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Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733.

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status circa aerarium, tributa & vectigalia.
einen Grafen ausgibt. Ist das Geld einmahl aus dem Lande, so be-
kommen wir es nicht wieder, und verlieret Teutschland mehr, als es pro-
fiti
ret. Hätten wir nicht die schönen Bergwercke in Teutschland, so
wären wir längst banquerout. Man muß also paucos lassen reisen.
Wer auf seinem Land-Guth bleiben will, was hat der nöthig etliche
tausend Thaler in Franckreich zu verzehren. Was hilfft es ihm, wenn
er dem Doge zu Venedig hat sehen sich mit dem Mari mediterraneo ver-
mählen? Es kan einer glücklich seyn, ob er gleich solches nicht gesehen.
Wer wollte die gantze Welt durchreisen, und alles sehen. Ein Herr,
der Leute reisen läßt, muß sie nicht eben nach Franckreich, Holland, En-
geland, lassen gehen, sondern nach Schweden, Dännemarck, Pohlen etc.
Mit diesen letztern haben wir ja mehr zu thun, als mit Franckreich. Die
opes werden auch bisweilen nicht erhalten durch einen luxum, den man
leicht verhindern könnte. Man wundert sich, wo das Gold und Sil-
ber aus denen vielen Bergwercken in America, Europa &c. hinkomme,
indem kaum der sechzigste Theil mehr davon übrig. Allein das Ubrige
verlieret sich durch die Gold- und Silber-manufacturen. Georg Ritter,
der Conseiller in Nürnberg und Procancellarius bey der Universität Al-
torff gewesen, (er hat mit dem Daniel nnd Nicolao Heinsio, auch mit
andern gelehrten Leuten correspondiret, welches man aus seinen Episto-
lis
sehen kan,) hat als Procancellarius eine oration gehalten von dem
Verderb der Gold- und Silber-Manufacturen. Wenn man gleich
sagt, man bekomme doch wenigstens die Helffte wieder heraus, so gehet
doch das andere verlohren; nicht zu gedencken, daß der Herr mag soviel
gute Müntze schlagen lassen, als er will, die kommt alle aus der Welt.
Wir sehen keine alte Rößgens von seinen Silber, als etwann bey ei-
nem alten Geitz-Halse, welcher sie so sehr vernagelt, daß sie nicht kön-
nen wegkommen. Man erkundige sich nur auf dem Hartze, was da-
selbst jährlich vor Geld gemüntzet wird, und doch findet man wenig der-
gleichen. Das machen eben die Silber-Manufacturen, da wird das
gute Geld eingeschmeltzet; Aus dieser Ursache werden die Gulden von
feinen Silber höher angenommen. Will ein Herr das Geld im Lande
behalten, und denen Raub-Vögeln es nicht in die Hände kommen las-
sen, so muß er einen Zusatz dazu thun. Man kan das Ertz wohl von
dem Silber separiren, aber es macht Mühe und Kosten. In Dreßden
hat man einmahl Willens gehabt, Gulden von feinen Silber zu schla-
gen, aber weil sie gesehen, daß es dem Lande würde Schaden thun, ha-
ben sie es unterlassen. Ja man hat auch im Lüneburgischen deliberiret,
ob man nicht inskünfftige mit einem Zusatze das Geld müntzen wolle?

