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[Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832.

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Einen Erlenpfad, der sich in vielen Windungen allmählich zu einem Hügel hinaufdachte, hatte ein Theil der zersprengten Gesellschaft eingeschlagen, während man durch das nächste Gebüsch und weiterher das fröhliche und lebhafte Gespräch der andern Spaziergänger noch unterscheiden konnte.

Unsre Gruppe war vielleicht durch Zufall aus den heterogensten Elementen zusammengesetzt. Die Uniform glänzte neben dem Civilrocke, der sich bei dem Einen kühner, bei dem Andern bescheidener an den Leib schloß. Ordenskreuze und Bänder der verschiedensten Nationen vereinigten sich nur in der einen Bestimmung, Belohnungen des Verdienstes und Zeichen der Ehre zu sein. Der trotzige, ungeduldige Gang des Kriegers konnte mit dem bedächtigen Fuße des Diplomaten und Geschäftsmannes nicht immer gleichen Schritt halten. Nur die Frauen vermittelten die Lücken, die durch eine so ungleiche Bewegung entstanden, obschon auch sie wie Rosen und Schneeballen gegeneinander abstachen.

Jetzt schien aber das lose Gewebe sich immer dichter zusammenzuziehen. Das lebhafteste Gespräch legte sich um die Spaziergänger wie ein bindender Reifen oder eine magische Zauberformel. Ein Jeder nahm Antheil an einer Unterhaltung, über deren Gegenstand die Meinungen eben so verschieden, als

Einen Erlenpfad, der sich in vielen Windungen allmählich zu einem Hügel hinaufdachte, hatte ein Theil der zersprengten Gesellschaft eingeschlagen, während man durch das nächste Gebüsch und weiterher das fröhliche und lebhafte Gespräch der andern Spaziergänger noch unterscheiden konnte.

Unsre Gruppe war vielleicht durch Zufall aus den heterogensten Elementen zusammengesetzt. Die Uniform glänzte neben dem Civilrocke, der sich bei dem Einen kühner, bei dem Andern bescheidener an den Leib schloß. Ordenskreuze und Bänder der verschiedensten Nationen vereinigten sich nur in der einen Bestimmung, Belohnungen des Verdienstes und Zeichen der Ehre zu sein. Der trotzige, ungeduldige Gang des Kriegers konnte mit dem bedächtigen Fuße des Diplomaten und Geschäftsmannes nicht immer gleichen Schritt halten. Nur die Frauen vermittelten die Lücken, die durch eine so ungleiche Bewegung entstanden, obschon auch sie wie Rosen und Schneeballen gegeneinander abstachen.

Jetzt schien aber das lose Gewebe sich immer dichter zusammenzuziehen. Das lebhafteste Gespräch legte sich um die Spaziergänger wie ein bindender Reifen oder eine magische Zauberformel. Ein Jeder nahm Antheil an einer Unterhaltung, über deren Gegenstand die Meinungen eben so verschieden, als

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[292/0305] Einen Erlenpfad, der sich in vielen Windungen allmählich zu einem Hügel hinaufdachte, hatte ein Theil der zersprengten Gesellschaft eingeschlagen, während man durch das nächste Gebüsch und weiterher das fröhliche und lebhafte Gespräch der andern Spaziergänger noch unterscheiden konnte. Unsre Gruppe war vielleicht durch Zufall aus den heterogensten Elementen zusammengesetzt. Die Uniform glänzte neben dem Civilrocke, der sich bei dem Einen kühner, bei dem Andern bescheidener an den Leib schloß. Ordenskreuze und Bänder der verschiedensten Nationen vereinigten sich nur in der einen Bestimmung, Belohnungen des Verdienstes und Zeichen der Ehre zu sein. Der trotzige, ungeduldige Gang des Kriegers konnte mit dem bedächtigen Fuße des Diplomaten und Geschäftsmannes nicht immer gleichen Schritt halten. Nur die Frauen vermittelten die Lücken, die durch eine so ungleiche Bewegung entstanden, obschon auch sie wie Rosen und Schneeballen gegeneinander abstachen. Jetzt schien aber das lose Gewebe sich immer dichter zusammenzuziehen. Das lebhafteste Gespräch legte sich um die Spaziergänger wie ein bindender Reifen oder eine magische Zauberformel. Ein Jeder nahm Antheil an einer Unterhaltung, über deren Gegenstand die Meinungen eben so verschieden, als

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Zitationshilfe: [Gutzkow, Karl:] Briefe eines Narren an eine Närrin. Hamburg, 1832, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_narren_1832/305>, abgerufen am 28.04.2024.