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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.

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Von Erlangung des Eigenthums von andern
dem geschah es nicht selten, daß die Prinzessinnen ein
Heirathsgut an Landen und Provinzen erhielten und
ihren Gemalen zubrachten a]. Alphons III. König von
Portugal bekam mit der natürlichen Tochter König Al-
phons X. von Kastilien, Beatrix das Königreich Al-
garve zum Heirathsgut b]. Philip III. König von
Frankreich erwarb mit seiner Gemalin Isabelle von Ar-
ragonien die Grafschaften Carcassonne und Bezier und
erweiterte damit die französischen Besitzungen c].

Es ist auch eine Erwerbung und Vereinigung meh-
rerer Reiche möglich, wenn ein Regent eine Gemalin
nimt, die selbst Beherscherin von Reichen und Landen
ist. Philip IV der Schöne von Frankreich hatte die
Königin Johanna von Navarra zur Gemalin und
brachte dadurch dies Königreich wenigstens eine Zeitlang
an Frankreich. Nachdem es in der Folge wieder eige-
ne Könige gehabt hatte, gelangte nach Karls III. des
letzten Tode dessen Tochter Blanka zur Regierung.
Diese war an König Johann II. von Arragonien ver-
mält, welcher daher 1425. das Königreich Navarra
mit seiner Krone verband. Die beiden Könige von
Frankreich Karl VIII. und Ludwig XIII. hatten nach
einander die Herzogin Anna von Bretagne zur Ehe,
durch welche dieses Herzogthum an Frankreich kam d].

Sind die Besitzungen des Gemals geringer, so wer-
den diese auch wohl dem grössern Reiche der Gemalin
einverleibt. So geschah 1137. die Vereinigung der
Grafschaft Katalonien mit dem Königreich Arragonien
da König Ramiro II. von Arragonien seine Tochter Pe-
tronella an den Grafen Raymund V. von Barcellona
oder Katalonien verheirathete und ihr das Königreich
zum Heirathsgut überließ e].

Zuweilen haben Prinzessinnen ihren Gemalen blos
gewisse Ansprüche und Rechte auf Länder zugebracht und
dadurch über kurz oder lang dem andern Reiche einen

Zuwachs

Von Erlangung des Eigenthums von andern
dem geſchah es nicht ſelten, daß die Prinzeſſinnen ein
Heirathsgut an Landen und Provinzen erhielten und
ihren Gemalen zubrachten a]. Alphons III. Koͤnig von
Portugal bekam mit der natuͤrlichen Tochter Koͤnig Al-
phons X. von Kaſtilien, Beatrix das Koͤnigreich Al-
garve zum Heirathsgut b]. Philip III. Koͤnig von
Frankreich erwarb mit ſeiner Gemalin Iſabelle von Ar-
ragonien die Grafſchaften Carcaſſonne und Bezier und
erweiterte damit die franzoͤſiſchen Beſitzungen c].

Es iſt auch eine Erwerbung und Vereinigung meh-
rerer Reiche moͤglich, wenn ein Regent eine Gemalin
nimt, die ſelbſt Beherſcherin von Reichen und Landen
iſt. Philip IV der Schoͤne von Frankreich hatte die
Koͤnigin Johanna von Navarra zur Gemalin und
brachte dadurch dies Koͤnigreich wenigſtens eine Zeitlang
an Frankreich. Nachdem es in der Folge wieder eige-
ne Koͤnige gehabt hatte, gelangte nach Karls III. des
letzten Tode deſſen Tochter Blanka zur Regierung.
Dieſe war an Koͤnig Johann II. von Arragonien ver-
maͤlt, welcher daher 1425. das Koͤnigreich Navarra
mit ſeiner Krone verband. Die beiden Koͤnige von
Frankreich Karl VIII. und Ludwig XIII. hatten nach
einander die Herzogin Anna von Bretagne zur Ehe,
durch welche dieſes Herzogthum an Frankreich kam d].

Sind die Beſitzungen des Gemals geringer, ſo wer-
den dieſe auch wohl dem groͤſſern Reiche der Gemalin
einverleibt. So geſchah 1137. die Vereinigung der
Grafſchaft Katalonien mit dem Koͤnigreich Arragonien
da Koͤnig Ramiro II. von Arragonien ſeine Tochter Pe-
tronella an den Grafen Raymund V. von Barcellona
oder Katalonien verheirathete und ihr das Koͤnigreich
zum Heirathsgut uͤberließ e].

Zuweilen haben Prinzeſſinnen ihren Gemalen blos
gewiſſe Anſpruͤche und Rechte auf Laͤnder zugebracht und
dadurch uͤber kurz oder lang dem andern Reiche einen

Zuwachs
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[98/0112] Von Erlangung des Eigenthums von andern dem geſchah es nicht ſelten, daß die Prinzeſſinnen ein Heirathsgut an Landen und Provinzen erhielten und ihren Gemalen zubrachten a]. Alphons III. Koͤnig von Portugal bekam mit der natuͤrlichen Tochter Koͤnig Al- phons X. von Kaſtilien, Beatrix das Koͤnigreich Al- garve zum Heirathsgut b]. Philip III. Koͤnig von Frankreich erwarb mit ſeiner Gemalin Iſabelle von Ar- ragonien die Grafſchaften Carcaſſonne und Bezier und erweiterte damit die franzoͤſiſchen Beſitzungen c]. Es iſt auch eine Erwerbung und Vereinigung meh- rerer Reiche moͤglich, wenn ein Regent eine Gemalin nimt, die ſelbſt Beherſcherin von Reichen und Landen iſt. Philip IV der Schoͤne von Frankreich hatte die Koͤnigin Johanna von Navarra zur Gemalin und brachte dadurch dies Koͤnigreich wenigſtens eine Zeitlang an Frankreich. Nachdem es in der Folge wieder eige- ne Koͤnige gehabt hatte, gelangte nach Karls III. des letzten Tode deſſen Tochter Blanka zur Regierung. Dieſe war an Koͤnig Johann II. von Arragonien ver- maͤlt, welcher daher 1425. das Koͤnigreich Navarra mit ſeiner Krone verband. Die beiden Koͤnige von Frankreich Karl VIII. und Ludwig XIII. hatten nach einander die Herzogin Anna von Bretagne zur Ehe, durch welche dieſes Herzogthum an Frankreich kam d]. Sind die Beſitzungen des Gemals geringer, ſo wer- den dieſe auch wohl dem groͤſſern Reiche der Gemalin einverleibt. So geſchah 1137. die Vereinigung der Grafſchaft Katalonien mit dem Koͤnigreich Arragonien da Koͤnig Ramiro II. von Arragonien ſeine Tochter Pe- tronella an den Grafen Raymund V. von Barcellona oder Katalonien verheirathete und ihr das Koͤnigreich zum Heirathsgut uͤberließ e]. Zuweilen haben Prinzeſſinnen ihren Gemalen blos gewiſſe Anſpruͤche und Rechte auf Laͤnder zugebracht und dadurch uͤber kurz oder lang dem andern Reiche einen Zuwachs

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/112>, abgerufen am 27.04.2024.