Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837.

Bild:
<< vorherige Seite

Nun gieng er mit dem grünen Rock in die Welt. Das erste Jahr wars gut, was er sich nur wünschte, konnt er mit seinem Geld bezahlen, und er ward noch ziemlich für einen Menschen angesehen. Jm zweiten Jahr giengs schlimmer, da waren die Haare ihm schon so lang gewachsen, daß ihn niemand erkennen konnte, und niemand wollt ihn herbergen, weil er so abscheulich aussah. Und je länger je ärger ward es, er gab aber den Armen überall viel Geld, damit sie für ihn beten möchten, daß er in den sieben Jahren nicht stürbe, und nicht in die Hände des Teufels fiele. Da kam er einmal im vierten Jahre in ein Wirthshaus, der Wirth wollt ihn auch nicht aufnehmen, er zog aber einen Haufen Geld heraus, und bezahlte vorher, da erhielt er endlich eine Stube. Abends hörte er im Nebenzimmer ein lautes Jammern, da gieng er hin, und sah einen alten Mann darin sitzen, der weinte und beklagte sich, und sagte ihm er sollte nur wieder weggehen, er könnte ihm doch nicht helfen. Da fragte er was ihm fehlte. Der Alte sprach er hätte kein Geld, und wäre viel im Wirthshaus schuldig, nun hätten sie ihn so lange festgesetzt, bis er bezahlte. Da sagte der im grünen Rock 'wenns weiter nichts ist, Geld habe ich genug, das will ich schon bezahlen,' und machte den Alten frei.

Der Alte aber hatte drei schöne Töchter, und sprach er sollte mit ihm gehen, und zur Belohnung eine davon zur Frau haben. Da gieng er mit ihm, wie sie aber zu Haus ankamen, und die älteste ihn sah, schrie sie, daß sie einen so entsetzlichen Menschen, der gar keine menschliche Gestalt mehr hätte, und wie ein Bär aussähe, heirathen sollte; die zweite lief auch fort, und wollte lieber

Nun gieng er mit dem gruͤnen Rock in die Welt. Das erste Jahr wars gut, was er sich nur wuͤnschte, konnt er mit seinem Geld bezahlen, und er ward noch ziemlich fuͤr einen Menschen angesehen. Jm zweiten Jahr giengs schlimmer, da waren die Haare ihm schon so lang gewachsen, daß ihn niemand erkennen konnte, und niemand wollt ihn herbergen, weil er so abscheulich aussah. Und je laͤnger je aͤrger ward es, er gab aber den Armen uͤberall viel Geld, damit sie fuͤr ihn beten moͤchten, daß er in den sieben Jahren nicht stuͤrbe, und nicht in die Haͤnde des Teufels fiele. Da kam er einmal im vierten Jahre in ein Wirthshaus, der Wirth wollt ihn auch nicht aufnehmen, er zog aber einen Haufen Geld heraus, und bezahlte vorher, da erhielt er endlich eine Stube. Abends hoͤrte er im Nebenzimmer ein lautes Jammern, da gieng er hin, und sah einen alten Mann darin sitzen, der weinte und beklagte sich, und sagte ihm er sollte nur wieder weggehen, er koͤnnte ihm doch nicht helfen. Da fragte er was ihm fehlte. Der Alte sprach er haͤtte kein Geld, und waͤre viel im Wirthshaus schuldig, nun haͤtten sie ihn so lange festgesetzt, bis er bezahlte. Da sagte der im gruͤnen Rock ‘wenns weiter nichts ist, Geld habe ich genug, das will ich schon bezahlen,’ und machte den Alten frei.

Der Alte aber hatte drei schoͤne Toͤchter, und sprach er sollte mit ihm gehen, und zur Belohnung eine davon zur Frau haben. Da gieng er mit ihm, wie sie aber zu Haus ankamen, und die aͤlteste ihn sah, schrie sie, daß sie einen so entsetzlichen Menschen, der gar keine menschliche Gestalt mehr haͤtte, und wie ein Baͤr aussaͤhe, heirathen sollte; die zweite lief auch fort, und wollte lieber

