Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

mir die Entfernung unserer Kirchhöfe nicht mehr) zusammentreffe, kommen mir diese Männer vor, als gehörten sie einer ganz andern Welt an! Der traditionellen Welt der biblischen Phrase, an welche die großen Geister Bayle und Baco nur zu glauben bekannt haben, weil sie den Scheiterhaufen fürchteten! Diese Aermsten sagten, man müßte die Dogmen wie Pillen ganz hinunterschlucken; kauen dürfte man sie nicht. Unsere jetzigen Geistlichen, man möchte sie Magier, Vogelflugdeuter nennen, so fremdartig ist uns schon ihr Auftreten! Sie repräsentiren nur noch die furchtbare Macht der Geschichte! Wer kann diese allerdings sofort wegfegen! Die Grundregel der Diesseitigkeit, des von den Weisen der neuen Kirche dem Volke gepredigten Erdenzwecks muß sein, die Erde sei ein Schauplatz des Glücks, der Freude, des Friedens, des wirklich genossenen geistigen Frühlings. Kehrt einmal Alles darnach um!

Ja du lieber Himmel! erscholl es auf diese schwungvollen Worte fast einstimmig.

Man wollte von einigen Seiten die über die Unsterblichkeit begonnene Erörterung fortsetzen und ermuthigte den Bildhauer mit dem gleichsam anhetzenden Ruf: Nun, Herr Professor, was denken Sie denn?

Man traf ihn schon in übler Laune. Nicht über die Ansichten, die den seinigen widersprachen, sondern

mir die Entfernung unserer Kirchhöfe nicht mehr) zusammentreffe, kommen mir diese Männer vor, als gehörten sie einer ganz andern Welt an! Der traditionellen Welt der biblischen Phrase, an welche die großen Geister Bayle und Baco nur zu glauben bekannt haben, weil sie den Scheiterhaufen fürchteten! Diese Aermsten sagten, man müßte die Dogmen wie Pillen ganz hinunterschlucken; kauen dürfte man sie nicht. Unsere jetzigen Geistlichen, man möchte sie Magier, Vogelflugdeuter nennen, so fremdartig ist uns schon ihr Auftreten! Sie repräsentiren nur noch die furchtbare Macht der Geschichte! Wer kann diese allerdings sofort wegfegen! Die Grundregel der Diesseitigkeit, des von den Weisen der neuen Kirche dem Volke gepredigten Erdenzwecks muß sein, die Erde sei ein Schauplatz des Glücks, der Freude, des Friedens, des wirklich genossenen geistigen Frühlings. Kehrt einmal Alles darnach um!

Ja du lieber Himmel! erscholl es auf diese schwungvollen Worte fast einstimmig.

Man wollte von einigen Seiten die über die Unsterblichkeit begonnene Erörterung fortsetzen und ermuthigte den Bildhauer mit dem gleichsam anhetzenden Ruf: Nun, Herr Professor, was denken Sie denn?

Man traf ihn schon in übler Laune. Nicht über die Ansichten, die den seinigen widersprachen, sondern

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0113" n="107"/>
mir die Entfernung unserer Kirchhöfe nicht mehr) zusammentreffe, kommen mir diese Männer vor, als gehörten sie einer ganz andern Welt an! Der traditionellen Welt der biblischen Phrase, an welche die großen Geister <ref xml:id="TEXTBayleundBaco" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLBayleundBaco">Bayle und Baco</ref> nur zu glauben bekannt haben, weil sie den Scheiterhaufen fürchteten! Diese Aermsten sagten, man müßte die Dogmen wie Pillen ganz hinunterschlucken; kauen dürfte man sie nicht. Unsere jetzigen Geistlichen, man möchte sie Magier, Vogelflugdeuter nennen, so fremdartig ist uns schon ihr Auftreten! Sie repräsentiren nur noch die furchtbare Macht der Geschichte! Wer kann diese allerdings sofort wegfegen! Die Grundregel der Diesseitigkeit, des von den Weisen der neuen Kirche dem Volke gepredigten Erdenzwecks muß sein, die Erde sei ein Schauplatz des Glücks, der Freude, des Friedens, des wirklich genossenen geistigen Frühlings. Kehrt einmal Alles darnach um!</p>
        <p>Ja du lieber Himmel! erscholl es auf diese schwungvollen Worte fast einstimmig.</p>
        <p>Man wollte von einigen Seiten die über die Unsterblichkeit begonnene Erörterung fortsetzen und ermuthigte den Bildhauer mit dem gleichsam anhetzenden Ruf: Nun, Herr Professor, was denken Sie denn?</p>
        <p>Man traf ihn schon in übler Laune. Nicht über die Ansichten, die den seinigen widersprachen, sondern
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[107/0113] mir die Entfernung unserer Kirchhöfe nicht mehr) zusammentreffe, kommen mir diese Männer vor, als gehörten sie einer ganz andern Welt an! Der traditionellen Welt der biblischen Phrase, an welche die großen Geister Bayle und Baco nur zu glauben bekannt haben, weil sie den Scheiterhaufen fürchteten! Diese Aermsten sagten, man müßte die Dogmen wie Pillen ganz hinunterschlucken; kauen dürfte man sie nicht. Unsere jetzigen Geistlichen, man möchte sie Magier, Vogelflugdeuter nennen, so fremdartig ist uns schon ihr Auftreten! Sie repräsentiren nur noch die furchtbare Macht der Geschichte! Wer kann diese allerdings sofort wegfegen! Die Grundregel der Diesseitigkeit, des von den Weisen der neuen Kirche dem Volke gepredigten Erdenzwecks muß sein, die Erde sei ein Schauplatz des Glücks, der Freude, des Friedens, des wirklich genossenen geistigen Frühlings. Kehrt einmal Alles darnach um! Ja du lieber Himmel! erscholl es auf diese schwungvollen Worte fast einstimmig. Man wollte von einigen Seiten die über die Unsterblichkeit begonnene Erörterung fortsetzen und ermuthigte den Bildhauer mit dem gleichsam anhetzenden Ruf: Nun, Herr Professor, was denken Sie denn? Man traf ihn schon in übler Laune. Nicht über die Ansichten, die den seinigen widersprachen, sondern

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-02-19T12:40:43Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-02-19T12:40:43Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-2<a>) (2014-02-19T12:40:43Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet
  • Druckfehler: dokumentiert
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/113
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/113>, abgerufen am 29.04.2024.