Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.
Breughel solche Scenen abgemalt, z. B. wie alte Weiber rennen, um wieder jung werden zu wollen? Ottomar nickte. Höllen-Breughel! sagte er und fuhr fort: Zum Glück habe ich meine Stelle für Verbesserung des Frauenlooses an Dieterici abgetreten, sonst wäre ich verpflichtet, zu opponiren! Ich will mich beim Telegraphenamt melden! schloß Edwina mit schalkhaftem Blinzeln ihrer Augen. Wer weiß, was ich da von Ihnen erfahre! Ottomar hätte sie nun ruhig küssen können. So listig war diese ganze Art, sich plötzlich zu geben und zu wenden. Er that es nicht. "Das Weib an sich" hieß bei ihm Ada. Wann sind Sie Minister? fragte Edwina mit noch mehr herausforderndem Tone. Wenn wir Beide weiße Haare haben! sagte Ottomar. Damit sprang er auf. Das Zusammensein mit diesem Augenspiel, dieser Abwechselung von Trauer und Uebermuth, von Zartsinn und beinahe Frechheit, überraschender Bildung mit jeweiliger koketter Verleugnung derselben bis zum Kinde, das Herumgehen beim Sprechen, Verändern des Sitzes, bald auf diesem Sessel, bald auf jener Chaiselongue hatte etwas, das selbst eine ihrer Kraft bewußte männliche Natur zuletzt wankend machen konnte. Breughel solche Scenen abgemalt, z. B. wie alte Weiber rennen, um wieder jung werden zu wollen? Ottomar nickte. Höllen-Breughel! sagte er und fuhr fort: Zum Glück habe ich meine Stelle für Verbesserung des Frauenlooses an Dieterici abgetreten, sonst wäre ich verpflichtet, zu opponiren! Ich will mich beim Telegraphenamt melden! schloß Edwina mit schalkhaftem Blinzeln ihrer Augen. Wer weiß, was ich da von Ihnen erfahre! Ottomar hätte sie nun ruhig küssen können. So listig war diese ganze Art, sich plötzlich zu geben und zu wenden. Er that es nicht. „Das Weib an sich“ hieß bei ihm Ada. Wann sind Sie Minister? fragte Edwina mit noch mehr herausforderndem Tone. Wenn wir Beide weiße Haare haben! sagte Ottomar. Damit sprang er auf. Das Zusammensein mit diesem Augenspiel, dieser Abwechselung von Trauer und Uebermuth, von Zartsinn und beinahe Frechheit, überraschender Bildung mit jeweiliger koketter Verleugnung derselben bis zum Kinde, das Herumgehen beim Sprechen, Verändern des Sitzes, bald auf diesem Sessel, bald auf jener Chaiselongue hatte etwas, das selbst eine ihrer Kraft bewußte männliche Natur zuletzt wankend machen konnte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><ref xml:id="TEXTHexensabbathBISBreughel" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLHexensabbathBISBreughel"><pb facs="#f0101" n="95"/> Breughel</ref> solche Scenen abgemalt, z. B. wie alte Weiber rennen, um wieder jung werden zu wollen?</p> <p>Ottomar nickte. Höllen-Breughel! sagte er und fuhr fort: Zum Glück habe ich meine Stelle für Verbesserung des Frauenlooses an Dieterici abgetreten, sonst wäre ich verpflichtet, zu opponiren!</p> <p><ref xml:id="TEXTIchwillBISmelden" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLIchwillBISmelden">Ich will mich beim Telegraphenamt melden</ref>! schloß Edwina mit schalkhaftem Blinzeln ihrer Augen. Wer weiß, was ich da von Ihnen erfahre!</p> <p>Ottomar hätte sie nun ruhig küssen können. So listig war diese ganze Art, sich plötzlich zu geben und zu wenden. Er that es nicht. „Das Weib an sich“ hieß bei ihm Ada.</p> <p>Wann sind Sie Minister? fragte Edwina mit noch mehr herausforderndem Tone.</p> <p>Wenn wir Beide weiße Haare haben! sagte Ottomar.</p> <p>Damit sprang er auf. Das Zusammensein mit diesem Augenspiel, dieser Abwechselung von Trauer und Uebermuth, von Zartsinn und beinahe Frechheit, überraschender Bildung mit jeweiliger koketter Verleugnung derselben bis zum Kinde, das Herumgehen beim Sprechen, Verändern des Sitzes, bald auf diesem Sessel, bald auf jener Chaiselongue hatte etwas, das selbst eine ihrer Kraft bewußte männliche Natur zuletzt wankend machen konnte.</p> </div> </body> </text> </TEI> [95/0101]
Breughel solche Scenen abgemalt, z. B. wie alte Weiber rennen, um wieder jung werden zu wollen?
Ottomar nickte. Höllen-Breughel! sagte er und fuhr fort: Zum Glück habe ich meine Stelle für Verbesserung des Frauenlooses an Dieterici abgetreten, sonst wäre ich verpflichtet, zu opponiren!
Ich will mich beim Telegraphenamt melden! schloß Edwina mit schalkhaftem Blinzeln ihrer Augen. Wer weiß, was ich da von Ihnen erfahre!
Ottomar hätte sie nun ruhig küssen können. So listig war diese ganze Art, sich plötzlich zu geben und zu wenden. Er that es nicht. „Das Weib an sich“ hieß bei ihm Ada.
Wann sind Sie Minister? fragte Edwina mit noch mehr herausforderndem Tone.
Wenn wir Beide weiße Haare haben! sagte Ottomar.
Damit sprang er auf. Das Zusammensein mit diesem Augenspiel, dieser Abwechselung von Trauer und Uebermuth, von Zartsinn und beinahe Frechheit, überraschender Bildung mit jeweiliger koketter Verleugnung derselben bis zum Kinde, das Herumgehen beim Sprechen, Verändern des Sitzes, bald auf diesem Sessel, bald auf jener Chaiselongue hatte etwas, das selbst eine ihrer Kraft bewußte männliche Natur zuletzt wankend machen konnte.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/101 |
| Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/101>, abgerufen am 28.04.2024. |
