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Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792.

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Von der Regierungsfolge.
lediglich der Nazion zu, und müssen die interessirten
Theile sich der Reichsverfassung gemäs deshalb verglei-
chen oder die Sache sonst ausmachen a]. Auswärtige
Mächte haben darein nichts zu sagen, ausser wenn sie,
nicht wie bey der übrigen Einmischung, durch besondere
Verträge, den eignen aus diesen Unruhen ihr zuwach-
senden Schaden und Nachtheil dazu berechtigt oder
sonst aufgefodert werden. Ehedem maßten sich vor-
züglich die Päpste ein Entscheidungsrecht hierunter an,
das ihnen aber besonders in neuern Zeiten keinesweges
mehr zugestanden wird b]. Desto häufiger pflegen an-
dere Nazionen, unter irgend einem Vorwand, in sol-
chen Fällen geschäftig zu seyn c].

a] Mosers erste Grundlehren S. 39. und Beitr. in Frz.
1. Th. S. 364.
b] Noch bey der Wahl Kaiser Franz I. wolte indes der
Papst sich die Entscheidung der darüber entstandenen
Streitigkeiten anmaassen, stund aber, auf die seinem
Gesandten zu Frankfurt desfals gethane Vorstellungen
wieder davon ab. Mosers Versuch 1. Th. S. 219.
c] Vor der polnischen Königswahl 1763. erklärte der Kö-
nig in Preussen: Er wünsche, daß die Republik bey
Erwählung eines Königs einerley Gesinnungen haben
möge, damit nicht, wenn innerliche Uneinigkeiten und
Factionen entstünden, solches veranlasse, daß fremde
Truppen in Polen einrücken und er dadurch genöthigt
werde, mit einem Theil der seinigen ein gleiches zu
thun.
*] M. vergl. Io. Iac. Mascov diss. de legitima electione
et coronatione potentiss. Poloniarum regis Augusti III.
Lips.
1734.
Henr. Gotfr. Scheidemantel diss. de iudicio in caussis
litigiosae successionis in regna. Ien.
1768. 4.
§. 13.

Von der Regierungsfolge.
lediglich der Nazion zu, und muͤſſen die intereſſirten
Theile ſich der Reichsverfaſſung gemaͤs deshalb verglei-
chen oder die Sache ſonſt ausmachen a]. Auswaͤrtige
Maͤchte haben darein nichts zu ſagen, auſſer wenn ſie,
nicht wie bey der uͤbrigen Einmiſchung, durch beſondere
Vertraͤge, den eignen aus dieſen Unruhen ihr zuwach-
ſenden Schaden und Nachtheil dazu berechtigt oder
ſonſt aufgefodert werden. Ehedem maßten ſich vor-
zuͤglich die Paͤpſte ein Entſcheidungsrecht hierunter an,
das ihnen aber beſonders in neuern Zeiten keinesweges
mehr zugeſtanden wird b]. Deſto haͤufiger pflegen an-
dere Nazionen, unter irgend einem Vorwand, in ſol-
chen Faͤllen geſchaͤftig zu ſeyn c].

a] Moſers erſte Grundlehren S. 39. und Beitr. in Frz.
1. Th. S. 364.
b] Noch bey der Wahl Kaiſer Franz I. wolte indes der
Papſt ſich die Entſcheidung der daruͤber entſtandenen
Streitigkeiten anmaaſſen, ſtund aber, auf die ſeinem
Geſandten zu Frankfurt desfals gethane Vorſtellungen
wieder davon ab. Moſers Verſuch 1. Th. S. 219.
c] Vor der polniſchen Koͤnigswahl 1763. erklaͤrte der Koͤ-
nig in Preuſſen: Er wuͤnſche, daß die Republik bey
Erwaͤhlung eines Koͤnigs einerley Geſinnungen haben
moͤge, damit nicht, wenn innerliche Uneinigkeiten und
Factionen entſtuͤnden, ſolches veranlaſſe, daß fremde
Truppen in Polen einruͤcken und er dadurch genoͤthigt
werde, mit einem Theil der ſeinigen ein gleiches zu
thun.
*] M. vergl. Io. Iac. Maſcov diſſ. de legitima electione
et coronatione potentiſſ. Poloniarum regis Auguſti III.
Lipſ.
1734.
Henr. Gotfr. Scheidemantel diſſ. de iudicio in cauſſis
litigioſae ſucceſſionis in regna. Ien.
1768. 4.
§. 13.
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[418/0432] Von der Regierungsfolge. lediglich der Nazion zu, und muͤſſen die intereſſirten Theile ſich der Reichsverfaſſung gemaͤs deshalb verglei- chen oder die Sache ſonſt ausmachen a]. Auswaͤrtige Maͤchte haben darein nichts zu ſagen, auſſer wenn ſie, nicht wie bey der uͤbrigen Einmiſchung, durch beſondere Vertraͤge, den eignen aus dieſen Unruhen ihr zuwach- ſenden Schaden und Nachtheil dazu berechtigt oder ſonſt aufgefodert werden. Ehedem maßten ſich vor- zuͤglich die Paͤpſte ein Entſcheidungsrecht hierunter an, das ihnen aber beſonders in neuern Zeiten keinesweges mehr zugeſtanden wird b]. Deſto haͤufiger pflegen an- dere Nazionen, unter irgend einem Vorwand, in ſol- chen Faͤllen geſchaͤftig zu ſeyn c]. a] Moſers erſte Grundlehren S. 39. und Beitr. in Frz. 1. Th. S. 364. b] Noch bey der Wahl Kaiſer Franz I. wolte indes der Papſt ſich die Entſcheidung der daruͤber entſtandenen Streitigkeiten anmaaſſen, ſtund aber, auf die ſeinem Geſandten zu Frankfurt desfals gethane Vorſtellungen wieder davon ab. Moſers Verſuch 1. Th. S. 219. c] Vor der polniſchen Koͤnigswahl 1763. erklaͤrte der Koͤ- nig in Preuſſen: Er wuͤnſche, daß die Republik bey Erwaͤhlung eines Koͤnigs einerley Geſinnungen haben moͤge, damit nicht, wenn innerliche Uneinigkeiten und Factionen entſtuͤnden, ſolches veranlaſſe, daß fremde Truppen in Polen einruͤcken und er dadurch genoͤthigt werde, mit einem Theil der ſeinigen ein gleiches zu thun. *] M. vergl. Io. Iac. Maſcov diſſ. de legitima electione et coronatione potentiſſ. Poloniarum regis Auguſti III. Lipſ. 1734. Henr. Gotfr. Scheidemantel diſſ. de iudicio in cauſſis litigioſae ſucceſſionis in regna. Ien. 1768. 4. §. 13.

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Zitationshilfe: Günther, Karl Gottlob: Europäisches Völkerrecht in Friedenszeiten nach Vernunft, Verträgen und Herkommen mit Anwendung auf die teutschen Reichsstände. Bd. 2. Altenburg, 1792, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/guenther_voelkerrecht02_1792/432>, abgerufen am 29.04.2024.