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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.

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geben und sie halten, wie ich euch sage, so zahl ich dafür, was ihr verlangt." Sprach der Müller: "warum das nicht? wie soll ich sie aber halten?" Da sagte der Jäger: "der alten Eselin, welche die Hexe war, sollt ihr täglich dreimal Prügel und keinmal zu fressen geben; der jüngern, welche die Magd war, einmal Prügel und dreimal Futter; und der jüngsten, welche das Mädchen war, keinmal Prügel und dreimal zu fressen;" denn er konnte es doch nicht über das Herz bringen, daß es sollte geschlagen werden. Darauf ging er zurück in das Schloß und was er nöthig hatte, das fand er alles darin.

Nach ein paar Tagen kam der Müller und sprach, "er müßte melden, daß die alte Eselin, die nur Schläge bekommen hätte und nichts zu fressen, gestorben wäre; und die zwei andern, sagte er weiter, sind zwar nicht gestorben und kriegen auch zu fressen, aber sie sind so traurig, daß es nicht lang mit ihnen dauern kann." Da erbarmte sich der Jäger und ließ allen Zorn fahren, und sprach zum Müller, er sollte sie wieder hertreiben. Und wie sie kamen, gab er ihnen von dem guten Salat zu fressen, daß sie wieder zu Menschen wurden. Da fiel das schöne Mädchen vor ihm auf die Knie und sprach: "ach, mein Liebster! verzeiht mir, was ich Böses an euch gethan, meine Mutter hatte mich dazu gezwungen, es ist gegen meinen Willen geschehen, denn ich habe euch von Herzen lieb. Euer Wunschmantel hängt in einem Schrank und für das Vogelherz will ich einen Brechtrunk einnehmen." Da ward er anderes Sinnes und sprach: "behalt es nur, es ist

geben und sie halten, wie ich euch sage, so zahl ich dafuͤr, was ihr verlangt.“ Sprach der Muͤller: „warum das nicht? wie soll ich sie aber halten?“ Da sagte der Jaͤger: „der alten Eselin, welche die Hexe war, sollt ihr taͤglich dreimal Pruͤgel und keinmal zu fressen geben; der juͤngern, welche die Magd war, einmal Pruͤgel und dreimal Futter; und der juͤngsten, welche das Maͤdchen war, keinmal Pruͤgel und dreimal zu fressen;“ denn er konnte es doch nicht uͤber das Herz bringen, daß es sollte geschlagen werden. Darauf ging er zuruͤck in das Schloß und was er noͤthig hatte, das fand er alles darin.

Nach ein paar Tagen kam der Muͤller und sprach, „er muͤßte melden, daß die alte Eselin, die nur Schlaͤge bekommen haͤtte und nichts zu fressen, gestorben waͤre; und die zwei andern, sagte er weiter, sind zwar nicht gestorben und kriegen auch zu fressen, aber sie sind so traurig, daß es nicht lang mit ihnen dauern kann.“ Da erbarmte sich der Jaͤger und ließ allen Zorn fahren, und sprach zum Muͤller, er sollte sie wieder hertreiben. Und wie sie kamen, gab er ihnen von dem guten Salat zu fressen, daß sie wieder zu Menschen wurden. Da fiel das schoͤne Maͤdchen vor ihm auf die Knie und sprach: „ach, mein Liebster! verzeiht mir, was ich Boͤses an euch gethan, meine Mutter hatte mich dazu gezwungen, es ist gegen meinen Willen geschehen, denn ich habe euch von Herzen lieb. Euer Wunschmantel haͤngt in einem Schrank und fuͤr das Vogelherz will ich einen Brechtrunk einnehmen.“ Da ward er anderes Sinnes und sprach: „behalt es nur, es ist

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Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12546-6) in Bd. 2, S. 305–308 ein Wörterverzeichnis mit Begriffserläuterungen.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/258>, abgerufen am 01.05.2024.