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Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1850.

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Felder, Thäler und Berge hinaus und durch die ganze Welt sehen kann.' Der Königssohn sprach 'willst du, so komm mit mir, denn so einer fehlte mir noch.'

Nun zog der Königssohn mit seinen sechs Dienern in die Stadt ein, wo die alte Königin lebte. Er sagte nicht wer er wäre, aber er sprach 'wollt ihr mir eure schöne Tochter geben, so will ich vollbringen, was ihr mir auferlegt.' Die Zauberin freute sich daß ein so schöner Jüngling wieder in ihre Netze fiel und sprach 'dreimal will ich dir einen Bund aufgeben, lösest du ihn jedesmal, so sollst du der Herr und Gemahl meiner Tochter werden.' 'Was soll das erste sein?' fragte er. 'Daß du mir einen Ring herbei bringst, den ich ins rothe Meer habe fallen lassen.' Da gieng der Königssohn heim zu seinen Dienern und sprach 'der erste Bund ist nicht leicht, ein Ring soll aus dem rothen Meer geholt werden, nun schafft Rath.' Da sprach der mit den hellen Augen 'ich will sehen wo er liegt,' schaute in das Meer hinab und sagte 'dort hängt er an einem spitzen Stein.' Der Lange trug sie hin und sprach 'ich wollte ihn wohl heraus holen, wenn ich ihn nur sehen könnte.' 'Wenns weiter nichts ist,' rief der Dicke, legte sich nieder und hielt seinen Mund ans Wasser: da liefen die Wellen hinein wie in einen Abgrund, und er trank das ganze Meer aus, daß es trocken ward wie eine Wiese. Der Lange bückte sich ein wenig und holte den Ring mit der Hand heraus. Da war der Königssohn froh, als er den Ring hatte, und brachte ihn der Alten. Sie erstaunte und sprach 'ja, es ist der rechte Ring: den ersten Bund hast du glücklich gelöst, aber nun kommt der zweite. Siehst du

Felder, Thäler und Berge hinaus und durch die ganze Welt sehen kann.’ Der Königssohn sprach ‘willst du, so komm mit mir, denn so einer fehlte mir noch.’

Nun zog der Königssohn mit seinen sechs Dienern in die Stadt ein, wo die alte Königin lebte. Er sagte nicht wer er wäre, aber er sprach ‘wollt ihr mir eure schöne Tochter geben, so will ich vollbringen, was ihr mir auferlegt.’ Die Zauberin freute sich daß ein so schöner Jüngling wieder in ihre Netze fiel und sprach ‘dreimal will ich dir einen Bund aufgeben, lösest du ihn jedesmal, so sollst du der Herr und Gemahl meiner Tochter werden.’ ‘Was soll das erste sein?’ fragte er. ‘Daß du mir einen Ring herbei bringst, den ich ins rothe Meer habe fallen lassen.’ Da gieng der Königssohn heim zu seinen Dienern und sprach ‘der erste Bund ist nicht leicht, ein Ring soll aus dem rothen Meer geholt werden, nun schafft Rath.’ Da sprach der mit den hellen Augen ‘ich will sehen wo er liegt,’ schaute in das Meer hinab und sagte ‘dort hängt er an einem spitzen Stein.’ Der Lange trug sie hin und sprach ‘ich wollte ihn wohl heraus holen, wenn ich ihn nur sehen könnte.’ ‘Wenns weiter nichts ist,’ rief der Dicke, legte sich nieder und hielt seinen Mund ans Wasser: da liefen die Wellen hinein wie in einen Abgrund, und er trank das ganze Meer aus, daß es trocken ward wie eine Wiese. Der Lange bückte sich ein wenig und holte den Ring mit der Hand heraus. Da war der Königssohn froh, als er den Ring hatte, und brachte ihn der Alten. Sie erstaunte und sprach ‘ja, es ist der rechte Ring: den ersten Bund hast du glücklich gelöst, aber nun kommt der zweite. Siehst du

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[269/0281] Felder, Thäler und Berge hinaus und durch die ganze Welt sehen kann.’ Der Königssohn sprach ‘willst du, so komm mit mir, denn so einer fehlte mir noch.’ Nun zog der Königssohn mit seinen sechs Dienern in die Stadt ein, wo die alte Königin lebte. Er sagte nicht wer er wäre, aber er sprach ‘wollt ihr mir eure schöne Tochter geben, so will ich vollbringen, was ihr mir auferlegt.’ Die Zauberin freute sich daß ein so schöner Jüngling wieder in ihre Netze fiel und sprach ‘dreimal will ich dir einen Bund aufgeben, lösest du ihn jedesmal, so sollst du der Herr und Gemahl meiner Tochter werden.’ ‘Was soll das erste sein?’ fragte er. ‘Daß du mir einen Ring herbei bringst, den ich ins rothe Meer habe fallen lassen.’ Da gieng der Königssohn heim zu seinen Dienern und sprach ‘der erste Bund ist nicht leicht, ein Ring soll aus dem rothen Meer geholt werden, nun schafft Rath.’ Da sprach der mit den hellen Augen ‘ich will sehen wo er liegt,’ schaute in das Meer hinab und sagte ‘dort hängt er an einem spitzen Stein.’ Der Lange trug sie hin und sprach ‘ich wollte ihn wohl heraus holen, wenn ich ihn nur sehen könnte.’ ‘Wenns weiter nichts ist,’ rief der Dicke, legte sich nieder und hielt seinen Mund ans Wasser: da liefen die Wellen hinein wie in einen Abgrund, und er trank das ganze Meer aus, daß es trocken ward wie eine Wiese. Der Lange bückte sich ein wenig und holte den Ring mit der Hand heraus. Da war der Königssohn froh, als er den Ring hatte, und brachte ihn der Alten. Sie erstaunte und sprach ‘ja, es ist der rechte Ring: den ersten Bund hast du glücklich gelöst, aber nun kommt der zweite. Siehst du

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Zitationshilfe: Grimm, Jacob; Grimm, Wilhelm: Kinder und Hausmärchen. 6. Aufl. Bd. 2. Göttingen, 1850, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimm_maerchen02_1850/281>, abgerufen am 17.06.2024.