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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837.

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Morgens lebendig herausgegangen. Der Anschlag gefiel dem Amtmann; also rief er ihn noch denselben Abend, und sagte er sollte acht Malter Korn in die Mühle fahren, und in der Nacht noch malen, sie hättens nöthig. Da gieng der Großknecht auf den Boden, und that zwei Malter in seine rechte Tasche, zwei in die linke, vier nahm er in einem Quersack halb auf den Rücken, halb auf die Brust, und gieng so nach der verwünschten Mühle. Der Müller aber sagte ihm bei Tag könnte er recht gut da malen, aber nicht in der Nacht, da sey die Mühle verwünscht, und wer da noch hineingegangen, der sey am Morgen todt darin gefunden worden. Er sprach 'ich will schon durchkommen, macht euch nur fort, und legt euch aufs Ohr.' Darauf gieng er in die Mühle, und schüttete das Korn auf, und wies bald elf schlagen wollte, gieng er in die Müllerstube, und setzte sich auf die Bank. Als er ein bischen da gesessen hatte, that sich auf einmal die Thür auf, und kam eine große große Tafel herein, und auf die Tafel stellte sich Wein und Braten, und viel gutes Essen, alles von selber, denn es war niemand da ders auftrug. Und danach rückten sich die Stühle herbei, aber es kamen keine Leute, bis auf einmal sah er Finger, die handthierten mit den Messern und Gabeln, und legten Speisen auf die Teller, aber sonst konnte er nichts sehen. Nun war er hungrig, und sah die Speisen, da setzte er sich auch an die Tafel, und aß mit, und ließ sichs gut schmecken. Wie er aber satt war, und die andern ihre Schüsseln auch ganz leer gemacht hatten, da wurden die Lichter auf einmal alle ausgeputzt, das hörte er deutlich, und wies nun

Morgens lebendig herausgegangen. Der Anschlag gefiel dem Amtmann; also rief er ihn noch denselben Abend, und sagte er sollte acht Malter Korn in die Muͤhle fahren, und in der Nacht noch malen, sie haͤttens noͤthig. Da gieng der Großknecht auf den Boden, und that zwei Malter in seine rechte Tasche, zwei in die linke, vier nahm er in einem Quersack halb auf den Ruͤcken, halb auf die Brust, und gieng so nach der verwuͤnschten Muͤhle. Der Muͤller aber sagte ihm bei Tag koͤnnte er recht gut da malen, aber nicht in der Nacht, da sey die Muͤhle verwuͤnscht, und wer da noch hineingegangen, der sey am Morgen todt darin gefunden worden. Er sprach ‘ich will schon durchkommen, macht euch nur fort, und legt euch aufs Ohr.’ Darauf gieng er in die Muͤhle, und schuͤttete das Korn auf, und wies bald elf schlagen wollte, gieng er in die Muͤllerstube, und setzte sich auf die Bank. Als er ein bischen da gesessen hatte, that sich auf einmal die Thuͤr auf, und kam eine große große Tafel herein, und auf die Tafel stellte sich Wein und Braten, und viel gutes Essen, alles von selber, denn es war niemand da ders auftrug. Und danach ruͤckten sich die Stuͤhle herbei, aber es kamen keine Leute, bis auf einmal sah er Finger, die handthierten mit den Messern und Gabeln, und legten Speisen auf die Teller, aber sonst konnte er nichts sehen. Nun war er hungrig, und sah die Speisen, da setzte er sich auch an die Tafel, und aß mit, und ließ sichs gut schmecken. Wie er aber satt war, und die andern ihre Schuͤsseln auch ganz leer gemacht hatten, da wurden die Lichter auf einmal alle ausgeputzt, das hoͤrte er deutlich, und wies nun

