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[Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.

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Auftretens, nach einer gewandten Bewegung, nach der Farbe des Haars, der Form des Kinns, der Sprache der Augen, und so willst Du jene Helden finden, an denen die Gegenwart freilich arm ist, von denen ich aber behaupte, daß wir ihrer nicht bedürfen.

Du mischst Dich unter die Spaziergänger vorm Thor, beobachtest einzelne Gestalten, die aus dem Gewühl heraustreten, und bist schon oft einem Bettler zu Füßen gefallen, weil Du ihn einer Krone, und seine Begleiterin eines Diadems für würdig hieltest.

Ich bin Dir zuweilen nachgeschlichen, wenn Du Dich von dem offenen Lustwege entferntest, in die Seitenalleen tratest, um die einsamen Spielplätze der Jugend aufzusuchen. Ich seh' es dann, daß Du Gebacknes unter die Fröhlichen austheiltest, aber wohl auf die bedacht warest, die sich mißtrauisch von Dir wandten und die Leckerbissen Deiner spendenden Hand verschmähten. Solchen Knaben liefest Du dann nach, lasest in ihren Augen, suchtest die Falten der Stirn zu zählen, verglichst das Profil der Nase gegen den Vorstand des Mundes und die Rundung des Kinnes, und wie oft hört' ich Dich entzückt ausrufen, Du habest einen großen Feldherrn, einen geschickten Staats-

Auftretens, nach einer gewandten Bewegung, nach der Farbe des Haars, der Form des Kinns, der Sprache der Augen, und so willst Du jene Helden finden, an denen die Gegenwart freilich arm ist, von denen ich aber behaupte, daß wir ihrer nicht bedürfen.

Du mischst Dich unter die Spaziergänger vorm Thor, beobachtest einzelne Gestalten, die aus dem Gewühl heraustreten, und bist schon oft einem Bettler zu Füßen gefallen, weil Du ihn einer Krone, und seine Begleiterin eines Diadems für würdig hieltest.

Ich bin Dir zuweilen nachgeschlichen, wenn Du Dich von dem offenen Lustwege entferntest, in die Seitenalleen tratest, um die einsamen Spielplätze der Jugend aufzusuchen. Ich seh’ es dann, daß Du Gebacknes unter die Fröhlichen austheiltest, aber wohl auf die bedacht warest, die sich mißtrauisch von Dir wandten und die Leckerbissen Deiner spendenden Hand verschmähten. Solchen Knaben liefest Du dann nach, lasest in ihren Augen, suchtest die Falten der Stirn zu zählen, verglichst das Profil der Nase gegen den Vorstand des Mundes und die Rundung des Kinnes, und wie oft hört’ ich Dich entzückt ausrufen, Du habest einen großen Feldherrn, einen geschickten Staats-

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[281/0294] Auftretens, nach einer gewandten Bewegung, nach der Farbe des Haars, der Form des Kinns, der Sprache der Augen, und so willst Du jene Helden finden, an denen die Gegenwart freilich arm ist, von denen ich aber behaupte, daß wir ihrer nicht bedürfen. Du mischst Dich unter die Spaziergänger vorm Thor, beobachtest einzelne Gestalten, die aus dem Gewühl heraustreten, und bist schon oft einem Bettler zu Füßen gefallen, weil Du ihn einer Krone, und seine Begleiterin eines Diadems für würdig hieltest. Ich bin Dir zuweilen nachgeschlichen, wenn Du Dich von dem offenen Lustwege entferntest, in die Seitenalleen tratest, um die einsamen Spielplätze der Jugend aufzusuchen. Ich seh’ es dann, daß Du Gebacknes unter die Fröhlichen austheiltest, aber wohl auf die bedacht warest, die sich mißtrauisch von Dir wandten und die Leckerbissen Deiner spendenden Hand verschmähten. Solchen Knaben liefest Du dann nach, lasest in ihren Augen, suchtest die Falten der Stirn zu zählen, verglichst das Profil der Nase gegen den Vorstand des Mundes und die Rundung des Kinnes, und wie oft hört’ ich Dich entzückt ausrufen, Du habest einen großen Feldherrn, einen geschickten Staats-

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Zitationshilfe: [Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/294>, abgerufen am 14.05.2024.