Denn
L l 2

ſtatus circa ærarium, tributa & vectigalia.
einen Grafen ausgibt. Iſt das Geld einmahl aus dem Lande, ſo be-
kommen wir es nicht wieder, und verlieret Teutſchland mehr, als es pro-
fiti
ret. Haͤtten wir nicht die ſchoͤnen Bergwercke in Teutſchland, ſo
waͤren wir laͤngſt banquerout. Man muß alſo paucos laſſen reiſen.
Wer auf ſeinem Land-Guth bleiben will, was hat der noͤthig etliche
tauſend Thaler in Franckreich zu verzehren. Was hilfft es ihm, wenn
er dem Doge zu Venedig hat ſehen ſich mit dem Mari mediterraneo ver-
maͤhlen? Es kan einer gluͤcklich ſeyn, ob er gleich ſolches nicht geſehen.
Wer wollte die gantze Welt durchreiſen, und alles ſehen. Ein Herr,
der Leute reiſen laͤßt, muß ſie nicht eben nach Franckreich, Holland, En-
geland, laſſen gehen, ſondern nach Schweden, Daͤnnemarck, Pohlen ꝛc.
Mit dieſen letztern haben wir ja mehr zu thun, als mit Franckreich. Die
opes werden auch bisweilen nicht erhalten durch einen luxum, den man
leicht verhindern koͤnnte. Man wundert ſich, wo das Gold und Sil-
ber aus denen vielen Bergwercken in America, Europa &c. hinkomme,
indem kaum der ſechzigſte Theil mehr davon uͤbrig. Allein das Ubrige
verlieret ſich durch die Gold- und Silber-manufacturen. Georg Ritter,
der Conſeiller in Nuͤrnberg und Procancellarius bey der Univerſitaͤt Al-
torff geweſen, (er hat mit dem Daniel nnd Nicolao Heinſio, auch mit
andern gelehrten Leuten correſpondiret, welches man aus ſeinen Epiſto-
lis
ſehen kan,) hat als Procancellarius eine oration gehalten von dem
Verderb der Gold- und Silber-Manufacturen. Wenn man gleich
ſagt, man bekomme doch wenigſtens die Helffte wieder heraus, ſo gehet
doch das andere verlohren; nicht zu gedencken, daß der Herr mag ſoviel
gute Muͤntze ſchlagen laſſen, als er will, die kommt alle aus der Welt.
Wir ſehen keine alte Roͤßgens von ſeinen Silber, als etwann bey ei-
nem alten Geitz-Halſe, welcher ſie ſo ſehr vernagelt, daß ſie nicht koͤn-
nen wegkommen. Man erkundige ſich nur auf dem Hartze, was da-
ſelbſt jaͤhrlich vor Geld gemuͤntzet wird, und doch findet man wenig der-
gleichen. Das machen eben die Silber-Manufacturen, da wird das
gute Geld eingeſchmeltzet; Aus dieſer Urſache werden die Gulden von
feinen Silber hoͤher angenommen. Will ein Herr das Geld im Lande
behalten, und denen Raub-Voͤgeln es nicht in die Haͤnde kommen laſ-
ſen, ſo muß er einen Zuſatz dazu thun. Man kan das Ertz wohl von
dem Silber ſepariren, aber es macht Muͤhe und Koſten. In Dreßden
hat man einmahl Willens gehabt, Gulden von feinen Silber zu ſchla-
gen, aber weil ſie geſehen, daß es dem Lande wuͤrde Schaden thun, ha-
ben ſie es unterlaſſen. Ja man hat auch im Luͤneburgiſchen deliberiret,
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Denn
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[267/0287] ſtatus circa ærarium, tributa & vectigalia. einen Grafen ausgibt. Iſt das Geld einmahl aus dem Lande, ſo be- kommen wir es nicht wieder, und verlieret Teutſchland mehr, als es pro- fitiret. Haͤtten wir nicht die ſchoͤnen Bergwercke in Teutſchland, ſo waͤren wir laͤngſt banquerout. Man muß alſo paucos laſſen reiſen. Wer auf ſeinem Land-Guth bleiben will, was hat der noͤthig etliche tauſend Thaler in Franckreich zu verzehren. Was hilfft es ihm, wenn er dem Doge zu Venedig hat ſehen ſich mit dem Mari mediterraneo ver- maͤhlen? Es kan einer gluͤcklich ſeyn, ob er gleich ſolches nicht geſehen. Wer wollte die gantze Welt durchreiſen, und alles ſehen. Ein Herr, der Leute reiſen laͤßt, muß ſie nicht eben nach Franckreich, Holland, En- geland, laſſen gehen, ſondern nach Schweden, Daͤnnemarck, Pohlen ꝛc. Mit dieſen letztern haben wir ja mehr zu thun, als mit Franckreich. Die opes werden auch bisweilen nicht erhalten durch einen luxum, den man leicht verhindern koͤnnte. Man wundert ſich, wo das Gold und Sil- ber aus denen vielen Bergwercken in America, Europa &c. hinkomme, indem kaum der ſechzigſte Theil mehr davon uͤbrig. Allein das Ubrige verlieret ſich durch die Gold- und Silber-manufacturen. Georg Ritter, der Conſeiller in Nuͤrnberg und Procancellarius bey der Univerſitaͤt Al- torff geweſen, (er hat mit dem Daniel nnd Nicolao Heinſio, auch mit andern gelehrten Leuten correſpondiret, welches man aus ſeinen Epiſto- lis ſehen kan,) hat als Procancellarius eine oration gehalten von dem Verderb der Gold- und Silber-Manufacturen. Wenn man gleich ſagt, man bekomme doch wenigſtens die Helffte wieder heraus, ſo gehet doch das andere verlohren; nicht zu gedencken, daß der Herr mag ſoviel gute Muͤntze ſchlagen laſſen, als er will, die kommt alle aus der Welt. Wir ſehen keine alte Roͤßgens von ſeinen Silber, als etwann bey ei- nem alten Geitz-Halſe, welcher ſie ſo ſehr vernagelt, daß ſie nicht koͤn- nen wegkommen. Man erkundige ſich nur auf dem Hartze, was da- ſelbſt jaͤhrlich vor Geld gemuͤntzet wird, und doch findet man wenig der- gleichen. Das machen eben die Silber-Manufacturen, da wird das gute Geld eingeſchmeltzet; Aus dieſer Urſache werden die Gulden von feinen Silber hoͤher angenommen. Will ein Herr das Geld im Lande behalten, und denen Raub-Voͤgeln es nicht in die Haͤnde kommen laſ- ſen, ſo muß er einen Zuſatz dazu thun. Man kan das Ertz wohl von dem Silber ſepariren, aber es macht Muͤhe und Koſten. In Dreßden hat man einmahl Willens gehabt, Gulden von feinen Silber zu ſchla- gen, aber weil ſie geſehen, daß es dem Lande wuͤrde Schaden thun, ha- ben ſie es unterlaſſen. Ja man hat auch im Luͤneburgiſchen deliberiret, ob man nicht inskuͤnfftige mit einem Zuſatze das Geld muͤntzen wolle? Denn L l 2

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Zitationshilfe: Gundling, Nicolaus Hieronymus: Discovrs über Weyl. Herrn D. Io. Franc. Bvddei [...] Philosophiæ Practicæ Part. III. Die Politic. Frankfurt (Main) u. a., 1733, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gundling_discours_1733/287>, abgerufen am 26.04.2024.