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Morgens lebendig herausgegangen. Der Anschlag gefiel dem Amtmann; also rief er ihn noch denselben Abend, und sagte er sollte acht Malter Korn in die Mu&#x0364;hle fahren, und in der Nacht noch malen, sie ha&#x0364;ttens no&#x0364;thig. Da gieng der Großknecht auf den Boden, und that zwei Malter in seine rechte Tasche, zwei in die linke, vier nahm er in einem Quersack halb auf den Ru&#x0364;cken, halb auf die Brust, und gieng so nach der verwu&#x0364;nschten Mu&#x0364;hle. Der Mu&#x0364;ller aber sagte ihm bei Tag ko&#x0364;nnte er recht gut da malen, aber nicht in der Nacht, da sey die Mu&#x0364;hle verwu&#x0364;nscht, und wer da noch hineingegangen, der sey am Morgen todt darin gefunden worden. Er sprach &#x2018;ich will schon durchkommen, macht euch nur fort, und legt euch aufs Ohr.&#x2019; Darauf gieng er in die Mu&#x0364;hle, und schu&#x0364;ttete das Korn auf, und wies bald elf schlagen wollte, gieng er in die Mu&#x0364;llerstube, und setzte sich auf die Bank. Als er ein bischen da gesessen hatte, that sich auf einmal die Thu&#x0364;r auf, und kam eine große große Tafel herein, und auf die Tafel stellte sich Wein und Braten, und viel gutes Essen, alles von selber, denn es war niemand da ders auftrug. Und danach ru&#x0364;ckten sich die Stu&#x0364;hle herbei, aber es kamen keine Leute, bis auf einmal sah er Finger, die handthierten mit den Messern und Gabeln, und legten Speisen auf die Teller, aber sonst konnte er nichts sehen. Nun war er hungrig, und sah die Speisen, da setzte er sich auch an die Tafel, und aß mit, und ließ sichs gut schmecken. Wie er aber satt war, und die andern ihre Schu&#x0364;sseln auch ganz leer gemacht hatten, da wurden die Lichter auf einmal alle ausgeputzt, das ho&#x0364;rte er deutlich, und wies nun
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[32/0048] Morgens lebendig herausgegangen. Der Anschlag gefiel dem Amtmann; also rief er ihn noch denselben Abend, und sagte er sollte acht Malter Korn in die Muͤhle fahren, und in der Nacht noch malen, sie haͤttens noͤthig. Da gieng der Großknecht auf den Boden, und that zwei Malter in seine rechte Tasche, zwei in die linke, vier nahm er in einem Quersack halb auf den Ruͤcken, halb auf die Brust, und gieng so nach der verwuͤnschten Muͤhle. Der Muͤller aber sagte ihm bei Tag koͤnnte er recht gut da malen, aber nicht in der Nacht, da sey die Muͤhle verwuͤnscht, und wer da noch hineingegangen, der sey am Morgen todt darin gefunden worden. Er sprach ‘ich will schon durchkommen, macht euch nur fort, und legt euch aufs Ohr.’ Darauf gieng er in die Muͤhle, und schuͤttete das Korn auf, und wies bald elf schlagen wollte, gieng er in die Muͤllerstube, und setzte sich auf die Bank. Als er ein bischen da gesessen hatte, that sich auf einmal die Thuͤr auf, und kam eine große große Tafel herein, und auf die Tafel stellte sich Wein und Braten, und viel gutes Essen, alles von selber, denn es war niemand da ders auftrug. Und danach ruͤckten sich die Stuͤhle herbei, aber es kamen keine Leute, bis auf einmal sah er Finger, die handthierten mit den Messern und Gabeln, und legten Speisen auf die Teller, aber sonst konnte er nichts sehen. Nun war er hungrig, und sah die Speisen, da setzte er sich auch an die Tafel, und aß mit, und ließ sichs gut schmecken. Wie er aber satt war, und die andern ihre Schuͤsseln auch ganz leer gemacht hatten, da wurden die Lichter auf einmal alle ausgeputzt, das hoͤrte er deutlich, und wies nun

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1837/48>, abgerufen am 28.04.2024.