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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819.

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geht mit dem Haspeln nicht," erzählte ihr, was ihm im Walde begegnet war, und ließ sie von nun an damit in Ruhe.

Bald hernach fing der Mann doch wieder an, sich über die Unordnung im Hause zu ärgern und es lief bei ihm über: "Frau, sagte er, es ist doch eine Schande, daß das gesponnene Garn da auf dem Klauel liegen bleibt." "Weißt du was, sprach sie, weil wir doch zu keinem Haspel kommen, so stell dich auf den Boden und ich steh unten, da will ich dir den Klauel hinaufwerfen und du wirfst ihn herunter, so gibt's doch einen Strang." "Ja, das geht," sagte der Mann; also thaten sie das und wie sie fertig waren, sprach er: "das Garn ist nun gesträngt, nun muß es auch gekocht werden." Der Frau ward wieder Angst; sie sprach zwar: "ja, wir wollen's gleich morgen früh kochen," dachte aber bei sich auf einen neuen Streich. Frühmorgens stand sie auf, machte Feuer an, und stellte den Kessel bei, allein statt des Garns legte sie einen Klumpen Werg hinein und ließ es so zukochen. Darauf ging sie zum Manne, der noch im Bette lag, und sprach zu ihm: "ich muß einmal ausgehen, steh derweil auf und sieh nach dem Garn, das im Kessel überm Feuer steht, aber du mußt's bei Zeit thun, gib wohl Acht, denn wo der Hahn kräht und du sähest nicht nach, wird das Garn zu Werg." Der Mann war bei der Hand und wollte nichts versäumen, stand eilend auf, so schnell er konnte, und ging in die Küche; wie er aber zum Kessel kam und hinein sah, da erblickte er mit Schrecken nichts als einen Klumpen Werg. Da schwieg er mäuschenstill,

geht mit dem Haspeln nicht,“ erzaͤhlte ihr, was ihm im Walde begegnet war, und ließ sie von nun an damit in Ruhe.

Bald hernach fing der Mann doch wieder an, sich uͤber die Unordnung im Hause zu aͤrgern und es lief bei ihm uͤber: „Frau, sagte er, es ist doch eine Schande, daß das gesponnene Garn da auf dem Klauel liegen bleibt.“ „Weißt du was, sprach sie, weil wir doch zu keinem Haspel kommen, so stell dich auf den Boden und ich steh unten, da will ich dir den Klauel hinaufwerfen und du wirfst ihn herunter, so gibt’s doch einen Strang.“ „Ja, das geht,“ sagte der Mann; also thaten sie das und wie sie fertig waren, sprach er: „das Garn ist nun gestraͤngt, nun muß es auch gekocht werden.“ Der Frau ward wieder Angst; sie sprach zwar: „ja, wir wollen’s gleich morgen fruͤh kochen,“ dachte aber bei sich auf einen neuen Streich. Fruͤhmorgens stand sie auf, machte Feuer an, und stellte den Kessel bei, allein statt des Garns legte sie einen Klumpen Werg hinein und ließ es so zukochen. Darauf ging sie zum Manne, der noch im Bette lag, und sprach zu ihm: „ich muß einmal ausgehen, steh derweil auf und sieh nach dem Garn, das im Kessel uͤberm Feuer steht, aber du mußt’s bei Zeit thun, gib wohl Acht, denn wo der Hahn kraͤht und du saͤhest nicht nach, wird das Garn zu Werg.“ Der Mann war bei der Hand und wollte nichts versaͤumen, stand eilend auf, so schnell er konnte, und ging in die Kuͤche; wie er aber zum Kessel kam und hinein sah, da erblickte er mit Schrecken nichts als einen Klumpen Werg. Da schwieg er maͤuschenstill,

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[206/0284] geht mit dem Haspeln nicht,“ erzaͤhlte ihr, was ihm im Walde begegnet war, und ließ sie von nun an damit in Ruhe. Bald hernach fing der Mann doch wieder an, sich uͤber die Unordnung im Hause zu aͤrgern und es lief bei ihm uͤber: „Frau, sagte er, es ist doch eine Schande, daß das gesponnene Garn da auf dem Klauel liegen bleibt.“ „Weißt du was, sprach sie, weil wir doch zu keinem Haspel kommen, so stell dich auf den Boden und ich steh unten, da will ich dir den Klauel hinaufwerfen und du wirfst ihn herunter, so gibt’s doch einen Strang.“ „Ja, das geht,“ sagte der Mann; also thaten sie das und wie sie fertig waren, sprach er: „das Garn ist nun gestraͤngt, nun muß es auch gekocht werden.“ Der Frau ward wieder Angst; sie sprach zwar: „ja, wir wollen’s gleich morgen fruͤh kochen,“ dachte aber bei sich auf einen neuen Streich. Fruͤhmorgens stand sie auf, machte Feuer an, und stellte den Kessel bei, allein statt des Garns legte sie einen Klumpen Werg hinein und ließ es so zukochen. Darauf ging sie zum Manne, der noch im Bette lag, und sprach zu ihm: „ich muß einmal ausgehen, steh derweil auf und sieh nach dem Garn, das im Kessel uͤberm Feuer steht, aber du mußt’s bei Zeit thun, gib wohl Acht, denn wo der Hahn kraͤht und du saͤhest nicht nach, wird das Garn zu Werg.“ Der Mann war bei der Hand und wollte nichts versaͤumen, stand eilend auf, so schnell er konnte, und ging in die Kuͤche; wie er aber zum Kessel kam und hinein sah, da erblickte er mit Schrecken nichts als einen Klumpen Werg. Da schwieg er maͤuschenstill,

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Anmerkungen zur Transkription:

Zusätzlich zu dieser historischen Ausgabe gibt es in der 2004 von Prof. Hans-Jörg Uther herausgegebenen und im Olms-Verlag erschienenen Ausgabe (ISBN 978-3-487-12546-6) in Bd. 2, S. 305–308 ein Wörterverzeichnis mit Begriffserläuterungen.




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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder- und Haus-Märchen. 2. Aufl. Bd. 2. Berlin, 1819, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1819/284>, abgerufen am 06.05.2024.