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[Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.

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bin. Zum Empfangen, nicht zum Schaffen sind die Weiber geboren.

Auf meinen Reisen durch Deutschland hatt' ich's mir zum festen Ziele gesetzt, keine Stadt vorbeizulassen, die etwa eine schriftstellernde Damenfeder aufzuweisen hätte. Ich hatt' es mir vorgenommen, solchen Autricen eclatante Sottisen zu sagen, und ich muß es gestehen, auf höchst feine und malitiöse Art hab' ich hier und da meinen Zweck erreicht. Aber warum soll ich's verschweigen? Vielleicht gereicht es Euch Weibern zur Ehre. Bei den Meisten, die ich aufsuchte, hab' ich heiße Thränen vergießen müssen. Alte, zitternde Mütterchen traf ich an, die in Kummer ihr karg zugemessenes Brod verzehrten. Außerdem hatten Viele noch die Bürde eines natürlichen Buckels, sie waren blind oder sonst gebrechlich. Zwei Thaler gäb' ihr der Rabenbuchhändler für den Druckbogen, klagte mir eine kleine Person, bei deren sanfthinschmelzenden Namen ich sonst bis an die höheren und höchsten Lichtregionen zu schwärmen pflegte. Dabei müsse sie noch die Demüthigung erfahren, mit anzusehen, wie jener Mann ordentlich im Verborgenen dreimal das Kreuz schlage, wenn sie die steile Treppe hinaufgekrochen sei, und ihren Pompadour voll neuer Druckbescherung auszukramen beginne.

bin. Zum Empfangen, nicht zum Schaffen sind die Weiber geboren.

Auf meinen Reisen durch Deutschland hatt’ ich’s mir zum festen Ziele gesetzt, keine Stadt vorbeizulassen, die etwa eine schriftstellernde Damenfeder aufzuweisen hätte. Ich hatt’ es mir vorgenommen, solchen Autricen eclatante Sottisen zu sagen, und ich muß es gestehen, auf höchst feine und malitiöse Art hab’ ich hier und da meinen Zweck erreicht. Aber warum soll ich’s verschweigen? Vielleicht gereicht es Euch Weibern zur Ehre. Bei den Meisten, die ich aufsuchte, hab’ ich heiße Thränen vergießen müssen. Alte, zitternde Mütterchen traf ich an, die in Kummer ihr karg zugemessenes Brod verzehrten. Außerdem hatten Viele noch die Bürde eines natürlichen Buckels, sie waren blind oder sonst gebrechlich. Zwei Thaler gäb’ ihr der Rabenbuchhändler für den Druckbogen, klagte mir eine kleine Person, bei deren sanfthinschmelzenden Namen ich sonst bis an die höheren und höchsten Lichtregionen zu schwärmen pflegte. Dabei müsse sie noch die Demüthigung erfahren, mit anzusehen, wie jener Mann ordentlich im Verborgenen dreimal das Kreuz schlage, wenn sie die steile Treppe hinaufgekrochen sei, und ihren Pompadour voll neuer Druckbescherung auszukramen beginne.

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[170/0183] bin. Zum Empfangen, nicht zum Schaffen sind die Weiber geboren. Auf meinen Reisen durch Deutschland hatt’ ich’s mir zum festen Ziele gesetzt, keine Stadt vorbeizulassen, die etwa eine schriftstellernde Damenfeder aufzuweisen hätte. Ich hatt’ es mir vorgenommen, solchen Autricen eclatante Sottisen zu sagen, und ich muß es gestehen, auf höchst feine und malitiöse Art hab’ ich hier und da meinen Zweck erreicht. Aber warum soll ich’s verschweigen? Vielleicht gereicht es Euch Weibern zur Ehre. Bei den Meisten, die ich aufsuchte, hab’ ich heiße Thränen vergießen müssen. Alte, zitternde Mütterchen traf ich an, die in Kummer ihr karg zugemessenes Brod verzehrten. Außerdem hatten Viele noch die Bürde eines natürlichen Buckels, sie waren blind oder sonst gebrechlich. Zwei Thaler gäb’ ihr der Rabenbuchhändler für den Druckbogen, klagte mir eine kleine Person, bei deren sanfthinschmelzenden Namen ich sonst bis an die höheren und höchsten Lichtregionen zu schwärmen pflegte. Dabei müsse sie noch die Demüthigung erfahren, mit anzusehen, wie jener Mann ordentlich im Verborgenen dreimal das Kreuz schlage, wenn sie die steile Treppe hinaufgekrochen sei, und ihren Pompadour voll neuer Druckbescherung auszukramen beginne.

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Zitationshilfe: [Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/183>, abgerufen am 06.05.2024.