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Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.

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Garcon hause. Nach einer Scene, die bis zum Kniefall von Seiten des exaltirten Ehlerdt gegangen wäre, hätte seine Schwester übernommen, die Honneurs seiner Einrichtung zu machen. Frau Assessor Rabe hatte nämlich, als Ehlerdt Anstalten machte, sein Garconleben abendlich mit Gesellschaft von Damen und kredenztem Champagner zu beginnen, definitiv verlangt, seine Schwester müsse ihm die Wirthschaft führen, und dieser gemäß seine Aufführung im Hause stattfinden. "So kann ja Alles gut werden, schrieb der Alte, wenn die guten Vorsätze Stand halten und die Bestellungen auf dem Bureau zahlreich einlaufen."

Martha, groß, stolz in ihren Anschauungen, ganz jene unausstehliche Tugend und Sittlichkeit Edwinens, sie, die sich so heimisch fühlen durfte bei Althings, die glücklich war, mit Helenen im Wetteifer das lange vernachlässigte Pianospiel wiederaufzunehmen, manchen versäumten ästhetischen Genuß, die Lectüre eines schönen Buches nachzuholen, ein Kanarienvogelbauer zu pflegen, wurde eines Tages bei einem Spaziergange, den sie mit Helene in dem winterlich gefrornen Stadtpark machte, von ihrem Bruder förmlich überfallen. An einer einsamen Insel, wo düstere noch mit Schnee bedeckte Tannen wie um ein Grab standen, das Ehlerdt auch mit Gespensteraugen sehen wollte, trat er

Garçon hause. Nach einer Scene, die bis zum Kniefall von Seiten des exaltirten Ehlerdt gegangen wäre, hätte seine Schwester übernommen, die Honneurs seiner Einrichtung zu machen. Frau Assessor Rabe hatte nämlich, als Ehlerdt Anstalten machte, sein Garçonleben abendlich mit Gesellschaft von Damen und kredenztem Champagner zu beginnen, definitiv verlangt, seine Schwester müsse ihm die Wirthschaft führen, und dieser gemäß seine Aufführung im Hause stattfinden. „So kann ja Alles gut werden, schrieb der Alte, wenn die guten Vorsätze Stand halten und die Bestellungen auf dem Bureau zahlreich einlaufen.“

Martha, groß, stolz in ihren Anschauungen, ganz jene unausstehliche Tugend und Sittlichkeit Edwinens, sie, die sich so heimisch fühlen durfte bei Althings, die glücklich war, mit Helenen im Wetteifer das lange vernachlässigte Pianospiel wiederaufzunehmen, manchen versäumten ästhetischen Genuß, die Lectüre eines schönen Buches nachzuholen, ein Kanarienvogelbauer zu pflegen, wurde eines Tages bei einem Spaziergange, den sie mit Helene in dem winterlich gefrornen Stadtpark machte, von ihrem Bruder förmlich überfallen. An einer einsamen Insel, wo düstere noch mit Schnee bedeckte Tannen wie um ein Grab standen, das Ehlerdt auch mit Gespensteraugen sehen wollte, trat er

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[113/0119] Garçon hause. Nach einer Scene, die bis zum Kniefall von Seiten des exaltirten Ehlerdt gegangen wäre, hätte seine Schwester übernommen, die Honneurs seiner Einrichtung zu machen. Frau Assessor Rabe hatte nämlich, als Ehlerdt Anstalten machte, sein Garçonleben abendlich mit Gesellschaft von Damen und kredenztem Champagner zu beginnen, definitiv verlangt, seine Schwester müsse ihm die Wirthschaft führen, und dieser gemäß seine Aufführung im Hause stattfinden. „So kann ja Alles gut werden, schrieb der Alte, wenn die guten Vorsätze Stand halten und die Bestellungen auf dem Bureau zahlreich einlaufen.“ Martha, groß, stolz in ihren Anschauungen, ganz jene unausstehliche Tugend und Sittlichkeit Edwinens, sie, die sich so heimisch fühlen durfte bei Althings, die glücklich war, mit Helenen im Wetteifer das lange vernachlässigte Pianospiel wiederaufzunehmen, manchen versäumten ästhetischen Genuß, die Lectüre eines schönen Buches nachzuholen, ein Kanarienvogelbauer zu pflegen, wurde eines Tages bei einem Spaziergange, den sie mit Helene in dem winterlich gefrornen Stadtpark machte, von ihrem Bruder förmlich überfallen. An einer einsamen Insel, wo düstere noch mit Schnee bedeckte Tannen wie um ein Grab standen, das Ehlerdt auch mit Gespensteraugen sehen wollte, trat er

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/119>, abgerufen am 29.04.2024.