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Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796.

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sie vom neuen die Hand herhalten und nach dem
Schlage wieder Einen als Thäter angeben. So
geht das lustige Spiel fort, bis sie ihn wirklich
trifft und dadurch frey wird. Gut beobachten-
de Knaben lernen bald aus dem Eindrucke der
Hand und der Veränderung im Gesichte mit Ge-
wissheit schliessen. Das Spiel hat, ausser dem
schon angegebenen, auch für die Umstehenden
den Nutzen, feste Farbe halten, ich meine ihre
Gesichtszüge beherrschen zu lernen, und der Er-
zieher kann hier gewiss mehr nützliche Beobach-
tungen über diesen und jenen Charakter sam-
meln, als in den meisten ernsthaften Lehrstun-
den. Für sehr empfindliche Knaben, die weder
Schmerz noch Gelächter ertragen mögen, ist
diess Spiel heilsam. Man schlägt dabey auch
wohl auf den H --, diess ist einmal nicht wohl
schicklich, und überdem verliert das Spiel da-
durch von seinem Gehalte; denn bekanntlich
sitzt der Sinn des Gefühls nicht dort, sondern in
der Hand; wird also diese nicht gebraucht: so
fällt die Beurtheilung durchs Gefühl weg. -- Es
darf nur ein Schlag auf einmal geschehen, und
nach jedem einzelnen Schlage hat die Blindekuh
das Recht, den Thäter anzugeben; geschehen
aber zufällig zwey Schläge, so kann sie auch
zwey Personen als Thäter angeben und sie wird
frey, wenn sie auch nur Einen davon trifft. Das-

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ſie vom neuen die Hand herhalten und nach dem
Schlage wieder Einen als Thäter angeben. So
geht das luſtige Spiel fort, bis ſie ihn wirklich
trifft und dadurch frey wird. Gut beobachten-
de Knaben lernen bald aus dem Eindrucke der
Hand und der Veränderung im Geſichte mit Ge-
wiſsheit ſchlieſsen. Das Spiel hat, auſſer dem
ſchon angegebenen, auch für die Umſtehenden
den Nutzen, feſte Farbe halten, ich meine ihre
Geſichtszüge beherrſchen zu lernen, und der Er-
zieher kann hier gewiſs mehr nützliche Beobach-
tungen über dieſen und jenen Charakter ſam-
meln, als in den meiſten ernſthaften Lehrſtun-
den. Für ſehr empfindliche Knaben, die weder
Schmerz noch Gelächter ertragen mögen, iſt
dieſs Spiel heilſam. Man ſchlägt dabey auch
wohl auf den H —, dieſs iſt einmal nicht wohl
ſchicklich, und überdem verliert das Spiel da-
durch von ſeinem Gehalte; denn bekanntlich
ſitzt der Sinn des Gefühls nicht dort, ſondern in
der Hand; wird alſo dieſe nicht gebraucht: ſo
fällt die Beurtheilung durchs Gefühl weg. — Es
darf nur ein Schlag auf einmal geſchehen, und
nach jedem einzelnen Schlage hat die Blindekuh
das Recht, den Thäter anzugeben; geſchehen
aber zufällig zwey Schläge, ſo kann ſie auch
zwey Perſonen als Thäter angeben und ſie wird
frey, wenn ſie auch nur Einen davon trifft. Daſ-

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[289/0321] ſie vom neuen die Hand herhalten und nach dem Schlage wieder Einen als Thäter angeben. So geht das luſtige Spiel fort, bis ſie ihn wirklich trifft und dadurch frey wird. Gut beobachten- de Knaben lernen bald aus dem Eindrucke der Hand und der Veränderung im Geſichte mit Ge- wiſsheit ſchlieſsen. Das Spiel hat, auſſer dem ſchon angegebenen, auch für die Umſtehenden den Nutzen, feſte Farbe halten, ich meine ihre Geſichtszüge beherrſchen zu lernen, und der Er- zieher kann hier gewiſs mehr nützliche Beobach- tungen über dieſen und jenen Charakter ſam- meln, als in den meiſten ernſthaften Lehrſtun- den. Für ſehr empfindliche Knaben, die weder Schmerz noch Gelächter ertragen mögen, iſt dieſs Spiel heilſam. Man ſchlägt dabey auch wohl auf den H —, dieſs iſt einmal nicht wohl ſchicklich, und überdem verliert das Spiel da- durch von ſeinem Gehalte; denn bekanntlich ſitzt der Sinn des Gefühls nicht dort, ſondern in der Hand; wird alſo dieſe nicht gebraucht: ſo fällt die Beurtheilung durchs Gefühl weg. — Es darf nur ein Schlag auf einmal geſchehen, und nach jedem einzelnen Schlage hat die Blindekuh das Recht, den Thäter anzugeben; geſchehen aber zufällig zwey Schläge, ſo kann ſie auch zwey Perſonen als Thäter angeben und ſie wird frey, wenn ſie auch nur Einen davon trifft. Daſ- T

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Zitationshilfe: Guts Muths, Johann Christoph Friedrich: Spiele zur Übung und Erholung des Körpers und Geistes. Schnepfenthal, 1796, S. 289. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutsmuths_spiele_1796/321>, abgerufen am 27.04.2024.