nur einen ganz kleinen Streich geben, weiter nichts.“ Und hob ſeinen Fuß auf und gab ihm einen Tritt, daß er uͤber vier Fuder Heu hinausflog. Darauf nahm er den dickſten Eiſen- ſtab aus der Schmiede als einen Stock in die Hand und ging weiter. Als er eine Weile gezogen war, kam er zu einem Amt und fragte den Amtmann, ob er kei- nen Großknecht noͤthig haͤtte. Ja, ſagte der Amtmann, er koͤnnte einen brauchen, er ſehe aus wie ein tuͤchtiger Kerl, der ſchon was vermoͤchte, wie viel er Jahrslohn haben wollte. Da ſprach er wieder, er wollt’ gar keinen Lohn, aber alle Jahre wollt’ er ihm drei Streiche geben, die muͤßte er aushalten. Das war der Amtmann

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. Bd. 2. Berlin, 1815, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1815/51>, abgerufen am 02.05.2024.