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Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669.

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Jud; das losseste Stücklein aber daß er dem Iulo
thät/ war dises/ daß er sich mit einer Dam von ehr-
lichem Geschlecht verplemperte/ folgends selbige
seinem Herrn kupplete/ und demselben über drey
viertel Jahr den jungen Balg zuschreiben lieffe/ den
er ihn doch selbst angehenckt hatte und weil sich Iu-
lus
gar nit entschliessen kondte/ selbige zuehelichen/
gleichwol aber ihrer Befreunden halber in Gefahr
stehen muste/ tratt der auffrichtige Avarus ins Mit-
tel/ liesse sich bereden die jenige wider zu Ehren zu-
bringen deren er ehender und mehr als Iulus genos-
sen/ und sie selbst zu Fahl gebracht/ wardurch er
abermahlen ein nahmhaffts von des Iuli Gütern zu
sich zwackte/ und durch solche Treu seines Herrn
Gunst verdoppelte; und dannoch underliesse er nit
da und dort zurupffen/ so lang Pflaumfedern vor-
handen/ und als es auff die Stupfflen loß gieng/
verschont er deren auch nit.

Einsmahls fuhr Iulus auff der Tems in einem
Lust-Schiff mit seinen negsten Verwandten spatzi-
ren/ unter welchen sich seines Vatters Bruder ein
sehr weiser und verständiger Herr/ auch befande; di-
ser redete damahl etwas vertreulicher mit ihm als
sonsten/ und führet ihm mit höflichen Worten und
glimpflicher Straff zu Gemüth/ daß er keinen guten
Haußhalter abgeben werde/ er solte sich und das sei-
nig besser beobachten/ als er bißhero gethan etc. wann
die Jugend wüste/ was das Alter braucht/ so würde
sie eine Ducat ehe 100. mahl vmbkehren als einmal
außgeben etc. Iulus lachte drüber/ zoge einen Ring
vom Finger warff ihm in die Tems und sagte/ Herr
Vatter so wenig als mir diser Ring wider zuhanden

kommen

Jud; das loſſeſte Stuͤcklein aber daß er dem Iulo
thaͤt/ war diſes/ daß er ſich mit einer Dam von ehr-
lichem Geſchlecht verplemperte/ folgends ſelbige
ſeinem Herꝛn kupplete/ und demſelben uͤber drey
viertel Jahr den jungen Balg zuſchreiben lieffe/ den
er ihn doch ſelbſt angehenckt hatte und weil ſich Iu-
lus
gar nit entſchlieſſen kondte/ ſelbige zuehelichen/
gleichwol aber ihrer Befreunden halber in Gefahr
ſtehen muſte/ tratt der auffrichtige Avarus ins Mit-
tel/ lieſſe ſich bereden die jenige wider zu Ehren zu-
bringen deren er ehender und mehr als Iulus genoſ-
ſen/ und ſie ſelbſt zu Fahl gebracht/ wardurch er
abermahlen ein nahmhaffts von des Iuli Guͤtern zu
ſich zwackte/ und durch ſolche Treu ſeines Herꝛn
Gunſt verdoppelte; und dannoch underlieſſe er nit
da und dort zurupffen/ ſo lang Pflaumfedern vor-
handen/ und als es auff die Stupfflen loß gieng/
verſchont er deren auch nit.

Einsmahls fuhr Iulus auff der Tems in einem
Luſt-Schiff mit ſeinen negſten Verwandten ſpatzi-
ren/ unter welchen ſich ſeines Vatters Bruder ein
ſehr weiſer und verſtaͤndiger Herꝛ/ auch befande; di-
ſer redete damahl etwas vertreulicher mit ihm als
ſonſten/ und fuͤhret ihm mit hoͤflichen Worten und
glimpflicher Straff zu Gemuͤth/ daß er keinen guten
Haußhalter abgeben werde/ er ſolte ſich und das ſei-
nig beſſer beobachten/ als er bißhero gethan ꝛc. wañ
die Jugend wuͤſte/ was das Alter braucht/ ſo wuͤrde
ſie eine Ducat ehe 100. mahl vmbkehren als einmal
außgeben ꝛc. Iulus lachte druͤber/ zoge einen Ring
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[0052] Jud; das loſſeſte Stuͤcklein aber daß er dem Iulo thaͤt/ war diſes/ daß er ſich mit einer Dam von ehr- lichem Geſchlecht verplemperte/ folgends ſelbige ſeinem Herꝛn kupplete/ und demſelben uͤber drey viertel Jahr den jungen Balg zuſchreiben lieffe/ den er ihn doch ſelbſt angehenckt hatte und weil ſich Iu- lus gar nit entſchlieſſen kondte/ ſelbige zuehelichen/ gleichwol aber ihrer Befreunden halber in Gefahr ſtehen muſte/ tratt der auffrichtige Avarus ins Mit- tel/ lieſſe ſich bereden die jenige wider zu Ehren zu- bringen deren er ehender und mehr als Iulus genoſ- ſen/ und ſie ſelbſt zu Fahl gebracht/ wardurch er abermahlen ein nahmhaffts von des Iuli Guͤtern zu ſich zwackte/ und durch ſolche Treu ſeines Herꝛn Gunſt verdoppelte; und dannoch underlieſſe er nit da und dort zurupffen/ ſo lang Pflaumfedern vor- handen/ und als es auff die Stupfflen loß gieng/ verſchont er deren auch nit. Einsmahls fuhr Iulus auff der Tems in einem Luſt-Schiff mit ſeinen negſten Verwandten ſpatzi- ren/ unter welchen ſich ſeines Vatters Bruder ein ſehr weiſer und verſtaͤndiger Herꝛ/ auch befande; di- ſer redete damahl etwas vertreulicher mit ihm als ſonſten/ und fuͤhret ihm mit hoͤflichen Worten und glimpflicher Straff zu Gemuͤth/ daß er keinen guten Haußhalter abgeben werde/ er ſolte ſich und das ſei- nig beſſer beobachten/ als er bißhero gethan ꝛc. wañ die Jugend wuͤſte/ was das Alter braucht/ ſo wuͤrde ſie eine Ducat ehe 100. mahl vmbkehren als einmal außgeben ꝛc. Iulus lachte druͤber/ zoge einen Ring vom Finger warff ihm in die Tems und ſagte/ Herꝛ Vatter ſo wenig als mir diſer Ring wider zuhanden kommen

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Zitationshilfe: Grimmelshausen, Hans Jakob Christoffel von: Continuatio des abentheurlichen Simplicissimi Oder Der Schluß desselben. Nürnberg, 1669, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grimmelshausen_continuatio_1669/52>, abgerufen am 30.04.2024.