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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837.

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die drei Tropfen waren, aus dem Busen, und floß mit dem Wasser fort ohne daß sie es in ihrer großen Angst merkte. Die Kammerjungfer hatte aber zugesehen, und freute sich daß sie Gewalt über die Braut bekäme: denn damit, daß diese die Blutstropfen verloren hatte, war sie schwach und machtlos geworden. Als sie nun wieder auf ihr Pferd steigen wollte, das da hieß Falada, sagte die Kammerfrau 'auf Falada gehör ich, und auf meinen Gaul gehörst du,' und das mußte sie sich gefallen lassen. Dann befahl ihr die Kammerfrau mit harten Worten die königlichen Kleider auszuziehen und ihre schlechten anzulegen, und endlich mußte sie sich unter freiem Himmel verschwören daß sie am königlichen Hof keinem Menschen etwas davon sprechen wollte; und wenn sie diesen Eid nicht abgelegt hätte, wäre sie auf der Stelle umgebracht worden. Aber Falada sah das alles an, und nahms wohl in Acht.

Die Kammerfrau stieg nun auf Falada, und die wahre Braut auf das schlechte Roß, und so zogen sie weiter, bis sie endlich in dem königlichen Schloß eintrafen. Da war große Freude über ihre Ankunft, und der Königssohn sprang ihnen entgegen, hob die Kammerfrau vom Pferde, und meinte sie wäre seine Gemahlin: und sie wurde die Treppe hinaufgeführt die wahre Königstochter aber mußte unten stehen bleiben. Da schaute der alte König am Fenster, und sah sie im Hofe halten, und sah wie sie fein war, zart und gar schön: gieng alsbald hin ins königliche Gemach, und fragte die Braut nach der, die sie bei sich hätte, und da unten im Hofe stände, und wer sie

die drei Tropfen waren, aus dem Busen, und floß mit dem Wasser fort ohne daß sie es in ihrer großen Angst merkte. Die Kammerjungfer hatte aber zugesehen, und freute sich daß sie Gewalt uͤber die Braut bekaͤme: denn damit, daß diese die Blutstropfen verloren hatte, war sie schwach und machtlos geworden. Als sie nun wieder auf ihr Pferd steigen wollte, das da hieß Falada, sagte die Kammerfrau ‘auf Falada gehoͤr ich, und auf meinen Gaul gehoͤrst du,’ und das mußte sie sich gefallen lassen. Dann befahl ihr die Kammerfrau mit harten Worten die koͤniglichen Kleider auszuziehen und ihre schlechten anzulegen, und endlich mußte sie sich unter freiem Himmel verschwoͤren daß sie am koͤniglichen Hof keinem Menschen etwas davon sprechen wollte; und wenn sie diesen Eid nicht abgelegt haͤtte, waͤre sie auf der Stelle umgebracht worden. Aber Falada sah das alles an, und nahms wohl in Acht.

Die Kammerfrau stieg nun auf Falada, und die wahre Braut auf das schlechte Roß, und so zogen sie weiter, bis sie endlich in dem koͤniglichen Schloß eintrafen. Da war große Freude uͤber ihre Ankunft, und der Koͤnigssohn sprang ihnen entgegen, hob die Kammerfrau vom Pferde, und meinte sie waͤre seine Gemahlin: und sie wurde die Treppe hinaufgefuͤhrt die wahre Koͤnigstochter aber mußte unten stehen bleiben. Da schaute der alte Koͤnig am Fenster, und sah sie im Hofe halten, und sah wie sie fein war, zart und gar schoͤn: gieng alsbald hin ins koͤnigliche Gemach, und fragte die Braut nach der, die sie bei sich haͤtte, und da unten im Hofe staͤnde, und wer sie

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[17/0033] die drei Tropfen waren, aus dem Busen, und floß mit dem Wasser fort ohne daß sie es in ihrer großen Angst merkte. Die Kammerjungfer hatte aber zugesehen, und freute sich daß sie Gewalt uͤber die Braut bekaͤme: denn damit, daß diese die Blutstropfen verloren hatte, war sie schwach und machtlos geworden. Als sie nun wieder auf ihr Pferd steigen wollte, das da hieß Falada, sagte die Kammerfrau ‘auf Falada gehoͤr ich, und auf meinen Gaul gehoͤrst du,’ und das mußte sie sich gefallen lassen. Dann befahl ihr die Kammerfrau mit harten Worten die koͤniglichen Kleider auszuziehen und ihre schlechten anzulegen, und endlich mußte sie sich unter freiem Himmel verschwoͤren daß sie am koͤniglichen Hof keinem Menschen etwas davon sprechen wollte; und wenn sie diesen Eid nicht abgelegt haͤtte, waͤre sie auf der Stelle umgebracht worden. Aber Falada sah das alles an, und nahms wohl in Acht. Die Kammerfrau stieg nun auf Falada, und die wahre Braut auf das schlechte Roß, und so zogen sie weiter, bis sie endlich in dem koͤniglichen Schloß eintrafen. Da war große Freude uͤber ihre Ankunft, und der Koͤnigssohn sprang ihnen entgegen, hob die Kammerfrau vom Pferde, und meinte sie waͤre seine Gemahlin: und sie wurde die Treppe hinaufgefuͤhrt die wahre Koͤnigstochter aber mußte unten stehen bleiben. Da schaute der alte Koͤnig am Fenster, und sah sie im Hofe halten, und sah wie sie fein war, zart und gar schoͤn: gieng alsbald hin ins koͤnigliche Gemach, und fragte die Braut nach der, die sie bei sich haͤtte, und da unten im Hofe staͤnde, und wer sie

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1837/33>, abgerufen am 28.04.2024.