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0112" n="96"/>
        <p>Nun gieng er mit dem gru&#x0364;nen Rock in die Welt. Das erste Jahr wars gut, was er sich nur wu&#x0364;nschte, konnt er mit seinem Geld bezahlen, und er ward noch ziemlich fu&#x0364;r einen Menschen angesehen. Jm zweiten Jahr giengs schlimmer, da waren die Haare ihm schon so lang gewachsen, daß ihn niemand erkennen konnte, und niemand wollt ihn herbergen, weil er so abscheulich aussah. Und je la&#x0364;nger je a&#x0364;rger ward es, er gab aber den Armen u&#x0364;berall viel Geld, damit sie fu&#x0364;r ihn beten mo&#x0364;chten, daß er in den sieben Jahren nicht stu&#x0364;rbe, und nicht in die Ha&#x0364;nde des Teufels fiele. Da kam er einmal im vierten Jahre in ein Wirthshaus, der Wirth wollt ihn auch nicht aufnehmen, er zog aber einen Haufen Geld heraus, und bezahlte vorher, da erhielt er endlich eine Stube. Abends ho&#x0364;rte er im Nebenzimmer ein lautes Jammern, da gieng er hin, und sah einen alten Mann darin sitzen, der weinte und beklagte sich, und sagte ihm er sollte nur wieder weggehen, er ko&#x0364;nnte ihm doch nicht helfen. Da fragte er was ihm fehlte. Der Alte sprach er ha&#x0364;tte kein Geld, und wa&#x0364;re viel im Wirthshaus schuldig, nun ha&#x0364;tten sie ihn so lange festgesetzt, bis er bezahlte. Da sagte der im gru&#x0364;nen Rock &#x2018;wenns weiter nichts ist, Geld habe ich genug, das will ich schon bezahlen,&#x2019; und machte den Alten frei.</p><lb/>
        <p>Der Alte aber hatte drei scho&#x0364;ne To&#x0364;chter, und sprach er sollte mit ihm gehen, und zur Belohnung eine davon zur Frau haben. Da gieng er mit ihm, wie sie aber zu Haus ankamen, und die a&#x0364;lteste ihn sah, schrie sie, daß sie einen so entsetzlichen Menschen, der gar keine menschliche Gestalt mehr ha&#x0364;tte, und wie ein Ba&#x0364;r aussa&#x0364;he, heirathen sollte; die zweite lief auch fort, und wollte lieber
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[96/0112] Nun gieng er mit dem gruͤnen Rock in die Welt. Das erste Jahr wars gut, was er sich nur wuͤnschte, konnt er mit seinem Geld bezahlen, und er ward noch ziemlich fuͤr einen Menschen angesehen. Jm zweiten Jahr giengs schlimmer, da waren die Haare ihm schon so lang gewachsen, daß ihn niemand erkennen konnte, und niemand wollt ihn herbergen, weil er so abscheulich aussah. Und je laͤnger je aͤrger ward es, er gab aber den Armen uͤberall viel Geld, damit sie fuͤr ihn beten moͤchten, daß er in den sieben Jahren nicht stuͤrbe, und nicht in die Haͤnde des Teufels fiele. Da kam er einmal im vierten Jahre in ein Wirthshaus, der Wirth wollt ihn auch nicht aufnehmen, er zog aber einen Haufen Geld heraus, und bezahlte vorher, da erhielt er endlich eine Stube. Abends hoͤrte er im Nebenzimmer ein lautes Jammern, da gieng er hin, und sah einen alten Mann darin sitzen, der weinte und beklagte sich, und sagte ihm er sollte nur wieder weggehen, er koͤnnte ihm doch nicht helfen. Da fragte er was ihm fehlte. Der Alte sprach er haͤtte kein Geld, und waͤre viel im Wirthshaus schuldig, nun haͤtten sie ihn so lange festgesetzt, bis er bezahlte. Da sagte der im gruͤnen Rock ‘wenns weiter nichts ist, Geld habe ich genug, das will ich schon bezahlen,’ und machte den Alten frei. Der Alte aber hatte drei schoͤne Toͤchter, und sprach er sollte mit ihm gehen, und zur Belohnung eine davon zur Frau haben. Da gieng er mit ihm, wie sie aber zu Haus ankamen, und die aͤlteste ihn sah, schrie sie, daß sie einen so entsetzlichen Menschen, der gar keine menschliche Gestalt mehr haͤtte, und wie ein Baͤr aussaͤhe, heirathen sollte; die zweite lief auch fort, und wollte lieber

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2015-05-11T18:40:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2015-05-11T18:40:00Z)
Sandra Balck, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-06-15T16:12:00Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1837
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1837/112
Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1837/112>, abgerufen am 28.04.2024.