Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877.

Bild:
<< vorherige Seite

mit dem Schirm zu entbieten, stößt die Frau wie von Narrheit ergriffen alle meine Freundlichkeiten zurück und verkündigt mir das räthselhafte mich nach meiner Diagnose auf Varnhagenthum wahrhaft beleidigende Wort: Und Sie haben mich auch nie verstanden! Grade wie Hegel einst von seinem Nachfolger Professor Gabler, den er doch selbst empfohlen hatte, gesprochen haben soll!

Ottomar lachte. Am Justizrath ist mir allerdings Vieles räthselhaft, sagte er, aber hier brauchen wir keinen Oedipus! Die Frau hatte Stimmung bekommen und Sie waren in der traulichen Einsamkeit ein Holzbock!

Sollte das, das möglich gewesen sein! rannte der kleine Mann im Zimmer herum und drehte seine Schnurrbartspitzen. Aber wie kann man an das denken, wenn man Göttergestalten wie Edwina Marloff vor Augen hat! Meine Sonette auf sie - doch ja Sie haben Recht -! Um sich zu sammeln, fragte er Ottomar, warum er nicht den Salon der Brennicke besuche?

Sind Sie oft da? fragte Ottomar dagegen und steckte sich nun doch eine Cigarre an.

Ich muß die Localität vermeiden, entgegnete Dieterici mit einem tiefen Seufzer. Das geniale Geschöpf, die Marloff, es ist eine Melusine, die mir alle Wonnen der poetischen excentrischen Schule weckt und ich brauche jetzt Sittlichkeit und gemeinen Verstand für meine Carriere!

mit dem Schirm zu entbieten, stößt die Frau wie von Narrheit ergriffen alle meine Freundlichkeiten zurück und verkündigt mir das räthselhafte mich nach meiner Diagnose auf Varnhagenthum wahrhaft beleidigende Wort: Und Sie haben mich auch nie verstanden! Grade wie Hegel einst von seinem Nachfolger Professor Gabler, den er doch selbst empfohlen hatte, gesprochen haben soll!

Ottomar lachte. Am Justizrath ist mir allerdings Vieles räthselhaft, sagte er, aber hier brauchen wir keinen Oedipus! Die Frau hatte Stimmung bekommen und Sie waren in der traulichen Einsamkeit ein Holzbock!

Sollte das, das möglich gewesen sein! rannte der kleine Mann im Zimmer herum und drehte seine Schnurrbartspitzen. Aber wie kann man an das denken, wenn man Göttergestalten wie Edwina Marloff vor Augen hat! Meine Sonette auf sie – doch ja Sie haben Recht –! Um sich zu sammeln, fragte er Ottomar, warum er nicht den Salon der Brennicke besuche?

Sind Sie oft da? fragte Ottomar dagegen und steckte sich nun doch eine Cigarre an.

Ich muß die Localität vermeiden, entgegnete Dieterici mit einem tiefen Seufzer. Das geniale Geschöpf, die Marloff, es ist eine Melusine, die mir alle Wonnen der poetischen excentrischen Schule weckt und ich brauche jetzt Sittlichkeit und gemeinen Verstand für meine Carrière!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0162" n="156"/>
mit dem Schirm zu entbieten, stößt die Frau wie von Narrheit ergriffen alle meine Freundlichkeiten zurück und verkündigt mir das räthselhafte mich nach meiner Diagnose auf Varnhagenthum wahrhaft beleidigende Wort: Und Sie haben mich auch nie verstanden! <ref xml:id="TEXTGradewieBIShabensoll" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLGradewieBIShabensoll">Grade wie Hegel einst von seinem Nachfolger Professor Gabler, den er doch selbst empfohlen hatte, gesprochen haben soll! </ref> </p>
        <p>Ottomar lachte. Am Justizrath ist mir allerdings Vieles räthselhaft, sagte er, aber <ref xml:id="TEXThierBISOedipus" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLhierBISOedipus">hier brauchen wir keinen Oedipus! </ref> Die Frau hatte Stimmung bekommen und Sie waren in der traulichen Einsamkeit ein <ref xml:id="TEXTHolzbock" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLHolzbock">Holzbock</ref>! </p>
        <p>Sollte das, das möglich gewesen sein! rannte der kleine Mann im Zimmer herum und drehte seine Schnurrbartspitzen. Aber wie kann man an das denken, wenn man Göttergestalten wie Edwina Marloff vor Augen hat! Meine Sonette auf sie &#x2013; doch ja Sie haben Recht &#x2013;! Um sich zu sammeln, fragte er Ottomar, warum er nicht den Salon der Brennicke besuche? </p>
        <p>Sind Sie oft da? fragte Ottomar dagegen und steckte sich nun doch eine Cigarre an. </p>
        <p>Ich muß die Localität vermeiden, entgegnete Dieterici mit einem tiefen Seufzer. Das geniale Geschöpf, die Marloff, es ist eine <ref xml:id="TEXTMelusine" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLMelusine">Melusine, </ref> die mir <ref xml:id="TEXTalleWonnenBISSchule" type="editorialNote" target="NSer3E.htm#ERLalleWonnenBISSchule"> alle Wonnen der poetischen excentrischen Schule</ref> weckt und ich brauche jetzt Sittlichkeit und gemeinen Verstand für meine Carrière! </p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[156/0162] mit dem Schirm zu entbieten, stößt die Frau wie von Narrheit ergriffen alle meine Freundlichkeiten zurück und verkündigt mir das räthselhafte mich nach meiner Diagnose auf Varnhagenthum wahrhaft beleidigende Wort: Und Sie haben mich auch nie verstanden! Grade wie Hegel einst von seinem Nachfolger Professor Gabler, den er doch selbst empfohlen hatte, gesprochen haben soll! Ottomar lachte. Am Justizrath ist mir allerdings Vieles räthselhaft, sagte er, aber hier brauchen wir keinen Oedipus! Die Frau hatte Stimmung bekommen und Sie waren in der traulichen Einsamkeit ein Holzbock! Sollte das, das möglich gewesen sein! rannte der kleine Mann im Zimmer herum und drehte seine Schnurrbartspitzen. Aber wie kann man an das denken, wenn man Göttergestalten wie Edwina Marloff vor Augen hat! Meine Sonette auf sie – doch ja Sie haben Recht –! Um sich zu sammeln, fragte er Ottomar, warum er nicht den Salon der Brennicke besuche? Sind Sie oft da? fragte Ottomar dagegen und steckte sich nun doch eine Cigarre an. Ich muß die Localität vermeiden, entgegnete Dieterici mit einem tiefen Seufzer. Das geniale Geschöpf, die Marloff, es ist eine Melusine, die mir alle Wonnen der poetischen excentrischen Schule weckt und ich brauche jetzt Sittlichkeit und gemeinen Verstand für meine Carrière!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Gutzkow Editionsprojekt: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-02-19T12:40:43Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-02-19T12:40:43Z)
Staatsbibliothek zu Berlin: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Yx 17781-2<a>) (2014-02-19T12:40:43Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet
  • Druckfehler: dokumentiert
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert
  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/162
Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die neuen Serapionsbrüder. Bd. 2. Breslau, 1877, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_serapionsbrueder02_1877/162>, abgerufen am 01.05.2024.