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[Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.

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sein? Und, wie artig! statt daß ich Dir früher etwas gepfiffen habe, werd' ich Dir künftig immer etwas weiß machen! wenn Du mich besuchst, wirst Du auf der Gasse Dich schon melden, wie ein Saitenspiel! Wenn wir glauben, im Concerte zu sitzen, werden wir eigentlich in einer Gemäldegallerie sein.

Wenn ich nun, Geliebte, Dir offenherzig gestehe, daß wir längst die Vortheile dieses Kampfes ohne ihn errungen haben, so will ich damit nicht Deinen Stolz aufregen, und auch den meinen nicht verrathen. Wenn ich Dich, Du herrliche Titanide, mit den geflügelten Rossen auf goldenem Wagen im fernen Osten aufsteigen sehe, wenn der Rosenschein Deiner Purpurfinger auf die Spitzen der Berge leuchtet, dann läßt mich die Sage, weil ich Memnon bin, leise klingen: mein steinenes Gewand klingen: den Granitblock Deines Herzens klingen: o Gott, Freundin, hast Du je einen Stein klingen gehört, so hast Du mich gehört!

Sollten nun die Farben besiegt werden, sollten wir uns unsere dreifarbigen Sacktücher und Halsbinden umsonst angeschafft haben, so werden die Töne aufjubeln, und Alles, was Odem hat, wird sich auf den Gesang legen.

Ich begreif' aber nicht, daß Du heut meine Bilder gar nicht verstehen willst. Bis jetzt waren

sein? Und, wie artig! statt daß ich Dir früher etwas gepfiffen habe, werd’ ich Dir künftig immer etwas weiß machen! wenn Du mich besuchst, wirst Du auf der Gasse Dich schon melden, wie ein Saitenspiel! Wenn wir glauben, im Concerte zu sitzen, werden wir eigentlich in einer Gemäldegallerie sein.

Wenn ich nun, Geliebte, Dir offenherzig gestehe, daß wir längst die Vortheile dieses Kampfes ohne ihn errungen haben, so will ich damit nicht Deinen Stolz aufregen, und auch den meinen nicht verrathen. Wenn ich Dich, Du herrliche Titanide, mit den geflügelten Rossen auf goldenem Wagen im fernen Osten aufsteigen sehe, wenn der Rosenschein Deiner Purpurfinger auf die Spitzen der Berge leuchtet, dann läßt mich die Sage, weil ich Memnon bin, leise klingen: mein steinenes Gewand klingen: den Granitblock Deines Herzens klingen: o Gott, Freundin, hast Du je einen Stein klingen gehört, so hast Du mich gehört!

Sollten nun die Farben besiegt werden, sollten wir uns unsere dreifarbigen Sacktücher und Halsbinden umsonst angeschafft haben, so werden die Töne aufjubeln, und Alles, was Odem hat, wird sich auf den Gesang legen.

Ich begreif’ aber nicht, daß Du heut meine Bilder gar nicht verstehen willst. Bis jetzt waren

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[197/0210] sein? Und, wie artig! statt daß ich Dir früher etwas gepfiffen habe, werd’ ich Dir künftig immer etwas weiß machen! wenn Du mich besuchst, wirst Du auf der Gasse Dich schon melden, wie ein Saitenspiel! Wenn wir glauben, im Concerte zu sitzen, werden wir eigentlich in einer Gemäldegallerie sein. Wenn ich nun, Geliebte, Dir offenherzig gestehe, daß wir längst die Vortheile dieses Kampfes ohne ihn errungen haben, so will ich damit nicht Deinen Stolz aufregen, und auch den meinen nicht verrathen. Wenn ich Dich, Du herrliche Titanide, mit den geflügelten Rossen auf goldenem Wagen im fernen Osten aufsteigen sehe, wenn der Rosenschein Deiner Purpurfinger auf die Spitzen der Berge leuchtet, dann läßt mich die Sage, weil ich Memnon bin, leise klingen: mein steinenes Gewand klingen: den Granitblock Deines Herzens klingen: o Gott, Freundin, hast Du je einen Stein klingen gehört, so hast Du mich gehört! Sollten nun die Farben besiegt werden, sollten wir uns unsere dreifarbigen Sacktücher und Halsbinden umsonst angeschafft haben, so werden die Töne aufjubeln, und Alles, was Odem hat, wird sich auf den Gesang legen. Ich begreif’ aber nicht, daß Du heut meine Bilder gar nicht verstehen willst. Bis jetzt waren

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  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
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Zitationshilfe: [Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/210>, abgerufen am 01.05.2024.