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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837.

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hast, so will ich dirs sagen.' Es quillt aus einem Brunnen in dem Hofe eines verwünschten Schlosses; und damit du dazu gelangst, gebe ich dir da eine eiserne Ruthe und zwei Laiberchen Brot. Mit der Ruthe schlag dreimal an das eiserne Thor vor dem Schloß, so wird es aufspringen: inwendig werden dann zwei Löwen liegen, und den Rachen aufsperren, wenn du ihnen aber das Brot hineinwirfst, wirst du sie stillen: und dann eile dich, und hol von dem Wasser des Lebens, eh es zwölf schlägt, sonst geht das Thor wieder zu, und du bist eingesperrt.' Da dankte ihm der Prinz, und nahm die Ruthe und das Brot, gieng hin, und es war alles so, wie der Zwerg gesagt hatte. Das Thor sprang beim dritten Ruthenschlag auf, und als er die Löwen gesänftigt hatte, gieng er in das Schloß hinein, und fand einen großen schönen Saal, und darin verwünschte Prinzen, denen zog er die Ringe ab; und nahm dann ein Schwert und ein Brot, das da lag. Und weiter kam er in ein Zimmer, darin war eine schöne Jungfrau, die freute sich, als sie ihn sah, küßte ihn, und sagte er hätte sie erlöst, und sollte ihr ganzes Reich haben; in einem Jahre sollt er kommen und die Hochzeit mit ihr feiern. Dann sagte sie ihm auch, wo der Brunnen wäre mit dem Lebenswasser, er müßte sich aber eilen und daraus schöpfen, eh es zwölf schlüge. Da gieng er weiter, und kam endlich in ein Zimmer, darin stand ein schönes frischgedecktes Bett; und weil er müde war, wollt er sich erst ein wenig ausruhen. Also legte er sich, und schlief ein; wie er aber erwachte, schlug es drei Viertel auf Zwölf. Da sprang er ganz erschrocken auf, lief zu dem

hast, so will ich dirs sagen.’ Es quillt aus einem Brunnen in dem Hofe eines verwuͤnschten Schlosses; und damit du dazu gelangst, gebe ich dir da eine eiserne Ruthe und zwei Laiberchen Brot. Mit der Ruthe schlag dreimal an das eiserne Thor vor dem Schloß, so wird es aufspringen: inwendig werden dann zwei Loͤwen liegen, und den Rachen aufsperren, wenn du ihnen aber das Brot hineinwirfst, wirst du sie stillen: und dann eile dich, und hol von dem Wasser des Lebens, eh es zwoͤlf schlaͤgt, sonst geht das Thor wieder zu, und du bist eingesperrt.’ Da dankte ihm der Prinz, und nahm die Ruthe und das Brot, gieng hin, und es war alles so, wie der Zwerg gesagt hatte. Das Thor sprang beim dritten Ruthenschlag auf, und als er die Loͤwen gesaͤnftigt hatte, gieng er in das Schloß hinein, und fand einen großen schoͤnen Saal, und darin verwuͤnschte Prinzen, denen zog er die Ringe ab; und nahm dann ein Schwert und ein Brot, das da lag. Und weiter kam er in ein Zimmer, darin war eine schoͤne Jungfrau, die freute sich, als sie ihn sah, kuͤßte ihn, und sagte er haͤtte sie erloͤst, und sollte ihr ganzes Reich haben; in einem Jahre sollt er kommen und die Hochzeit mit ihr feiern. Dann sagte sie ihm auch, wo der Brunnen waͤre mit dem Lebenswasser, er muͤßte sich aber eilen und daraus schoͤpfen, eh es zwoͤlf schluͤge. Da gieng er weiter, und kam endlich in ein Zimmer, darin stand ein schoͤnes frischgedecktes Bett; und weil er muͤde war, wollt er sich erst ein wenig ausruhen. Also legte er sich, und schlief ein; wie er aber erwachte, schlug es drei Viertel auf Zwoͤlf. Da sprang er ganz erschrocken auf, lief zu dem

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[75/0091] hast, so will ich dirs sagen.’ Es quillt aus einem Brunnen in dem Hofe eines verwuͤnschten Schlosses; und damit du dazu gelangst, gebe ich dir da eine eiserne Ruthe und zwei Laiberchen Brot. Mit der Ruthe schlag dreimal an das eiserne Thor vor dem Schloß, so wird es aufspringen: inwendig werden dann zwei Loͤwen liegen, und den Rachen aufsperren, wenn du ihnen aber das Brot hineinwirfst, wirst du sie stillen: und dann eile dich, und hol von dem Wasser des Lebens, eh es zwoͤlf schlaͤgt, sonst geht das Thor wieder zu, und du bist eingesperrt.’ Da dankte ihm der Prinz, und nahm die Ruthe und das Brot, gieng hin, und es war alles so, wie der Zwerg gesagt hatte. Das Thor sprang beim dritten Ruthenschlag auf, und als er die Loͤwen gesaͤnftigt hatte, gieng er in das Schloß hinein, und fand einen großen schoͤnen Saal, und darin verwuͤnschte Prinzen, denen zog er die Ringe ab; und nahm dann ein Schwert und ein Brot, das da lag. Und weiter kam er in ein Zimmer, darin war eine schoͤne Jungfrau, die freute sich, als sie ihn sah, kuͤßte ihn, und sagte er haͤtte sie erloͤst, und sollte ihr ganzes Reich haben; in einem Jahre sollt er kommen und die Hochzeit mit ihr feiern. Dann sagte sie ihm auch, wo der Brunnen waͤre mit dem Lebenswasser, er muͤßte sich aber eilen und daraus schoͤpfen, eh es zwoͤlf schluͤge. Da gieng er weiter, und kam endlich in ein Zimmer, darin stand ein schoͤnes frischgedecktes Bett; und weil er muͤde war, wollt er sich erst ein wenig ausruhen. Also legte er sich, und schlief ein; wie er aber erwachte, schlug es drei Viertel auf Zwoͤlf. Da sprang er ganz erschrocken auf, lief zu dem

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 3. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1837, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1837/91>, abgerufen am 13.05.2024.