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Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.

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fürchterlich! Dabei in dem engen Wagen! Die Damen hatten bei der Ministerin förmlich wie Herren soupirt! Die Generalin von Forbeck trank die schwersten Weine! Die Justizräthin weinte! Sie drohte mir um den Hals zu fallen! Und Sie sagten ja auch schon sehr oft, Sascha sei weniger unausstehlich, als ihre Schwester Zerline -!

Und darum -? polterte Ottomar, und unterbrach sich: Da hätten Sie mir wenigstens die Zerline geben sollen! Die Ente würde sich dann von selbst widerlegt haben!

Was sollte ich denn in meiner gräßlichen Verlegenheit thun? fuhr Dieterici fort. Draußen regnete es in Strömen. Bäche Wasser flossen an den Fensterscheiben des Wagens entlang. Das Laternenlicht wurde fast unsichtbar. Der Kutscher jagte, als ginge die Welt unter. Und ich sitze im puren Frack, frühlingsgrün, im leichten Ueberzieher! Ich rühmte aus Noth auch Voglers Empfindungen für Zerlinen, nur um den Weinkrampf der nach meiner Meinung champagnerseligen Frau -

Nein, nein, unterbrach Ottomar, sagen Sie vornehmheitsseligen Frau! Sie hatte sich berauscht an Excellenzenluft! Das ist der Geist unserer Epoche! Berührung mit den Hochgestellten! Ich bewundere nur,

fürchterlich! Dabei in dem engen Wagen! Die Damen hatten bei der Ministerin förmlich wie Herren soupirt! Die Generalin von Forbeck trank die schwersten Weine! Die Justizräthin weinte! Sie drohte mir um den Hals zu fallen! Und Sie sagten ja auch schon sehr oft, Sascha sei weniger unausstehlich, als ihre Schwester Zerline –!

Und darum –? polterte Ottomar, und unterbrach sich: Da hätten Sie mir wenigstens die Zerline geben sollen! Die Ente würde sich dann von selbst widerlegt haben!

Was sollte ich denn in meiner gräßlichen Verlegenheit thun? fuhr Dieterici fort. Draußen regnete es in Strömen. Bäche Wasser flossen an den Fensterscheiben des Wagens entlang. Das Laternenlicht wurde fast unsichtbar. Der Kutscher jagte, als ginge die Welt unter. Und ich sitze im puren Frack, frühlingsgrün, im leichten Ueberzieher! Ich rühmte aus Noth auch Voglers Empfindungen für Zerlinen, nur um den Weinkrampf der nach meiner Meinung champagnerseligen Frau –

Nein, nein, unterbrach Ottomar, sagen Sie vornehmheitsseligen Frau! Sie hatte sich berauscht an Excellenzenluft! Das ist der Geist unserer Epoche! Berührung mit den Hochgestellten! Ich bewundere nur,

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[154/0160] fürchterlich! Dabei in dem engen Wagen! Die Damen hatten bei der Ministerin förmlich wie Herren soupirt! Die Generalin von Forbeck trank die schwersten Weine! Die Justizräthin weinte! Sie drohte mir um den Hals zu fallen! Und Sie sagten ja auch schon sehr oft, Sascha sei weniger unausstehlich, als ihre Schwester Zerline –! Und darum –? polterte Ottomar, und unterbrach sich: Da hätten Sie mir wenigstens die Zerline geben sollen! Die Ente würde sich dann von selbst widerlegt haben! Was sollte ich denn in meiner gräßlichen Verlegenheit thun? fuhr Dieterici fort. Draußen regnete es in Strömen. Bäche Wasser flossen an den Fensterscheiben des Wagens entlang. Das Laternenlicht wurde fast unsichtbar. Der Kutscher jagte, als ginge die Welt unter. Und ich sitze im puren Frack, frühlingsgrün, im leichten Ueberzieher! Ich rühmte aus Noth auch Voglers Empfindungen für Zerlinen, nur um den Weinkrampf der nach meiner Meinung champagnerseligen Frau – Nein, nein, unterbrach Ottomar, sagen Sie vornehmheitsseligen Frau! Sie hatte sich berauscht an Excellenzenluft! Das ist der Geist unserer Epoche! Berührung mit den Hochgestellten! Ich bewundere nur,

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/160>, abgerufen am 30.04.2024.